Steuerpolitik: Steuerliche Rahmenbedingungen verbessern und Investitionen fördern
Die Steuerbelastung von Unternehmen gehört zu den maßgeblichen wirtschaftlichen Standortbedingungen, gerade für das exportorientierte Deutschland. Die hiesigen Unternehmen werden steuerlich deutlich stärker belastet als ihre Wettbewerber in vergleichbaren Industriestaaten. In vielen EU-Ländern sind sowohl die relevanten nominalen Steuersätze als auch die effektiven Belastungen für die Wirtschaft niedriger als in Deutschland. Dabei steht gerade die deutsche Wirtschaft mit seiner hohen Exportquote wie kaum ein anderes Land im Wettbewerb mit anderen Industrienationen. Der hohe Wohlstand hierzulande fußt zu einem großen Teil auf der internationalen Verflechtung der deutschen Wirtschaft (vergleiche Kapitel "Außenwirtschaft").
Wettbewerbsfähige steuerliche Rahmenbedingungen sorgen für ein stabiles Wirtschaftswachstum, für Beschäftigung und für Wohlstand. Beeinflusst werden diese Rahmenbedingungen durch nationale und internationale Vorgaben. Bei den für Unternehmen relevanten Ertragsteuern definieren neben nationalen Regierungen zunehmend auch die EU-Ebene in Brüssel und die OECD in Paris die konkreten Belastungsregeln. Eine große Rolle spielen mittlerweile die Komplexität der Besteuerungsverfahren und der damit verbundene hohe Aufwand für Steuerpflichtige und Finanzverwaltungen. Deshalb sollten Steuerverfahren konsequent vereinfacht und schneller digitalisiert werden.
Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen:
Die Steuerbelastung für Unternehmen ergibt sich in Deutschland für Personenunternehmen aus der Einkommensteuer und für Kapitalgesellschaften aus der Körperschaftsteuer (und der Gewerbesteuer). In beiden Varianten beträgt die Belastung aktuell in Deutschland mehr als 30 Prozent, der EU-Durchschnitt liegt bei 21,1, der OECD-Durchschnitt bei 23,6 Prozent. Die Belastung sollte deshalb in Deutschland deutlich auf eine Zielgröße von etwa 25 Prozent reduziert werden. Dadurch könnten private Investitionen dauerhaft erhöht werden – mit entsprechend positiven Effekten auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Bei Investitionsentscheidungen hat die nominale Steuerbelastung nicht nur eine wichtige Signalwirkung. Letztlich kann sie ausschlaggebend sein, wenn andere Standortfaktoren im Vergleich zu Deutschland genauso gut oder sogar besser sind. Ein erster Schritt wäre die sofortige Abschaffung des Solidaritätszuschlages, den mittlerweile überwiegend Unternehmen zahlen.
Eine Besonderheit stellt in Deutschland die Gewerbesteuer als Teil des Unternehmensteuersystems dar. Im internationalen Vergleich ist die Gewerbesteuer ein Fremdkörper. Diese auf kommunaler Ebene erhobene Ertragsteuer verursacht zusätzliche Bürokratie bei den Unternehmen durch Unterschiede in der Bemessungsgrundlage und belastet mit den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen als Kostenbesteuerung die Substanz der Unternehmen.
Die Gewerbesteuer sollte durch eine mit Hebesatzrecht für die Gemeinden ausgestatten kommunale Unternehmensteuer ersetzt werden. Dabei sollte die Bemessungsgrundlage einer solchen Steuer mit der der Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer übereinstimmen.
Für viele Personenunternehmen wäre es wichtig, wenn der Tarif der Einkommensteuer regelmäßig – am besten automatisch – an die Inflation angepasst wird. So würde sichergestellt werden, dass die Betriebe nur nach ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden und sie nicht allein wegen inflationsbedingt höherer Erträge einen höheren Steuersatz zahlen (Ausgleich der "Kalten Progression").
Das Steuersystem kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Investitionen der Unternehmen nachhaltig zu stärken und die Resilienz der Unternehmen zu erhöhen. Insbesondere die steuerlichen Abschreibungen sollten dauerhaft wesentlich schneller erfolgen. Steuerliche Abschreibungen haben den größten positiven Effekt auf Investitionen, Wachstum und Beschäftigung. Mittelfristig steigen durch solche Maßnahmen die Staatseinnahmen sogar (siehe auch ifo-Schnelldienst 10/2021).
