Kreislaufwirtschaft und Rohstoffe: Potenziale nutzen und Zugang sichern
Die Versorgung mit Rohstoffen und ein sparsamer Umgang mit Ressourcen sind wichtige Säulen wirtschaftlicher Tätigkeit. Für zahlreiche Produkte müssen Rohstoffe importiert werden. Der Ausbau der Kreislaufwirtschaft bietet große Chancen für mehr Unabhängigkeit und Versorgungssicherheit Dies ist für alle Akteure der Wertschöpfungskette essenziell, insbesondere für Krisenzeiten. Um die vollen Potenziale einer Kreislaufwirtschaft zu erschließen, sollten Stoffkreisläufe bürokratiearm und technologieoffen erschlossen werden können.
Statt allein auf neue Regulierungsmaßnahmen zu setzen, sollte die einheitliche Anwendung und Durchsetzung bestehender Regeln einen Schwerpunkt der europäischen Kreislaufwirtschaftspolitik bilden. Im Vorfeld umwelt- und insbesondere abfallrechtlicher Regulierungsvorschläge sollten deren ökonomische Auswirkungen und praktische Umsetzbarkeit über die Breite der unmittelbar wie mittelbar betroffenen Unternehmen ermittelt werden. Die Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie sollte auf Grundlage realistischer Zielannahmen erfolgen. Kommt es zu neuen Regelungen, sollten diese mit möglichst geringem Aufwand in die betriebliche Praxis integriert werden können. Vor jeder gesetzlichen Regulierung sollte geprüft werden, ob die Umweltziele durch eigenverantwortliche Initiativen oder Anreize erreicht werden können.
Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen:
Die Förderung der Kreislaufwirtschaft – gerade auch auf EU-Ebene – hat für die deutsche Wirtschaft einen hohen Stellenwert. Neben ökologischen Vorteilen, wie einem Beitrag zum Klimaschutz, liegen hierin auch ökonomische Potenziale. Dazu zählt eine geringere Importabhängigkeit bei verschiedenen Rohstoffen, welche die Resilienz von Unternehmen verbessert. Umfassende Nachhaltigkeitsvorgaben für Produkte – wie etwa durch eine Ökodesign-Verordnung – stellen deutsche Unternehmen hingegen vor Herausforderungen. So können zu detaillierte Ökodesign-Anforderungen dazu führen, dass die Produktvielfalt beschnitten und technologieoffene Innovationen erschwert werden. Vorgaben zu Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten sollten Unternehmen daher genügend Freiraum bei der Produktentwicklung einräumen. So können Betriebe die Chancen, die sich aus der Verbesserung der Energie- und Materialeffizienz ergeben, auch im Wettbewerb nutzen.
Um ökonomische Potenziale heben zu können, sollten neue Regularien, wie unter anderem die Einführung des Digitalen Produktpasses, europaweit einheitlich gestaltet und angewandt werden. Ebenfalls sollten neue Vorgaben auf der frühzeitigen und konstruktiven Einbeziehung unternehmerischer Expertise beruhen, die Möglichkeit wirtschaftlicher Selbstregulierung offenhalten und die Wettbewerbsfähigkeit gerade kleiner und mittlerer Unternehmen nicht beeinträchtigen. Dazu benötigen Unternehmen frühzeitig Planungssicherheit für notwendige Transformationsprozesse sowie Zeit zur Umsetzung neuer Regularien. Bestehende Regularien sollten auf Potenziale zur Erleichterung des EU-Binnenmarktes geprüft werden, wie zum Beispiel bei Notifizierungspflichten von Recyclingprodukten.
Eine Erweiterung des Gewährleistungsrechts im Hinblick auf den Anspruch auf Reparatur ("Right to Repair") sehen die ganz überwiegende Zahl der Unternehmen kritisch. Produktspezifische Anforderungen sollten gemeinsam mit der Wirtschaft effizient und bürokratiearm weiterentwickelt und in den Digitalen Produktpass integriert werden.
Geklärt werden sollte auch der Umgang mit Import- sowie Onlineware und deren Einbeziehung in die Reparaturvorhaben, um eine Gleichstellung mit stationärem Handel zu ermöglichen. Manche Unternehmen in Deutschland sprechen sich für ein europaweites Recht auf Reparatur aus, denn neben der Ressourceneinsparung und größeren Marktchancen langlebiger Produkte, könnte aus Sicht einer Minderheit das Recht auch den Vorteil einer höheren Kundenbindung bieten.
In der Abfallrahmenrichtlinie sollte das Verursacherprinzip nicht unbegrenzt entlang der gesamten Wertschöpfungskette ausgedehnt, sondern weiterhin auf den Umgang mit dem Endprodukt begrenzt werden. Die aus der Richtlinie hervorgehende SCIP- Datenbank (Datenbank für "Substances of Concern in Products and Articles") sollte in ihrem Umfang nicht nur in der rechtlichen Theorie, sondern auch in der Praxis auf die in der REACH-Verordnung vorgesehenen Informationen beschränkt bleiben. Auch sollte sie in ihrer Anwendung praxistauglicher gestaltet werden, um sie für die Kreislaufwirtschaft nutzbar zu machen und die damit verbundenen Aufwand für Unternehmen zu reduzieren.
