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"Unser Auftrag ist das Wohlbefinden der Menschen"

Porträtfoto Robert Rückel,

Robert Rückel ist Vorsitzender des DIHK-Tourismusausschusses

© David Weyand

Robert Rückel, der im Mai 2023 gewählte Vorsitzende des DIHK-Tourismusausschusses, freut sich über das steigende Interesse am Urlaub im eigenen Land. Trotzdem kämpfe die Branche mit Problemen, erzählt der Geschäftsführer des Deutschen Spionagemuseums und des Deutschlandmuseums, der auch Vizepräsident der IHK Berlin ist.

Tourismuswirtschaft – was ist das eigentlich genau?

Die Betriebe im Tourismus sind sehr unterschiedlich. Von großen Hotelketten in den Städten und dem Biergarten auf dem Land bis hin zu Vergnügungsparks, Schlossgärten und Museen. Dazu kommen Mobilitätsangebote wie Taxi- und Reisebusbetriebe, Reisebüros, Kreuzfahrtschiffe. Und natürlich ganz viele Branchen, die zum Teil von Touristen leben: Nachtclubs, Geschäfte in hochfrequentierten Lagen, Lieferanten der touristischen Unternehmen.

Sie sehen: Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft ist eine Querschnittsbranche, vielfältig und unheimlich spannend. Was uns verbindet: Wir begrüßen Gäste und sorgen dafür, dass sie eine gute Zeit haben. Unser Auftrag ist das Wohlbefinden der Menschen – wir machen Deutschland lebenswert. Leider wird die Bedeutung unserer Unternehmen nach wie vor unterschätzt.

Inwiefern?

In den Corona-Lockdowns waren es die touristischen Betriebe, die zuerst geschlossen und als letzte wieder geöffnet wurden. Der Politik kamen sie am ehesten verzichtbar vor. Das wurmt so manche Unternehmerin, so manchen Unternehmer bis heute – schließlich sind wir eine wirtschaftlich prägende Branche mit großer Wertschöpfung innerhalb Deutschlands. Und das wird sich noch verstärken: Urlaub im eigenen Land ist im Trend. Kein Wunder: Was Nachhaltigkeit, Standards und Infrastruktur betrifft, sind die heimischen Angebote kaum zu schlagen.

Aber auch Fernreisen sind nach wie vor gefragt. Allerdings sind wir das einzige Land in Europa, in dem die Auslastung der Flughäfen nicht wieder das Niveau von vor Corona erreicht haben. Das liegt auch an den Gebühren und Abgaben – den höchsten im europäischen Raum. Das schreckt Fluggesellschaften ab, manche schränken den Flugverkehr von und nach Deutschland ein. Das ist ein Wettbewerbsnachteil für den heimischen Tourismus – und für die Wirtschaft insgesamt.

Mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich noch konfrontiert?

Wie bereits erwähnt, können sich die meisten Unternehmen nicht über mangelnde Nachfrage beklagen. Immer schwieriger wird es allerdings, diese Nachfrage zu bedienen: Uns fehlen Fach- und vor allem Arbeitskräfte. Die Bereitschaft, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, schwindet. Viele Beschäftigte haben unsere Betriebe während der Lockdowns verlassen und sind nicht zurückgekehrt: Die klassische Hotellerie etwa hat nach wie vor ein Viertel weniger Beschäftigte als 2019. Dabei werden nicht nur Hochqualifizierte händeringend gesucht – selbst für Tätigkeiten, bei denen weder Ausbildung noch Vorerfahrung vorausgesetzt werden, finden sich immer weniger Interessenten.

Auch deswegen müssen wir uns als Tourismus- und Freizeitwirtschaft besser organisieren. Durch die Unterschiedlichkeit der Betriebe gibt es zahlreiche Branchenverbände im Tourismus, von denen jeder für sich kämpft. Das ist verständlich, zusammen sind wir aber stärker. Wollen wir besser auf unsere berechtigten Interessen aufmerksam machen, müssen wir übergreifend denken. Und das gefällt mir so am IHK-Gedanken: miteinander statt gegeneinander, um gemeinsam für alle etwas zu erreichen.

Kontakt

Porträtfoto Julia Seibert
Julia Seibert Referatsleiterin Tourismuswirtschaft und Tourismuspolitik

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