Nicht nur Wohnbauflächen sind knapp, auch die Unternehmen hierzulande benötigen Flächenreserven. In einer Veröffentlichung schildert die IHK-Organisation Lösungsstrategien für die Sicherung entsprechender Gebiete und benennt acht Kernforderungen.
"Wirtschaft benötigt Bauland"
Wie dem Mangel an Wirtschaftsflächen beizukommen ist, haben DIHK und Industrie- und Handelskammern in einem Acht-Punkte-Papier skizziert, das Ende September 2018 in Berlin bau- und wohnungspolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen vorgestellt wurde.
Die IHK-Organisation hat die aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft wichtigen flächenpolitischen Ansätze und Forderungen zusammengetragen und die wesentlichen Inhalte in einem Acht-Punkte-Papier zusammengefasst, das hier zum Download bereitsteht:
"Wirtschaft benötigt Bauland" (PDF, 8 MB)
Die Kernaussagen im Überblick:
- Fehlendes Bauland für Wohnen und Gewerbe
Vielerorts besteht der Mangel an Bauland nicht nur für Wohnungen, sondern auch für Gewerbe und Industrie. Um Gewerbe, Industrie und Wohnnutzungen gleichermaßen zu berücksichtigen, ist aus Sicht der Wirtschaft eine vorausschauende Planung erforderlich, die den schnellen Bau von Gewerbebetrieben und Wohnhäusern ermöglicht. Die Wirtschaft leistet selbst auch einen Beitrag zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden durch die Entwicklung von kreativen Lösungen, beispielsweise mehrgeschossige Produktions- und Lagerhallen, wie das Beispiel der Firma Kramer GmbH in Umkirch bei Freiburg zeigt.
- Nachhaltige Flächenpolitik darf nicht bei der Innenentwicklung enden
Ob Militärkonversionen in Augsburg oder Industriebrachen in Bochum – in vielen Ballungsräumen stehen Flächen für neue Nutzungen zur Verfügung. Vormalige Gewerbe- und Industrieflächen können zu Neustandorten für die Industrie werden, wenn die aktuellen Ansiedlungsvoraussetzungen insbesondere Lage, Infrastruktur und Verfügbarkeit erfüllt werden. Bei der Nachnutzung von Brach- oder Konversionsflächen, beispielsweise von Bahn, Post, Militär oder auch ehemaligen Industriearealen gilt es stets zu prüfen, ob eine Gewerbe- und Industrieansiedlung möglich ist, bevor vorschnell reine Wohnbauflächen entwickelt werden. Beispielgebend sind die Gewerbe- und Industrieflächenkonzepte der IHK Köln gemeinsam mit den Städten und Gemeinden im Oberbergischen Kreis, im Rhein-Erft-Kreis und im Rheinisch-Bergischen Kreis.
- Heimische Rohstoffversorgung durch vorsorgende Raumordnung sicherstellen
Deutschland verfügt über ergiebige Rohstoffvorkommen insbesondere bei Steinen und Erden, aber auch bei Industriemineralien. Sie sind wichtiger Bestandteil der Wertschöpfungsketten bspw. in der Bauindustrie oder der Herstellung von Glas und Keramik. Aufgrund der hohen Transportkosten sind diese Wirtschaftszweige auf die regionale Erschließung der Rohstoffe angewiesen. Die Rohstoffvorkommen sollten daher durch vorausschauende Landes- und Raumordnungspläne für die Zukunft gesichert werden.
- Interkommunale Kooperationen bieten Lösungen für gewerbliches Bauland
Für Städte, wie Düsseldorf oder München, die selbst über kein nachhaltiges Flächenangebot mehr verfügen, sind Stadt-Umland-Kooperationen erforderlich. Die Politik sollte regionale Flächenkooperationen befördern und rechtliche Hürden beseitigen.
- Digitalisierung nicht nur betriebliche Herausforderung für die Flächenpolitik
Mit der fortschreitenden Digitalisierung passen sich viele Teile der Produktions- und Dienstleistungsprozesse an, und es entstehen beispielsweise Smart Factories. Daneben gibt es weiter klassische Geschäftsmodelle mit Fertigungen und Produktionslinien, die klassische Gewerbe- und Industrieflächen benötigen. Die IHK-Organisation setzt auf ein Flächenmonitoring, um frühzeitig den Bedarf an Flächen zu ermitteln, beispielsweise für die Erweiterung und Neuansiedlung von emissionsstärkeren Betrieben.
- Vorrang für kreative Lösungen beim Flächenausgleich
Ob Unternehmenserweiterung, Einkaufszentrum oder Umgehungsstraße – wer mit Bauprojekten die Natur verändert, muss diese ausgleichen. Das führt dazu, dass Unternehmen 40 Prozent der Gewerbe- und Industrieflächen für Erholungen und Freiräume verwenden. Die IHK-Organisation setzt sich für kreative Lösungen auch bei der Flächenkompensation ein – wie sie über regionale Freiraumverbünde beispielsweise die Ökoagentur in Hessen organisiert.
- Richtiger Maßstab für die Definition der Flächenentwicklung entscheidend
Das Flächensparziel der Bundesregierung orientiert sich an den Zuwächsen der Siedlungs- und Verkehrsfläche von einem Jahr zum nächsten. Bestandteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche sind die Gebäude- und Freiflächen, die Betriebsflächen (ohne Abbauland), die Verkehrsflächen sowie die Erholungs- und Friedhofsflächen. Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass in den vergangenen Jahren insbesondere der Anteil der Erholungsflächen angestiegen ist. So betrug dieser 2016 rund 15 Prozent, während im Vergleich dazu die Gewerbe- und Industrieflächen nur bei 11 Prozent lagen.
Bei der Ermittlung der Siedlungs- und Verkehrsflächen sollten nur die echten Bau- und Verkehrsflächen berücksichtigt werden. Erholungsflächen und Friedhofsflächen gehören nicht hierzu, ebenso wenig die unversiegelten beziehungsweise nicht überbaubaren Flächen innerhalb der Bau- und Verkehrsflächen. - Statt Flächenhandel – Standorte für Unternehmen regionsspezifisch bereitstellen
Beim Handel mit Flächenzertifikaten ist vorgesehen, dass die Gemeinden über einen festen Schlüssel zu Beginn jedes Jahres Zertifikate zugeteilt erhalten, die zur Ausweisung von Bauland im Außenbereich berechtigen. Der Schlüssel orientiert sich dabei an den Einwohnerzahlen. Die IHK-Organisation setzt auf mehr regionale Betrachtungen, um unternehmerischen Ansiedlungs- und Erweiterungsabsichten von Gewerbe und Industrie entsprechen zu können. Als nachhaltiges Instrument hat sich dabei beispielsweise das Beispiel des Flächenbedarfskontos in der Regionalplanung in Düsseldorf erwiesen.