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Corporate Responsibility: Nachhaltiges Wirtschaften unterstützen, Gestaltungsspielräume bewahren

Cluster 4

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In einer globalisierten Welt und vor dem Hintergrund großer wirtschaftlicher Herausforderungen ist verantwortungsvolles und nachhaltiges Wirtschaften in der Tradition des Leitbilds der Ehrbaren Kaufleute aktueller denn je. Deutsche Unternehmen üben ihre unternehmerische Verantwortung (Corporate Responsibility – CR) auf vielfältige Weise aus und verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit der Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte. Auch im Ausland tragen deutsche Unternehmen zu höheren Sozial- und Umweltstandards, besserer Bildung und damit zu Wachstum und Wohlstand bei. Viele Unternehmen leisten durch dieses Engagement sowie die Entwicklung von innovativen Produkten und Dienstleistungen zusätzlich einen Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs).

Grundsätzlich sollte die Politik die Wirtschaft als Partnerin verstehen, da sich die Herausforderungen der Transformation zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Gesellschaft nur gemeinsam mit der Wirtschaft lösen lassen. So sollten die Europäischen Institutionen einheitliche, verlässliche Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeit in Europa schaffen und die notwendigen Freiräume für die Wahrnehmung und Ausgestaltung unternehmensspezifischer Verantwortung lassen. Ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene beim Thema CR ist für die Investitions- und Planungssicherheit der Wirtschaft essenziell. Bei grenzüberschreitenden Themen sollte sie über internationale Ordnungspolitik möglichst gleiche Wettbewerbsbedingungen auf globaler Ebene herstellen – mit Blick auf einige Auslandsmärkte entstehen bereits Benachteiligungen für deutsche Unternehmen durch EU-Regelungen. Bei der Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht sollten die gesetzten EU-Standards gewahrt werden und keine weiteren Verschärfungen zum Nachteil der deutschen Wirtschaft im nationalen Recht erfolgen.

Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen:

Die deutsche Wirtschaft unterstützt das Ziel der Förderung menschenwürdiger Arbeit weltweit. Die gemeinsame Anstrengung vieler gesellschaftlicher Akteure für die verantwortungsvolle Gestaltung von Liefer- und Wertschöpfungsketten kann einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung von Zwangs- und Kinderarbeit sowie zur nachhaltigen Entwicklung leisten. CSR-Strategien und die Art des Engagements von Unternehmen sind dabei jedoch unterschiedlich. Gelebte Unternehmensverantwortung ist ein Treiber für Innovation, schafft Wettbewerbsvorteile und stärkt die Unternehmensmarke. Zudem erwarten Mitarbeitende, Kunden, Lieferanten, Investoren, Politik und Gesellschaft, dass Unternehmen gesellschaftliche Veränderungen verantwortungsvoll mitgestalten und sich für gemeinsame rechtsstaatliche Grundsätze einsetzen. 

Lieferkettenmanagement, menschen- und umweltrechtliche Sorgfaltsprozesse sowie die Verhinderung von Zwangsarbeit stehen stark im Vordergrund der Diskussion. Die tatsächlichen Möglichkeiten der Einflussnahme von Unternehmen auf die Zulieferkette variieren jedoch stark, je nach Unternehmensgröße, -struktur und Marktposition. Oftmals gibt es nur begrenzten Einfluss und geringe Kontrollmöglichkeiten bei der Einhaltung der Standards vor Ort. Wenig bis keinen Einfluss haben Unternehmen auf mittelbare Zulieferer beziehungsweise indirekte Geschäftspartner, mit denen keine Vertragsbeziehung besteht und die oftmals nicht bekannt sind. Im Sinne einer Verantwortungspartnerschaft sollte nach Ansicht der Unternehmen die Staaten ihre Aufgabe wahrnehmen, Sozial- und Umweltstandards durchzusetzen und Menschenrechte zu schützen, auch in Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese staatliche Verantwortung darf weder in den Gaststaaten noch von Europa aus auf die Unternehmen übertragen werden. 