Mit der europäischen Verpackungsverordnung sollten Anforderungen harmonisiert und die einheitliche Umsetzung in Europa sichergestellt werden. Nationale Unterschiede, insbesondere im Hinblick auf das Ambitionsniveau der Umsetzung, sollten vermieden beziehungsweise in existierenden Fällen auf ein Minimum reduziert werden. In der weiteren Umsetzung sollten die Herstellerverantwortung und Registrierungspflichten – sofern überhaupt notwendig einmalig europaweit wahrgenommen werden können. Kennzeichnungspflichten und Vorgaben zur Verpackungsgestaltung sollten ebenfalls europaweit einheitlich gelten. Dabei sprechen sich viele Unternehmen der Recyclingwirtschaft für ein einheitliches Recycling-Label und Anforderungen an den Einsatz von Recyclingmaterialien (Minimal-Content) aus. Zur Entlastung bei Kleinmengen sollten Bagatellgrenzen eingeführt werden.
DIHK-Umfragen belegen, dass die Versorgung mit Rohstoffen nicht immer uneingeschränkt gewährleistet ist. Entsprechend ist es aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft grundsätzlich richtig, dass die EU-Kommission ein Gesetz für kritische Rohstoffe ("Critical Raw Materials Act") verabschiedet hat, um zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit von Rohstoffen treffen zu können. Eine europäische Bündelung der Rohstoffstrategien ist aus Sicht der Wirtschaft empfehlenswert, um die Rohstoffversorgung der Unternehmen zu sichern.
Industrie- und Handelskammern unterstreichen, dass ein verstärktes staatliches Monitoring von Rohstoffen nur dann sinnvoll ist, wenn dadurch keine zusätzlichen bürokratischen Belastungen für Unternehmen entstehen. Unternehmen befürchten solche Bürokratie, da sie gegebenenfalls an öffentliche Stellen zu Rohstoffen berichten müssten.
Die Gewinnung heimischer Rohstoffe dient dem Umwelt- und Klimaschutz, da die Verarbeitung der Rohstoffe regelmäßig in unmittelbarer Nähe des Abbaus erfolgt. Politik und Wirtschaft sollten gemeinsam das Bewusstsein für die Notwendigkeit des heimischen Rohstoffabbaus stärken. Trotz seiner Bedeutung für größere strategische Unabhängigkeit steht der Bergbau in Deutschland vor immer höheren Hürden und Barrieren. Grund hierfür sind die kontinuierliche Verschärfung und Bürokratisierung von Genehmigungsverfahren: durch fehlende Technologieoffenheit bis hin zu Verboten und einer stetigen Ausweitung anspruchsvoller, komplexer Umweltauflagen. Hinzu kommt eine Abnahme der Akzeptanz des heimischen Rohstoffabbaus in der Bevölkerung.
Die Erschließung von Rohstoffen innerhalb der EU kann beispielsweise durch weitere Entbürokratisierung der Genehmigungsverfahren und Beschleunigungsmaßnahmen ermöglicht werden. Die Erhöhung der Sicherheit der Versorgung mit Rohstoffen durch strategische Rohstoffprojekte in der EU oder in für die Rohstoffversorgung der EU wichtigen Partnerländern wird von der gewerblichen Wirtschaft befürwortet. Sowohl die verstärkte Erschließung von Rohstoffen innerhalb der EU als auch Rohstoffpartnerschaften mit anderen Ländern werden von Unternehmen ausdrücklich als positive Lösungsansätze genannt.
Um die Kreislaufwirtschaft weiter voranzubringen, ist eine Reform des Abfallrechts erforderlich, insbesondere Regelungen zum Abfallende. Das Abfallende wird aber durch immer strengere Grenzwerte im Stoffrecht erschwert. Es bedarf dringend einer Vereinfachung. Es sind bundes- beziehungsweise europaweit einheitliche Vorgaben zum Einsatz von zum Beispiel recycelten Baustoffen notwendig.
Die Weiterentwicklung europäischer Leitmärkte für Sekundärrohstoffe und nachhaltige Produkte kann die Grundlage für die Abnahme nachhaltiger Produkte schaffen. Aktuell leidet der Markt daran, dass Rezyklate oft nicht in der Menge und Qualität vorhanden sind, wie sie benötigt werden. In jedem Fall ist sicherzustellen, dass die Qualitätsanforderungen von Rezyklaten denen der Primäreinsatzstoffe entsprechen. Dies sollte mittels Normung und Standardisierung sichergestellt werden.