Regionale Entwicklung: Potenziale nutzen, Zukunft sichern
Regionalentwicklung dient der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Regionen und Unternehmen und sorgt für nachhaltiges Wachstum. Die Wirtschaft braucht gute infrastrukturelle Rahmenbedingungen und eine umfassende funktionierende Nahversorgung für lebenswerte Regionen. Damit können Standorte gesichert und entwickelt sowie Fachkräfte gewonnen und gehalten werden. Um die Wirtschaftsstandorte in den Regionen weiter zu stärken, muss für ihre Anziehungskraft und vielfältige Ausstattung gesorgt werden.
Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen:
Für die gewerbliche Wirtschaft sind eine gute Infrastrukturausstattung und attraktive Lebensverhältnisse ein wichtiger Standortfaktor. Hierzu gehören nicht nur harte Standortfaktoren wie Verkehrs- und Energieinfrastruktur und Internetversorgung, sondern auch weiche Faktoren wie unter anderem Wohnraum, Fachkräfte und Bildungseinrichtungen. Fehlende Infrastruktur in diesen Bereichen ist für die Wirtschaft ein Standortnachteil, mit dem eine Schwächung der Fachkräftebasis und der gesamtwirtschaftlichen Lage einhergehen kann.
Verkehrsinfrastruktur muss so geplant, errichtet, unterhalten und Instand gesetzt werden, dass eine reibungslose Nutzung und effiziente Vernetzung gewährleistet werden kann. Zudem ist die Wirtschaft im ländlichen Raum teilweise noch unzureichend mit hochleistungsfähigen digitalen Anschlüssen wie zum Beispiel Glasfaseranschlüsse bis ins Haus und Mobilfunk versorgt, die unternehmerischen Anforderungen gerecht werden.
Die öffentliche Hand sollte in Bereiche investieren, die der gesamten Wirtschaft zugutekommen. Von besonderer Bedeutung sind Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, Breitband, inklusive der Verbesserung des mobilen Datenempfangs, ÖPNV-Anbindung und Forschung als Voraussetzungen unternehmerischen Handelns. Dafür sollten ausreichend Mittel auch aus nationalen Quellen und den EU-Strukturfonds zur Verfügung stehen und konsequent ausgerichtet werden.
Eine funktionierende, unkomplizierte öffentliche Verwaltung mit konsequent umgesetztem E-Government, ausreichende Betreuungs- und Pflegeangebote, Einkaufs-, Freizeit- und Ausgehmöglichkeiten, grundlegende Dienstleistungsangebote und eine ausreichende Gesundheitsversorgung sind Basisangebote, die vor Ort vorhanden sein sollten, damit Gewerbe und Industrie zukünftig Auszubildende und Fachkräfte an dezentralen Standorten finden. Dabei sollten neue Wege gegangen werden, etwa durch die Kopplung verschiedener Angebote oder die Möglichkeiten der Digitalisierung.
So können durch die Kombination von Mobilität, Logistik und stationärem Einzelhandel sowie Gesundheitsangeboten auf der Basis von Digitalisierung neue Nahversorgungsangebote geschaffen werden. Bei der Schließung von Lücken bei der Lebensmittelversorgung sollten marktkonforme Lösungen Priorität haben. Beachtet werden sollte das Gebot der interkommunalen Abstimmung sowie die Orientierung am Konzept der zentralen Orte für die Ansiedlung von Nahversorgungsangeboten sowie die Organisation der Daseinsvorsorge. Auch sollten von neuen Ansiedlungen keine schädlichen Auswirkungen auf benachbarte zentrale Versorgungsbereiche ausgehen und eine flächendeckende Nahversorgung (zum Beispiel Einzelhandel, Dienstleistungen, Digitalisierung et cetera) berücksichtigt werden.
Der Abbau regionaler Disparitäten sollte das Ziel der nationalen und europäischen Strukturpolitik bleiben. Auch wenn einige Erfolge zu verzeichnen sind, gilt es weiterhin an Rahmenbedingungen zu arbeiten, die eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Standortbedingungen ermöglichen. Das Gesamtdeutsche Fördersystem für strukturschwache Regionen (GFS) und hier insbesondere die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" mit ihrer besonderen Hebelwirkung gilt es für den wirtschaftlichen Aufholprozess weiterzuentwickeln. Auch strukturstarke Regionen mit tiefgreifendem Strukturwandel sollten von der EU-Strukturpolitik berücksichtigt werden. Basis für Investitionen sollten strategische Planungen in den Regionen und Eigeninitiativen regionaler Akteure sein, wobei Projekte einen "europäischen Mehrwert" erzeugen sollten.
Bei der Ausgestaltung der neuen Förderperiode 2028 bis 2034 sollte die Wirtschaft frühzeitig eingebunden werden, um sich bei der Formulierung der grundlegenden Förderziele und einer effizienten Ausgestaltung der Programme einbringen zu können.
