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Die Tourismuswirtschaft: Rekord, Reiselust und Realität

Sonderauswertung "Konjunktur Insight" zur Februar-Umfrage 2025
Wandergruppe in einer Stadt im Schwarzwald

Zwar ist der Deutschland-Tourismus wieder in Gang gekommen, doch die Umsätze lassen zu wünschen übrig

© Thomas Winz / The Image Bank / Getty Images

Die Tourismuswirtschaft in Deutschland könnte eigentlich Grund zum Feiern haben: Das Statistische Bundesamt verkündete just mit 496,1 Millionen Gästeübernachtungen in Deutschland im Jahr 2024 einen Übernachtungsrekord. Doch die Umsätze der Betriebe sind rückläufig. Was hindert die gastgewerblichen Betriebe daran, von der Nachfrage entsprechend wirtschaftlich zu profitieren, und wie schätzen Reisevermittler, Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter sowie die Freizeitwirtschaft ihre Geschäfte ein? 

Antworten auf diese Fragen liefern die Ergebnisse der DIHK-Konjunkturumfrage, bei der im Zeitraum vom 16. Dezember 2024 bis zum 17. Januar 2025 insgesamt rund 2.500 Betriebe der Tourismuswirtschaft ihre Einschätzung abgegeben haben.

 

Die aktuelle Geschäftslage: Zwischen Reiselust, Übernachtungsrekord und hohem Kostendruck

Das Bild in der Tourismuswirtschaft offenbart deutliche Unterschiede in den Teilbereichen: Während 38 Prozent der Reisevermittler von gut laufenden Geschäften berichten, melden 11 Prozent eine Verschlechterung der Geschäftslage. Der aktuelle Saldo aus "Gut"- und "Schlecht"-Antworten beträgt nunmehr 27 Punkte – nachdem er vor einem Jahr noch bei 36 Punkten lag. Die Reiselust der Deutschen ist somit etwas abgeklungen, aber noch immer hoch.

Im Gegensatz dazu hat sich die Lage im Gastgewerbe spürbar eingetrübt. Nur 21 Prozent der Betriebe schätzen ihre Lage als gut ein. 29 Prozent kommen zu einer schlechten Bewertung. Damit rutscht die Branche von noch plus 4Saldopunkten im Herbst 2024 jetzt in den negativen Bereich auf minus 8 Punkte. Besonders betroffen sind die Beherbergungsbetriebe, die eigentlich von den Rekord-Übernachtungszahlen im vergangenen Jahr deutlich profitieren müssten. Hier fällt der Saldo bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage von plus 6 im Herbst 2024 aktuell auf minus 9 Punkte zu Jahresbeginn. Campingplätze, die ihre Übernachtungszahlen in den letzten Jahren deutlich steigern konnten, schätzen ihre Lage – trotz Wintersaison – mit minus 4 Saldopunkten derzeit etwas besser ein als die Hoteliers. Im Vergleich zum Herbst 2024 ist der Wert allerdings auch deutlich schlechter (Saldo Geschäftslage Herbst 2024: plus 19 Punkte). In der Gastronomie hat sich die Stimmung eingetrübt: Der Saldo sinkt von minus 1 auf minus 7 Punkte.

Bei den Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltern schätzen mehr alsein Drittel der Betriebe die Lage unter dem Strich als positiv ein (gut: 35 Prozent, schlecht: 22 Prozent). Jedoch rutscht auch hier der Saldo von 30 Punkten zu Jahresbeginn 2024 auf nunmehr 13 Saldopunkte ab. Die Freizeitwirtschaft (Kunst, Unterhaltung, Erholung) bewertet ihre Lage ebenfalls eher positiv. 26 Prozent berichten von einem guten Geschäft und nur 19 Prozent von einer schlechten Lage. Der Lagesaldo liegt damit bei gleichbleibend 7 Saldopunkten.

