Susanne Szczesny-Oßing ist seit April 2021 Vorsitzende des DIHK-Ausschusses für Industrie und Forschung. Uns sagt sie, wie man als Mittelständler international bestehen kann und wo sie Herausforderungen für die Zukunft sieht.
"Unternehmen müssen sichtbar sein"
Sie haben mit Mitte 20 erstmals eine Führungsposition im Familienunternehmen eingenommen. Wie war das?
Ich habe schon meine Ausbildung im elterlichen Unternehmen absolviert und nach dem Studium den Direkt-Vertrieb eigenverantwortlich mit aufgebaut. Das war damals eine Art Test: Kann sie das? Als Kauffrau in einem sehr technisch getriebenen Unternehmen wollte ich mir das vor allem selbst beweisen.
Familienunternehmen denken in Generationen. Da steckt wahnsinnig viel Herzblut drin. Unser Anspruch ist, durch Vorbild zu führen. Alle Familienmitglieder sind operativ tätig oder begleiten den Aufsichtsrat. Unser Umgang mit der Belegschaft ist sehr familiär – mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind wir aufgewachsen. Wir nennen das die "EWM-Familie".
Das Unternehmen ist stark gewachsen. Ihr Großvater hat klein begonnen, mittlerweile arbeiten 800 Menschen für Sie.
In der Schweißtechnik stehen wir in einem knallharten Verdrängungswettbewerb, national wie international. Innovation ist der Lebensnerv unseres Unternehmens. Zehn Prozent des Jahresumsatzes stecken wir in Forschung und Entwicklung. Heute sind wir in vielen Bereichen einer der Technologieführer. Nur deswegen können wir als mittelständisches Unternehmen gegen global agierende Konzerne bestehen.
Wir dürfen in Deutschland nicht ausschließlich auf Dienstleistung setzen. Wir brauchen auch intelligent produzierendes Gewerbe, das schnell und flexibel reagieren kann. Als familiengeführtes, agiles Unternehmen agieren wir eher wie ein "Schnellboot" und nicht wie ein "Tanker". Damit haben wir Vorteile gegenüber so manchem Großkonzern.
Die Konkurrenz ist groß, die Rohstoffe knapp. Können Sie sich auf Ihre Zulieferer verlassen?
Wir haben von der Entwicklung bis zum Vertrieb sehr hohe Eigenanteile, insgesamt eine Fertigungstiefe von über 70 Prozent und pflegen in allen Bereichen faire Partnerschaften – nicht zuletzt zu unseren Lieferanten. Das zahlt sich jetzt aus.
Aber es stimmt: Von der Beschaffung über die Entwicklung bis zur Vorfinanzierung werden die Zeiten eher härter als leichter. Die Prozess- und Beschaffungsketten werden gerade auch bei hochspezialisiert produzierenden Mittelständlern immer komplexer. Wir arbeiten an größeren Einkaufsgenossenschaften und ähnlichen Kooperationen – natürlich, ohne uns als selbstbestimmtes Unternehmen aufgeben zu wollen.
Auf Verbindendes setzen Sie auch im Ehrenamt. Warum engagieren Sie sich?
Kleine und mittelständische Unternehmen müssen lernen, sichtbar zu werden. Es reicht einfach nicht, nur gut zu sein. Man muss sich auch austauschen, vernetzen und Öffentlichkeitsarbeit betreiben: zeigen, was man zu bieten hat. Auf bestehende Netzwerke zurückgreifen zu können, aktiv mitzuarbeiten und mitzugestalten, ist da von großem Vorteil. Über diese Netzwerke kann man auch wieder etwas zurückgeben. Andere mit Kontakten oder Erfahrungen unterstützen. Das ist ein Geben und Nehmen im besten Sinne.
Zur Person
Susanne Szczesny-Oßing ist Vorsitzende der Geschäftsführung der EWM GmbH. Sie ist ehrenamtliche Präsidentin des Deutschen Verbandes für Schweißen und verwandte Verfahren e.V. (DVS) und Mitglied im Vorstand des Stiftungsbeirats der WHU – Otto Beisheim School of Management. Seit 2017 ist Susanne Szczesny-Oßing Präsidentin der IHK Koblenz.