Der grüne und der digitale Wandel sowie der zunehmende Fachkräftemangel stellen strukturschwache und zunehmend auch andere Regionen wie Ballungsräume vor besondere Herausforderungen. Um trotzdem weiterhin regionale Disparitäten abzubauen und gleichzeitig die wirtschaftlichen Potenziale dieser Regionen auszuschöpfen, sollte die Förderpolitik an die Situation dieser Regionen besser angepasst werden. Gleichermaßen sollten auch zukünftige Entwicklungen in allen Gebieten berücksichtigt werden können, um dort möglichen Herausforderungen vorzubeugen. Dies sollte nicht mit einem strengeren Zielsystem anhand fester Nachhaltigkeits- und Digitalquoten erfolgen, sondern sich stärker an den jeweiligen regionalen Bedarfen und Stärken orientieren.
Vor diesem Hintergrund sollte beispielsweise auch die Förderung von Vorhaben der Daseinsvorsorge besser ermöglicht werden, sofern diese einen Wirtschaftsbezug aufweisen und damit konkret die regionale Wirtschaft stärken. Ein Teil der Unternehmen ist dabei der Auffassung, dass die Aufnahme eines neuen Fördertatbestands der Daseinsvorsorge die Bereitstellung zusätzlicher Mittel voraussetzt. Diese sollten jedoch nicht zulasten der unmittelbaren Wirtschaftsförderung gehen.
Die europäische Strukturpolitik sollte darauf hinwirken, Strukturreformen als Bedingung für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu realisieren. Innerhalb dieses Rahmens kann öffentliche Förderung attraktive Standorte schaffen, erhalten und verbessern.
Die Zielsetzung der Regionalpolitik sollte Entwicklungen des demografischen Wandels und des Strukturwandels berücksichtigen. Das Roll-out der Programme in den Förderperioden sollte zeitlich abgestimmt erfolgen, auch um eine angepasste Vorbereitung auf allen Ebenen zu ermöglichen. Kofinanzierung bleibt weiterhin ein Mittel für die Sicherstellung nachhaltiger Projektfinanzierungen. Auch makroökonomische Konditionalitäten und eine Bindung der Mittelvergabe an das Europäische Semester können die Effektivität des Mitteleinsatzes erhöhen. Von einigen Unternehmen wird jedoch gefordert, makroökonomische Kriterien nur als letztes Mittel einzusetzen.
Die EU-Förderindikatoren sollten regelmäßig überprüft werden. Die potenziell wettbewerbsverzerrenden Effekte der Förderpolitik sollten durch eine technologie- und branchenoffene Ausgestaltung der Förderinstrumente minimiert werden, beispielsweise durch eine ausreichend flexible Anwendung der Regeln. Eine enge Einbeziehung der gewerblichen Wirtschaft in die Ausgestaltung aller Fonds und Förderprogramme sollte gewährleistet werden, um eine hohe Effizienz des Mitteleinsatzes zu sichern.
Der Vorrang der Finanzinstrumente vor Zuschüssen sollte nicht absolut gelten – Ausgangspunkt sollte die Situation vor Ort sein. Es sollten verstärkt revolvierende (das heißt, zurückfließende) Mittel eingesetzt werden, die Anreize für einen effizienten Mitteleinsatz bis zur Zielerreichung in der Region schaffen.
Zur Entbürokratisierung der EU-Förderpolitik sind einfachere Prozesse bei der Antragstellung, dem Abruf, der Verwaltung und der Prüfung von EU-Fördergeldern erforderlich. Vorab muss geklärt werden, ob eine Förderung beihilfenrechtskonform ist. Die nationale Umsetzung europäischer Förderregeln sollte verständlich gestaltet werden und Prozesse für die Unternehmen vereinfachen. Auf nationale Sonderregeln, die über den Umfang der EU-Politik hinausgehen, sollte verzichtet werden (vergleiche Kapitel "Bürokratieabbau und Besseres Recht").
Insgesamt sollten die Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen weiterhin eng in die Entwicklung der regionalen Förderkonzepte einbezogen werden. Auch bei der Umsetzung der Programme sollte die Politik vorhandene Strukturen vor Ort nutzen.
Weiterhin ist eine gezielte Information der unterschiedlichen Empfänger über die Förderprogramme auf geeigneten Kommunikationswegen notwendig.
Der Europäische Sozialfonds (ESF+) spielt im Bereich der EU-Strukturfonds eine besondere Rolle, da mit ihm auch unternehmerische Anstrengungen und deren Unterstützung für die Fachkräftesicherung kofinanziert werden können. Im betrieblichen Interesse ist, die vorhanden Mittel breit nutzen zu können.