Unternehmen sollten ihre Verluste vollständig geltend machen können. Eine Verrechnung mit mindestens den drei vorangegangenen Jahren sollte grundsätzlich möglich sein. Das schafft Liquidität und hilft gerade den Unternehmen, die sich zeitweise in wirtschaftlichen Schwächephasen befinden. Gleiches gilt für Verlustvorträge. Diese sollten vollständig mit zukünftigen Gewinnen verrechenbar sein, nicht wie aktuell mit lediglich 70 Prozent des Verlustbetrags, der eine Million Euro übersteigt. Ab 2028 soll sogar die "alte" Begrenzung von lediglich 60 Prozent wieder greifen. Letztlich geht es hierbei darum, dass Unternehmen nur nach ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden sollen; diese beinhaltet alle erwirtschafteten Gewinne, aber eben auch alle erlittenen Verluste.
Das Steuerrecht sollte auch das im historischen Vergleich immer noch niedrige Zinsniveau abbilden. Deshalb sollten vor allem Rückstellungen mit einem realitätsgerechten Zinssatz abgezinst werden, nicht wie aktuell mit 5,5 oder sogar 6 Prozent. Dadurch würden insbesondere Pensionsrückstellungen steuerlich nicht tendenziell unterbewertet und den Unternehmen bliebe dadurch notwendige Liquidität erhalten. Auch sollten aus systematischen Gründen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen im Steuerrecht gleichbehandelt werden – bisher sind Nachzahlungszinsen nicht abzugsfähig, Erstattungszinsen müssen jedoch versteuert werden.
Die Höhe der Steuerbelastung sollte nicht von der Rechtsform eines Unternehmens abhängen. Folglich sollte die Entscheidung für eine bestimmte Rechtsform (Personen- oder Kapitalgesellschaft) auch nicht von rechtsformbedingt unterschiedlichen Steuerbelastungen abhängen. Die 2021 eingeführte Körperschaftsteuer-Option für Personengesellschaften sollte so vereinfacht werden, dass sie dieses Ziel besser erfüllt. Auch das Verfahren zur steuerlichen Begünstigung von thesaurierten Gewinnen sollte vereinfacht werden, damit mehr – vor allem auch kleinere – Personenunternehmen einen Anreiz haben, diese Option zu nutzen. Zudem sollte bei Umwandlungen zur Sicherung der Liquidität die Buchwertübertragung als Regelfall gelten. Bisher sind die stillen Reserven grundsätzlich aufzudecken und zu versteuern; nur auf Antrag kann ein liquiditätsschonender Buchwertübergang erfolgen.
Das Steuerrecht sollte grenzüberschreitende Geschäftsaktivitäten nicht erschweren. Die Praxis sieht leider anders aus. Denn das deutsche Steuerrecht beinhaltet viele Vorschriften, zum Beispiel die Zinsschranke, die Wegzugsbesteuerung oder die Hinzurechnungsbesteuerung. Für Unternehmen verursachen diese Maßnahmen einen beträchtlichen Aufwand, weil die oftmals nicht praxisgerechten Vorschriften in vielen Fällen zu einer zu hohen Steuerbelastung führen. Dokumentationsanforderungen und Meldepflichten für Unternehmen behindern zudem internationale Geschäftsaktivitäten.
Auch deshalb sollte das Netz der deutschen Doppelbesteuerungsabkommen weiter ausgebaut und modernisiert werden, um effektiv Doppelbesteuerungen zu verhindern. International agierende Unternehmen sind in besonderem Maß auf Rechts- und Planungssicherheit angewiesen, da sie mit unterschiedlichen Steuerrechtssystemen konfrontiert sind. Diese Sicherheit könnte durch internationale Steuerverfahren und zeitnahe, koordinierte Betriebsprüfungen praxisgerecht verbessert werden, bestenfalls werden Steuerregelungen grenzüberschreitend harmonisiert. Deutschland sollte sich zudem auch auf internationaler Ebene bei der Schaffung weltweit kohärenter Steuerregelungen einbringen und bei aktuellen Entwicklungen die Initiative ergreifen – etwa bei Remote Work.