Hauptgründe für die sich abkühlende Geschäftslage und auch die pessimistischen Erwartungen sind im Gastgewerbe insbesondere hohe Kosten für Strom, Personal und Lebensmittel. Fast vier von fünf gastgewerblichen Betrieben nennen steigende Kosten für Energie- und Rohstoffe (79 Prozent) als Geschäftsrisiko. Fast genauso häufig werden Arbeitskosten genannt (73 Prozent). Vor dem Hintergrund der hohen Arbeitskosten und der unsicheren wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen geben 23 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen an, Personal kürzen zu wollen, während nur 6 Prozent mit mehr Beschäftigten planen. Daraus folgt ein negativer Saldo von minus 17 Punkten, was auf Stellenabbau in der Branche hindeutet.

Die Margen der Betriebe stehen durch die hohen Kosten weiterhin stark unter Druck. Die Unternehmen erwägen, die Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben, um rentabel wirtschaften zu können. Umgekehrt üben sich viele Verbraucher aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheiten derzeit in Konsumzurückhaltung. Entsprechend sehen 42 Prozent der gastgewerblichen Betriebe die Inlandsnachfrage als Risiko. Anhaltend hoch, aber rückläufig zeigt sich der Fach- und Arbeitskräftemangel (52 Prozent). Für mehr als die Hälfte der gastgewerblichen Betriebe (58 Prozent) stellen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland ein Risiko dar. Zusätzliche finanzielle und bürokratische Belastungen senden ein falsches Signal an die Betriebe.

Die Reisevermittler blicken weniger besorgt in die Zukunft, doch die Inlandsnachfrage wird auch hier von 55 Prozent der Betriebe als Risiko eingestuft (zuvor 45 Prozent). Ebenfalls wird die Belastung durch Arbeitskosten von mehr Betrieben als Risiko wahrgenommen als noch im vergangenen Herbst (41 Prozent; zuvor 37 Prozent). Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind für knapp die Hälfte der Betriebe dieser Branche risikobehaftet (48 Prozent), hierin enthalten ist auch die Sorge vor weiterer staatlicher Regulierung.

Die Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter blicken mit Sorge auf die Entwicklung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (62 Prozent). Hier ist insbesondere die langsame Visavergabe für ausländische Messeteilnehmer als eines der Dauerthemen zu nennen. Das betrifft nicht nur die Gäste, sondern auch Betreiber von Messeständen selbst, die aus dem Ausland kommen. Zudem sind die Arbeitskosten (57 Prozent) und die Inlandsnachfrage (52 Prozent) für mehr als die Hälfte der Betriebe bedeutsame Risikofaktoren.

Keine Besserung in Sicht: pessimistische Geschäftserwartungen trotz Reiselust

Die Erwartungen im Gastgewerbe für die kommenden zwölf Monate sind deutlich pessimistischer als in der gesamten Wirtschaft. Nur 10 Prozent der Betriebe erwarten eine Verbesserung, fast jeder vierte Betrieb hat negative Geschäftserwartungen (39 Prozent). Der Erwartungssaldo verbessert sich zwar leicht um 3 Punkte, bleibt aber mit minus 29 Punkten tief im negativen Bereich und auch deutlich unter dem Durchschnitt der gesamten Wirtschaft (minus 17 Punkte).

Bei den Reisevermittlern sind die Geschäftserwartungen nahezu ausgeglichen (18 Prozent positiv, 19 Prozent negativ). Der Saldo steigt im Vergleich zum Herbst 2024 leicht (von minus 6 auf minus 1 Punkt). Bei Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltern überwiegen die pessimistischen Aussichten: 17 Prozent haben negative Erwartungen, nur 13 Prozent haben positive. Der Saldo rutscht von minus 3 Saldopunkten auf minus 12 Saldopunkte weiter ab. Die Freizeitwirtschaft bleibt ebenfalls bei einer eher pessimistischen Einschätzung. Hier gehen nur 13 Prozent von einer Verbesserung aus, während 17 Prozent negative Erwartungen haben. Der Erwartungssaldo sinkt geringfügig von zuvor minus 4 Punkten auf minus 5 Saldopunkte ab.

