Nancy Plaßmann ist Vorständin der Berliner Sparkasse. Seit Mai 2023 ist sie ehrenamtlich tätige Vorsitzende des DIHK-Geld- und Kreditausschusses, dem sie seit sechs Jahren angehört. Im Interview spricht sie über die Sorgen ihrer gewerblichen Kunden und die Arbeit im Ausschuss.
"In Deutschland wird zu wenig investiert"
Frau Plaßmann, Sie haben einen engen Draht zu den Betrieben in Ihrer Region. In welcher Stimmung erleben Sie die Inhaberinnen und Inhaber derzeit?
Unternehmerinnen und Unternehmen sind es gewohnt, anzupacken. Sie sind optimistisch, wollen gestalten und etwas voranbringen. Nach wie vor kommen sie mit dieser Grundeinstellung in unsere Beratungsgespräche. Und wir tun unser Bestes, um als Kreditinstitut ihre Vorhaben unterstützend zu begleiten.
Doch gerade in den vergangenen Monaten wird uns immer wieder von Unsicherheiten berichtet. Fachkräftemangel, ungeklärte Fragen zur Nachhaltigkeit und Lieferschwierigkeiten drücken auf die Gemüter unserer gewerblichen Kunden. Viele warten zudem ab, was an neuen Regeln auf sie zukommt. Das wirkt sich auf die Investitionslaune aus – und zwar negativ.
Es wird zu wenig investiert in Deutschland – gerade mit Blick auf die Anstrengungen, die für die digitale und ökologische Transformation nötig wären. Sprechen Unternehmen über Investitionen, geht der Blick zu oft ins Ausland. Das schadet unserem Wirtschaftsstandort.
Bestimmt auch ein Thema für Ihren Ausschuss. Haben Sie sich darüber hinaus inhaltliche Ziele für Ihre Arbeit als Vorsitzende gesetzt?
Als Kreditwirtschaft wollen wir die nachhaltige Transformation des Mittelstandes begleiten. Viele Ausschussmitglieder treibt Sustainable Finance um, also der Einbezug von Umwelt-, sozialen und Unternehmensführungsaspekten in die Entscheidung von Finanzakteuren. Dabei werden Unternehmen mit sehr vielen neuen Regeln und Dokumentationspflichten konfrontiert, die Politik spielt oft über Bande und nimmt die Kreditinstitute als Durchsetzer der Regeln in die Verantwortung. Gerade für KMU können diese Anforderungen aber zu Überlastung führen.
Hier muss Augenmaß gewahrt werden. Fatal wäre nämlich, wenn zu drastische Regelungen dazu führen, dass wir Unternehmen nicht mehr auf dem Weg zur Nachhaltigkeit begleiten können. Dann rückt das Erreichen eines guten und gesellschaftlich notwendigen Zieles in weite Ferne.
Ich bin überzeugt, dass die Kombination aus unserem dezentral angesiedelten Mittelstand und dem Drei-Säulen-Bankenmodell mit vielen, auch kleineren, Regionalbanken Deutschlands Stärke ist. Das wollen wir schützen. In Europa sind wir damit ein Exot, deshalb müssen wir bei regulatorischen Anforderungen immer wieder auf diese deutsche Besonderheit hinweisen. Stabile und krisenfeste Banken sind immanent wichtig. Aber: Je mehr Eigenkapitalforderungen an Banken zur Hinterlegung gestellt werden, desto enger werden die Möglichkeiten, investitionswillige Unternehmen zu unterstützen. Deswegen ist es sinnvoll, Gesetzesvorhaben schon bei ihrer Entstehung kritisch und konstruktiv zu begleiten.
Wie kann das gelingen?
Der Ausschuss bündelt die Interessen unterschiedlicher Unternehmen aus der Geld- und Kreditwirtschaft. So können wir mit einer Stimme sprechen, wenn wir unsere Anliegen vorbringen und Erfahrungen aus der Praxis weitergeben – über die DIHK direkt an die Bundespolitik.
Dabei wollen wir nicht hautsächlich nörgeln, sondern eigene Vorschläge machen oder unsere Unterstützung kundtun. Das betrifft ganz besonders Zukunftsthemen. Aktuell beschäftigen wir uns etwa mit dem digitalen Euro, über den gerade in der Europäischen Zentralbank nachgedacht wird. Es ist richtig, dass sich Europa um eine eigene digitale Währung bemüht. Niemand will private Parallelwährungen. Unternehmen könnten bei guter Ausgestaltung von effizienteren internationalen Zahlungsprozessen profitieren. Gleichzeitig darf die Einführung aber nicht zur Destabilisierung des bestehenden robusten Bankensystems führen.