Bei wichtigen Standardsetzungen durch internationale Organisationen wie der OECD oder Initiativen wie dem Inclusive Framework, in dem über 140 Staaten abgestimmt agieren, sollten praxistaugliche und bürokratiearme Regelungen entwickelt werden. Die eingeleitete Reform der internationalen Besteuerung von Unternehmen erfüllt diese Anforderung (noch) nicht. Sie umfasst zwei Säulen. Was dort im Ansatz noch als nachvollziehbar bezeichnet werden kann, muss sich allerdings in der Praxis noch als praktikabel erweisen. In den betroffenen Unternehmen entstehen durch Berechnungen zur Mindestbesteuerung derzeit erhebliche Belastungen durch den Aufbau erforderlicher Strukturen, um die zusätzlichen Anforderungen zu erfüllen. Grundsätzlich sollten internationale sowie EU-Regelungen mit Augenmaß hinsichtlich möglicher Belastungen für die betroffenen Unternehmen im nationalen Recht umgesetzt werden. Von besonderer Bedeutung sind dabei die umfangreichen Vorschriften für die Unternehmen zur Dokumentation von Verrechnungspreisen. Diese Regelungen sollten möglichst vereinfacht und abgestuft ins deutsche Unternehmensteuerrecht überführt werden.
Steuergesetze und -verfahren sollten vereinfacht, Melde- und Dokumentationspflichten reduziert und verfahrensrechtliche Anforderungen bürokratiearm ausgestaltet werden. Verfahren sollten, nachdem sie vereinfacht wurden, konsequent digitalisiert und so ausgestaltet werden, dass auch kleine Unternehmen diese ohne umfangreiche manuelle Tätigkeiten vollziehen können. Durch KI-gestützte Automatisierungen sollten Verwaltung und Unternehmen entlastet werden.
Insbesondere Betriebsprüfungen sollten zeitnah abgeschlossen werden, was durch eine stärkere Fokussierung auf unternehmensinterne Kontrollsysteme (sogenannte Tax-Compliance-Systeme) und risikobehaftete Sachverhalte erreicht werden kann. Verbindliche Auskünfte der Finanzverwaltung sollten nach sechs, perspektivisch sogar bereits nach drei Monaten beantwortet werden und gebührenfrei erfolgen. Finanzverwaltungen und Unternehmen sollten verstärkt kooperative Verfahren entwickeln, die alle Beteiligten entlasten und schneller für Rechtssicherheit sorgen. Erforderlich ist dabei mehr Vertrauen zwischen Finanzverwaltung und Unternehmen. "Kooperation statt Konfrontation" ist die richtige Strategie. Im Zuge dessen sollte die sogenannte E-Bilanz nicht um weitere Pflichtfelder erweitert werden. Zudem sollten die bestehenden Aufbewahrungs-, Verjährungs- und Verfolgungsfristen kohärent verkürzt und damit die Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen verbessert werden.
Die Regeln der Umsatzsteuer sollten einfacher, rechtssicherer und weitestgehend automatisch vollziehbar ausgestaltet werden. Die aktuellen, komplexen Vorschriften verursachen bei den Unternehmen hohe Befolgungskosten. Das tägliche Massengeschäft lässt dabei keine kleinteilige Einzelfallprüfung zu. Einfacher würde das System beispielsweise, wenn der Umfang der ermäßigten Steuersätze reduziert würde. Damit ließen sich schwierige Abgrenzungen und daraus resultierende Steuerrisiken für Unternehmen vermeiden. Damit die Gesamtbelastung durch die Umsatzsteuer nicht zunimmt, sollte der Regelsteuersatz kompensierend reduziert werden. Ein kleiner Teil der Unternehmen fordert unter Wettbewerbsgesichtspunkten innerhalb der EU hingegen die Ausweitung des ermäßigten Steuersatzes.