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet große Unternehmen seit 2023, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette vorrangig unter Berücksichtigung unmittelbarer Zulieferer auszuüben. Erste Erfahrungen mit dem Gesetz zeigen, dass bei betroffenen Unternehmen mit komplexen Lieferketten erhebliche Kosten und hoher bürokratischer Aufwand im Zusammenhang mit der Ausübung der Sorgfaltspflichten entstanden sind. Sehr detaillierte Umsetzungsvorgaben und Berichtspflichten tragen ebenfalls dazu bei und binden teilweise erhebliche Ressourcen. Eine schlankere Umsetzung des LkSG ist aus Sicht der meisten Unternehmen erforderlich. Für nicht risikobehaftete Zulieferer sollten Erleichterungen geschaffen werden. Diese Zulieferer wären dann nicht mehr durch zahlreiche Auskunftsersuchen und die Weitergabe von Sorgfaltspflichten belastet. 

Nach mehrheitlicher Auffassung der Unternehmen sollte grundsätzlich eine Aussetzung des LkSG bis zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD) erwogen werden, um zu vermeiden, dass deutsche Unternehmen durch die bestehende nationale Regelung weiter Wettbewerbsnachteilen im Vergleich zu anderen EU-Unternehmen ausgesetzt sind. Mindestens sollten aber die Berichtspflichten nach LkSG bis zur Umsetzung der CSDDD vollständig ausgesetzt werden. Einige Unternehmen halten jedoch eine zwischenzeitliche Aussetzung der Anforderungen nicht für sinnvoll, da bereits entsprechende Sorgfaltspflichtenprozesse unternehmensintern etabliert sind und generell sowie auch im Hinblick auf künftige gesetzliche Regeln fortgeführt werden.

Viele Unternehmen fordern die CSDDD nochmals grundlegend zu vereinfachen. Auf jeden Fall sollte die Umsetzung der CSDDD in Deutschland allenfalls eins zu eins, das heißt, ohne "Gold-plating" erfolgen. Wichtig ist dabei auch, den zeitlich gestaffelten Anwendungsbereich auf Unternehmen zu wahren, um ausreichende Vorbereitungszeit zu lassen. Bei der Umsetzung der CSDDD sollte darüber hinaus eine bürokratiearme und praxistaugliche Ausgestaltung von Vorgaben zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht in Bezug auf Menschenrechte und die Umwelt und die Beseitigung von Rechtsunsicherheiten im Vordergrund stehen. Bürokratische Lasten sollten dabei durch die Anwendung des risikobasierten Ansatzes und die Einführung einer Positivliste von Staaten mit hohem Schutzniveau begrenzt werden. Die Ausdehnung der Sorgfaltsplichten auf indirekte Geschäftspartner in der Aktivitätskette ist praxisfern und stellt eine kaum erfüllbare Anforderung dar. Dadurch sowie aufgrund von unbestimmten Rechtsbegriffen und Haftungsrisiken drohen Beeinträchtigungen bei der notwendigen Diversifizierung von Lieferketten und der Rückzug aus bestimmten Ländern. Unterstützungsangebote für Unternehmen sollten frühzeitig bereitgestellt werden. Der "Trickle-down-Effekt" auf Geschäftspartner in der Wertschöpfungskette sollte durch adäquate Maßnahmen begrenzt werden. Auswirkungen, Kosten und Nutzen der Sorgfaltspflichtenregulierung sollten regelmäßig evaluiert werden.

Durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Taxonomie müssen deutlich mehr Unternehmen unmittelbar über ihre Nachhaltigkeit berichten. Der Fokus sollte jedoch verstärkt auf rechtzeitigen Unterstützungsangeboten und der Förderung von Nachhaltigkeitskompetenzen liegen und nicht auf der Berichtserstellung oder neuer Gesetzgebung. 

Das Nachhaltigkeitsengagement der Unternehmen bedarf keiner weiteren bürokratischen, gesetzlichen Regelungen, die kontraproduktiv wirken. Unternehmen sollten durch Informationen sowie Angebote zur Kapazitätsentwicklung und zum Aufbau von Know-how unterstützt werden. Auch Initiativen im Rahmen der Vereinten Nationen (VN) sollten darauf ausgerichtet sein, Unternehmen einerseits Hilfestellungen zu geben und andererseits Staaten anzuhalten, ihrerseits bestehende völkerrechtliche Vereinbarungen zu implementieren und durchzusetzen. Dies sollte die EU auch auf VN-Ebene bei der Verhandlung des Entwurfs für ein internationales Abkommen (UN-Treaty) im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte berücksichtigen. Im Rahmen von multilateralen Foren und internationalen Organisationen sollte sich die Europäische Union für eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen einsetzen, um Nachhaltigkeit in Liefer- und Wertschöpfungsketten zu fördern.