 

Finanzlage bleibt angespannt

In der gesamten Wirtschaft melden 42 Prozent der Unternehmen eine problematische Finanzlage, im Gastgewerbe liegt dieser Anteil mit 60 Prozent sogar noch deutlich höher (nach zuvor 53 Prozent). In fast allen abgefragten Dimensionen nimmt der Problemdruck zu: Häufigste Herausforderung der Betriebe ist der Eigenkapitalrückgang, 40 Prozent (nach zuvor 35 Prozent) sind darüber besorgt, gefolgt von Liquiditätsengpässen (29 Prozent nach zuvor 23 Prozent), hoher Fremdkapitalbelastung (11 Prozent, zuvor 10 Prozent) und zunehmender Forderungsausfälle (9 Prozent, zuvor 7 Prozent). Von einer Insolvenz sehen sich aktuell sogar wieder 7 Prozent (nach zuvor 5 Prozent) bedroht. Lediglich beim Fremdkapitalzugang klagt gleichbleibend jeder zehnte Betrieb über Hemmnisse.

Auch bei den Reisevermittlern hat sich die Finanzlage verschlechtert. Doppelt so viele Betriebe wie noch im vergangenen Herbst geben Liquiditätsengpässe (16 Prozent) und einen erschwerten Fremdkapitalzugang (10 Prozent) als Finanzierungsproblem an. Auch zunehmende Forderungsausfälle (5 Prozent nach zuvor 3 Prozent) belasten die Bücher der Betriebe immer stärker. Insgesamt meldet mehr als ein Drittel (35 Prozent) ein Problem mit der Finanzlage.

Auch bei den Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltern verschlechtert sich der Zugang zur Finanzierung: Von einer problematischen Finanzlage sprechen 41 Prozent der Betriebe (nach zuvor 38), Forderungsausfälle nehmen ebenfalls deutlich zu (15 Prozent zuvor 10 Prozent). Eine leicht positive Entwicklung hingegen ist beim Fremdkapitalzugang zu erkennen, hier berichten mit 4 Prozent etwas weniger Unternehmen von Erschwernissen als zuvor (zuvor 6 Prozent).

In der Freizeitwirtschaft ist die Sorge vor Insolvenzen weiterhin präsent, geht aber im Vergleich zum Herbst 2024 leicht zurück (6 Prozent nach zuvor 8 Prozent). Mit Eigenkapitalrückgang haben ein Viertel der befragten Unternehmen (zuvor 19 Prozent) zu kämpfen. Auch in der Freizeitwirtschaft nehmen die Forderungsausfälle zu (9 Prozent, zuvor 6 Prozent).

Die Ergebnisse zeigen, dass der steigende Kostendruck der Tourismuswirtschaft selten durch Umsatzzuwächse adäquat ausgeglichen werden kann. Folglich wird die Substanz etlicher Betriebe belastet und die Finanzierungsbedingungen erschwert. Die Zunahme der Forderungsausfälle liefert Zeugnis für diese Entwicklung. 

Fazit

Die Reisevermittler machen vergleichsweise gute Geschäfte, denn die Reiselust der Deutschen ist noch immer hoch. Das Gastgewerbe befindet sich in einer wirtschaftlich angespannten Lage – trotz der Rekord-Übernachtungszahlen in Deutschland. Die Kostensituation, insbesondere für Personal und Energie ist sehr angespannt. Kurzfristig ist keine Verbesserung in Sicht, sodass viele Betriebe mit weiteren Herausforderungen rechnen müssen. Die Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalter, ebenso die Freizeitwirtschaft, blicken ebenfalls besorgt auf ihre Geschäfte und die Entwicklung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Land.

Die Unternehmen fühlen sich durch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen selten befähigt, oft sogar ausgebremst in ihrem Kerngeschäft – nämlich darin, die vorhandene Nachfrage nach Begegnungsräumen, Erlebnissen, Erholung und Genuss zu bedienen und damit entsprechend Gewinne zu erwirtschaften.

Die Sonderauswertung steht auch hier als PDF-Dokument zum Download bereit: 

Konjunktur Insight Tourismus Jahresbeginn 2025 (PDF, 432 KB)

© DIHK

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Julia Seibert Referatsleiterin Tourismuswirtschaft und Tourismuspolitik

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Dr. Jupp Zenzen Referatsleiter Konjunktur, Wachstum, Unternehmensbefragungen