Viele Meldepflichten würden entfallen, wenn die Kleinunternehmerregelung zum Beispiel auf einen Vorjahresumsatz von 35.000 Euro angehoben werden würde. Da bei Anwendung der Regelung keine Umsatzsteuer in der Rechnung ausgewiesen wird und kein Recht zum Vorsteuerabzug besteht, würde sich das Betrugspotenzial nicht erhöhen.
Die Einfuhrumsatzsteuer sollte sofort mit der Vorsteuer verrechnet werden können (Verrechnungsmodell), um die Liquidität in den Unternehmen zu belassen und den administrativen Aufwand zu reduzieren. Damit würden gleichzeitig auch bestehende Wettbewerbsnachteile für über Deutschland importierende Unternehmen gegenüber anderen EU-Staaten abgebaut.
Bei der umsatzsteuerlichen Organschaft sollte ein praxisgerechtes Antragsverfahren eingeführt werden, um die Rechtssicherheit für die Unternehmen zu erhöhen. Die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung sollte mit Augenmaß umgesetzt werden, damit die Unternehmen nicht unverhältnismäßig belastet werden. Vor Einführung des digitalen Meldesystems auf Basis elektronischer Rechnungen sollten die Unternehmen dessen technische Umsetzbarkeit im Praxistest ausreichend prüfen können.
In verschiedenen steuerlichen Bereichen sollten Grenzwerte und Definitionen angeglichen werden. Durch die unterschiedlichen Anforderungen in der Lohnsteuer, der Umsatzsteuer und den Sozialversicherungszweigen entstehen bei Unternehmen komplexe Prüfungsprozesse, weil sie für die fristgerechte und korrekte Abgabe von steuerlichen Meldepflichten und Erklärungen verantwortlich sind. Durch Pauschalierungen im Steuerrecht und der Sozialversicherung könnten zudem bürokratische Hürden abgebaut und damit eine konsequentere Digitalisierung ermöglicht werden.
Das Steuer- und Abgabenrecht sollte an die Anforderungen des heutigen Arbeitsumfelds angepasst werden. Spätestens mit den aufgrund der Corona-Pandemie erfolgten Veränderungen ist die Arbeitswelt flexibler geworden, vor allem in Bezug auf die Wahl der Tätigkeitsstätte. Dies kann Auswirkungen auf die Steuerpflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben. Grenzüberschreitend tätige Telearbeitnehmer und Telearbeitnehmerinnen (sogenannte "remote worker") können mit einer Doppelbesteuerung ihres Einkommens konfrontiert sein. Auf europäischer oder internationaler Ebene besteht aktuell die Gefahr, dass Telearbeiter und Telearbeiterinnen – im Hinblick auf die Besteuerung von Unternehmensgewinnen – unbeabsichtigt eine Betriebsstätte für ein Unternehmen in einem anderen Land schaffen. In der Folge sind die Unternehmensgewinne zwischen zwei oder mehr Standorten aufzuteilen, wodurch für die Unternehmen weitere Meldepflichten entstehen.
Mitgliedstaaten sollten Arbeitnehmer nur dann besteuern, wenn die Zahl der Arbeitstage pro Kalenderjahr im Land eine bestimmte Schwelle übersteigt. Wie bei der Mehrwertsteuer sollte eine "einzige Anlaufstelle" eingerichtet werden, an die Arbeitgeber von grenzüberschreitenden Telearbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern die Anzahl der Arbeitstage in ihrem Wohnsitzland und in dem Land des Unternehmenssitzes melden.
Die von der EU-Kommission im September 2023 vorgelegten Vorschläge für eine Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert ("Business in Europe: Framework for Income Taxation" – BEFIT) sehen vor, dass europaweit tätige Unternehmen ihren steuerlichen Verpflichtungen durch lediglich eine Unternehmenseinheit nachkommen, anstatt in jedem Mitgliedstaat gesondert Steuererklärungen abzugeben. Bei sachgerechter Umsetzung ließen sich so die Steuerzahlungen einer Gruppe viel einfacher ermitteln als bisher. Dieselben grenzüberschreitenden Geschäfte sollten nicht mehr von verschiedenen Steuerverwaltungen überprüft werden. Einzelne Mitgliedstaaten blockieren die Umsetzung des Vorschlags, weil man sich bisher nicht auf eine Formel für die Aufteilung von Unternehmensgewinnen auf mehrere beteiligte Staaten einigen konnte.