Mit der Verabschiedung der CSRD, der Regelungen zu Taxonomie und zur entwaldungsfreien Lieferkette, dem EU-Lieferkettengesetz et cetera nehmen die Anforderungen und die Komplexität an Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Anwendungsbereich zu. Von den Berichtspflichten sind nicht nur große Unternehmen betroffen, sondern durch indirekte Berichtspflichten ("Trickle-down-Effekt") KMU. Diese Unternehmen werden als Zulieferbetriebe aufgefordert, nicht-finanzielle Informationen – oftmals nach unterschiedlichen Standards und Formaten – zu liefern. Die zusätzliche Belastung für KMU steht in keinem angemessenen Verhältnis zu ihren begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen. Insbesondere sollte eine Kompatibilität, auch Vereinheitlichung der verschiedensten Pflichten und Standards auf EU beziehungsweise internationaler Ebene sichergestellt beziehungsweise angepasst werden. Ebenso sollten die dafür verantwortlichen Regulierungen zur Eindämmung dieses Effekts überarbeitet werden (vergleiche Kapitel "Sustainable Finance"). 

Bei der Entwicklung der freiwilligen Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards für KMU (VSME) gilt es, die spezifischen Herausforderungen von KMU in der Wertschöpfungskette zu berücksichtigen (vergleiche Kapitel "Sustainable Finance"). Zudem sollte ein Abbau von Dokumentationsvorschriften durchgeführt werden, insbesondere, wenn identische Inhalte verlangt werden. Hier sollte auf bestehende Berichte wie zum Beispiel EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) und ISO-Zertifizierungen verwiesen werden können und eine Doppelbelastung dadurch vermieden werden. Technische Möglichkeiten, die den KMU bei der Nutzung eines VSME-Basismoduls optional zur Verfügung stehen, sowie digitale Schnittstellen würden den Aufwand ebenfalls reduzieren.

Auch bei der Teilnahme an Förderprogrammen, öffentlichen Ausschreibungen et cetera werden Nachhaltigkeitsdaten von KMU verlangt (vergleiche Kapitel "Wettbewerbsrecht"). Die Datenbasis hierfür sollte, wenn überhaupt, auch aus dem (Basismodul des) VSME kommen.

Freiwillige Umweltmanagementsysteme befördern einen individuellen, verantwortungsbewussten Ressourceneinsatz. Teilnehmer des europäischen Umweltmanagementsystems EMAS beispielsweise verpflichten sich, die Einhaltung aller umweltrechtlichen Vorgaben prüfen zu lassen und ihre Umweltleistung kontinuierlich zu verbessern. EMAS ist so für Unternehmen ein Gütesiegel und öffentliches Bekenntnis für eine an Umwelt und Nachhaltigkeit ausgerichtete Unternehmenskultur.

Das freiwillige, über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende Engagement der Unternehmen zum Beispiel durch Managementsysteme wie ISO-Zertifizierungen, sollte außerhalb des öffentlichen Auftragswesens höhere Anerkennung finden, unter anderem in Form von Erleichterungen bei Dokumentationspflichten. Dann fänden diese Instrumente noch mehr Anklang bei den Unternehmen.

In einer zunehmend digitalen Welt und Gesellschaft gehört zu CR auch der verantwortungsvolle Umgang mit Daten sowie mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen, die sich durch die Digitalisierung ergeben, die Corporate Digital Responsibility (CDR). Während bei nachhaltiger Unternehmensführung die analoge Welt häufig im Vordergrund steht, thematisiert CDR die Weiterentwicklung in Bezug auf Digitales: Wie verarbeite ich als Unternehmen die Daten, die von außen kommen und wie transparent wird dies kommuniziert? Wie setzt man Anwendungen der künstlichen Intelligenz für Mitarbeitende und KundInnen verantwortungsvoll ein?

Die Wirtschaft unterstützt dieses Ziel, auch mit Blick darauf, dass digitale Technologien einen Beitrag zur Bewältigung struktureller und ökologischer Herausforderungen in den Betrieben leisten können. Die Potenziale, die durch die Vernetzung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit ermöglicht werden, sollten in neuen Gesetzen abwägend mit einbezogen, aber nicht zu einer zwingenden Voraussetzung gemacht werden. Unternehmen sind sich ihrer CDR bewusst, die sich aus der Digitalisierung und den damit einhergehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen ergibt.

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Cornelia Upmeier Referatsleiterin CSR | Sonderprojekte

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Natascha Waltke Referatsleiterin Wirtschaft und Menschenrechte