Gabriele Fink ist seit März 2023 wiedergewählte Vorsitzende des DIHK-Ausschusses für Ausschuss für Kommunikation, Medien- und Kreativwirtschaft. In unserem Interview berichtet sie, warum Shitstorms unvermeidbar sind und wie man auch in der Region glaubwürdig bleibt.
"Glaubwürdigkeit ist unser höchstes Gut"
Kommunikation zwischen Fake News und Cancel Culture: Macht das noch Spaß?
Das höchste Gut in der Kommunikation ist Glaubwürdigkeit. Und Glaubwürdigkeit erhält man ausschließlich über Authentizität. Sich nicht verstellen, sich treu bleiben, eine Haltung haben: Das Unternehmen gibt die Richtung vor und bleibt bei diesem Kurs, auch wenn einmal ein sprichwörtlicher Sturm heraufziehen sollte.
Shitstorms gehören heute zur Öffentlichkeitsarbeit dazu. Wer die kommunikativen Kanäle öffnet, muss damit rechnen, nicht nur positive Rückmeldungen zu erhalten. Wichtig ist, zuzuhören: Wo ist der Schmerz der Leute? Und wie stehe ich als Unternehmen dazu? Wer eine Haltung hat, wird diese Frage beantworten und sich verändern oder mit guten Argumenten dagegenhalten können.
Müssen sich insbesondere Wirtschaft und Unternehmen damit abfinden, im Netz beschimpft zu werden?
Wir verpflichten uns in sehr vielen Bereichen, gewisse Maßstäbe einzuhalten. Einiges wird auch gesetzlich geregelt, denken Sie an das Presserecht. Warum gelten die dort festgelegten Regularien nicht für alle gleich? Was dem Verlag untersagt ist, darf auf einer Plattform stattfinden. Das finde ich persönlich nicht gerecht. Wir brauchen die gleichen Spielregeln für alle Akteure in der öffentlichen Kommunikation.
Das gilt umso mehr, da Schnelligkeit in der Kommunikation entscheidend wird und vielfach bereits ist. Medienkanäle werden in der Vielfalt zunehmen, die Beiträge kürzer. Die Aufmerksamkeit der Rezipienten nimmt schon heute deutlich ab. Und es wird nach Unterhaltung verlangt: Infotainment ist das Schlagwort – mit zukünftig immer weniger "Info" und immer mehr Entertainment-Anteil.
Wie kann man in diesem Wettbewerb um Aufmerksamkeit bestehen?
Relevanz, Glaubwürdigkeit, Authentizität. Und: So viele Informationen wie möglich lokalisieren. Ein Beispiel: Ich will und muss aus München die kommunikative Linie vorgeben. Aber wie die konkrete Umsetzung in den 27 europäischen Standort-Ländern aussieht, entscheiden über weite Teile die Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Sie sind die Experten in der Region.
Botschaften mit Lokalkolorit verfangen besser. Das liegt auch daran, dass sich die Menschen in einer globalisierten Welt wieder stärker an ihrer unmittelbaren Umgebung orientieren. Was ist für mich vor Ort relevant? Welchen Einfluss hat diese Information auf mein Leben? Kenne ich den Absender der Botschaft, ist er glaubwürdig? Wer auf diese Frage gute Antworten geben kann, gewinnt.
Zur Person
Gabriele Fink ist seit 2017 bei der BMW Group für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Europa verantwortlich. Zuvor hatte sie die Presse- und Marketingleitung der BMW Group Classic und die Leitung des BMW Museums inne.