Das von der EU-Kommission vorgestellte Körperschaftsteuersystem des Hauptsitzes (Head Office Tax System – HOT) richtet sich als Option an KMU, die lediglich mit Niederlassungen im EU-Ausland vertreten sind und die Schwelle von 750 Millionen Euro Jahresumsatz nicht erreichen. HOT könnte dafür sorgen, dass das steuerliche Ergebnis der gesamten Unternehmensgruppe nach den am Sitz des Stammhauses geltenden Regeln berechnet und von dort verteilt wird. Dieses Verfahren könnte die Steuerbefolgungskosten für KMU deutlich senken und deren grenzüberschreitende Aktivitäten beflügeln.
Durch eine verbesserte Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen der EU-Staaten könnten Unternehmen von Melde- und Berichtspflichten im Steuerbereich entlastet werden. Daten, die von einer Verwaltung erhoben wurden, sollten direkt, ohne nochmalige Befassung durch die Unternehmen, ausgetauscht werden können. Der gegenseitige steuerliche Informationsaustausch ist bereits Realität. Verschiedene einheitliche Anlaufstellen (sogenannte "One-stop-shops"), sowohl im Bereich der direkten als auch der indirekten Steuern, liegen als Vorschlag vor. Bestehende Verfahrensregel sollten – auch auf Ebene der EU – in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Die Evaluierung der EU-Amtshilfe-Richtlinien (DAC 1 bis 6) sind dafür eine gute Gelegenheit.
Eine nachhaltige Finanz- und Steuerpolitik setzt auf langfristiges Wachstum. Eine die Unternehmen schwächende Besteuerung der Unternehmenssubstanz – beispielsweise durch eine wiederbelebte Vermögensteuer – passt nach Sicht der überwiegenden Mehrheit der Unternehmen nicht zu einer solchen Politik. Höhere oder neue Steuern auf die Substanz von Unternehmen schränken die Investitionsmöglichkeiten der Unternehmen mit bereits knappem Eigenkapital weiter ein. Auf längere Sicht leidet die internationale Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen wird erschwert.
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer wurde vor rund einem Jahrzehnt reformiert. Im Kern gilt richtigerweise weiterhin, dass die Übertragung von betriebsnotwendigem Vermögen verschont wird. An die Verschonung wurden allerdings für viele Familienunternehmen nicht leicht zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft – zum Beispiel den Erhalt von Lohnsummen über einen längeren Zeitraum. Zudem wurden deutliche Verschärfungen eingeführt. Vor allem wurden umfangreiche Formen von "Verwaltungsvermögen" definiert, das definitiv der Erbschaftsteuer unterliegt. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung zudem eine Reihe von Maßnahmen aufgenommen, mit denen die Umgehung von Steuerzahlungen verhindert werden soll. Entstanden sind so auch Unstimmigkeiten und Rechtsunsicherheiten, die der Gesetzgeber beseitigen sollte. Wiederholt zeigen sich Widersprüche im Gesetz, so zuletzt beim Verwaltungsvermögensbegriff bei fremdbetrieblich genutzten Grundstücken und beim sogenannten "90-Prozent-Einstiegstest", der nicht nachvollziehbar dem einen Betrieb die Begünstigung gewährt und dem anderen nicht, je nachdem wie umfangreich der Forderungsbestand am Bewertungsstichtag ist. Die täglichen Anwender des Gesetzes, also die Nachfolgenden, stehen in der Folge vor zahlreichen Abgrenzungsfragen.
Gleiches gilt für die Grunderwerbsteuer, die die Übertragung oder die Umstrukturierung von Unternehmen nicht erschweren sollte. Die kurzfristigen "Reparaturen", die durch das Inkrafttreten des Gesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetzes (MoPeG) nötig wurden, zeigen, dass das Grunderwerbsteuerrecht insgesamt auf den Prüfstand gestellt werden sollte. Eine zukünftige Reform sollte das Grunderwerbsteuerrecht auf seinen Belastungsgrund, den Wechsel des Eigentums an Grundstücken, zurückführen.