Die Bauwirtschaft zeigt im Vergleich zum Jahresbeginn zwar leichte Erholungstendenzen, bleibt jedoch weiterhin deutlich hinter dem Niveau der Vorjahre zurück. Das ermittelte die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in einer Sonderauswertung ihrer Konjunkturumfrage von Herbst 2024.
Bauwirtschaft in schwierigen Gewässern
Sonderauswertung "Konjunktur Insight" zur Herbst-Umfrage 2024Demnach weist die Branche aktuell einen positiven Geschäftslagensaldo von 15 Punkten auf – das bedeutet, dass 32 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut bewerten, während 17 Prozent sie als schlecht einschätzen. Rund die Hälfte der Unternehmen berichten von einer stabilen Geschäftslage. Doch trotz dieser scheinbar soliden Entwicklung liegt der Saldo noch immer weit unter den Werten der Vor-Corona-Jahre und dem langjährigen Schnitt von 24 Punkten.
Ein genauer Blick auf die Teilbereiche der Bauwirtschaft offenbart deutliche Unterschiede: Während der Tiefbau mit einem positiven Saldo von 30 Punkten über die Jahre 2023 und 2024 hinweg aufgrund der Durchführung geplanter Infrastrukturvorhaben im Bereich Verkehr und Energie verhältnismäßig stabil dasteht, zeigt sich im Hochbau ein deutlich negativer Trend. Hier ist der Saldo in den letzten zwei Jahren kontinuierlich gesunken und liegt auch im Herbst 2024 mit minus 2 Punkten im negativen Bereich. Damit überwiegt im Hochbau mittlerweile die Zahl der Unternehmen, die ihre Geschäftslage als schlecht einstufen (24 Prozent im Vergleich zu 22 Prozent mit einer guten Lagebewertung).
Die anhaltende Schwäche im Hochbau hat vielfältige Ursachen. Der größte Belastungsfaktor ist die sinkende Inlandsnachfrage, die von 61 Prozent der Unternehmen weiterhin als zentrales Risiko genannt wird (Vorumfrage: 62 Prozent).
Hinzu kommen wirtschaftspolitische Unsicherheiten und der Fachkräftemangel, die jeweils ebenfalls von über der Hälfte der Betriebe als Herausforderungen wahrgenommen werden (58 Prozent). Insbesondere den Fachkräftemangel sehen die Unternehmen der Branche zunehmend als Risiko, und es bedarf politischer Anstrengungen, um ihn zu reduzieren.
Zwar haben sich die Bedingungen bei Rohstoffpreisen und Finanzierungen etwas entspannt, jedoch bleibt das Risiko von Forderungsausfällen ein wachsendes Problem (15 Prozent nach zuvor 10 Prozent). Ein leicht positives Signal im Baugewerbe zeigt sich in der Finanzlage der Unternehmen (63 Prozent nach zuvor 61 Prozent der Befragten bewerten ihre Lage als unproblematisch).
Keine Besserung in Sicht
Die Geschäftserwartungen der Bauunternehmen bleiben düster. Nur 7 Prozent der Betriebe rechnen mit einer Verbesserung ihrer Lage, während mehr als ein Drittel eine Verschlechterung erwarten (38 Prozent). Damit zeigt sich die Bauwirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen wie dem Dienstleistungssektor, der Industrie oder dem Handel am pessimistischsten. Mit einem Saldo von minus 31 Punkten spiegeln die Geschäftserwartungen der Unternehmen für die kommenden zwölf Monate weiterhin die unsichere Entwicklung am Wirtschaftsstandort Deutschland wider (zuletzt minus 23 Punkte).
Die Herausforderungen für die Branche sind zahlreich. Knapp zwei Drittel der Unternehmen (65 Prozent) sehen weiterhin den Fachkräftemangel als größte Hürde, im Tiefbau sogar drei von vier Betrieben (74 Prozent). Hinzu kommen wirtschaftspolitische Unsicherheiten und hohe bürokratische Auflagen, die die Arbeit zusätzlich erschweren. Anhaltend hohe Arbeits-, Energie- und Rohstoffkosten setzen die Branche weiter unter Druck, während über die Hälfte der Unternehmen gleichzeitig mit einer steigenden Inlandsnachfrageschwäche zu kämpfen haben.
Diese schwierigen Rahmenbedingungen beeinflussen auch die Personalplanung. Lediglich 10 Prozent der Unternehmen planen, in Zukunft mehr Mitarbeiter einzustellen, während 23 Prozent einen Personalabbau ins Auge fassen. Der Saldo der Beschäftigungsabsichten der Unternehmen sinkt damit leicht um 1 Punkt auf minus 13 Punkte und verharrt damit auf anhaltend niedrigem Niveau.
Besonders der Hochbau ist von negativen Beschäftigungsabsichten betroffen: Dort liegt der Saldo bei minus 15 Punkten und spiegelt damit die anhaltend schwierige Personalsituation wider, die sich bereits seit längerer Zeit abzeichnet. Im Tiefbau fällt der Saldo, auch saisonbedingt, ebenfalls auf nun minus 11 Punkte.
Investitionsabsichten auf niedrigem Niveau
Die Finanzlage der Bauwirtschaft hat sich insgesamt leicht verbessert. Knapp zwei Drittel der Unternehmen bewerten ihre finanzielle Situation insgesamt als unproblematisch (63 Prozent), wobei im Tiefbau mit 70 Prozent mehr Betriebe von einer unproblematischen Finanzlage berichten als im Hochbau (61 Prozent).
Dennoch gibt es auch hier wachsende Herausforderungen: Die Anzahl der Unternehmen, die mit zunehmenden Forderungsausfällen zu kämpfen haben, steigt in der gesamten Branche leicht an (15 Prozent nach zuletzt 12 Prozent) – ein anhaltendes Warnsignal. Weiterhin bleiben Eigenkapitalrückgang (17 Prozent) und Liquiditätsengpässe (14 Prozent) Faktoren, die die Finanzlage zusätzlich negativ beeinflussen. Im Hochbau sind die Unternehmen aufgrund der schwächeren Nachfrage stärker von dieser Entwicklung getroffen als im Tiefbau.
Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen fällt mit einem Saldo von minus 23 Punkten trotz leichter Verbesserung um 2 Punkte weiterhin gering aus und liegt auch im Herbst 2024 unter dem langjährigen Schnitt von minus 9 Punkten. Planungsunsicherheiten, regulatorische Hürden und finanzielle Risiken führen dazu, dass mehr als ein Drittel der Unternehmen die Investitionen derzeit reduzieren möchten (36 Prozent). Besonders im Hochbau verharren die Investitionsabsichten der Unternehmen mit einem Saldo von minus 31 Punkten auf niedrigem Niveau. Ersatzbedarf bleibt das wichtigste Motiv für Investitionen (81 Prozent), gefolgt von Rationalisierungsmaßnahmen (23 Prozent), Innovationen (18 Prozent) und Umweltschutz (18 Prozent).
Die Prognosen der DIHK für die Bruttoanlageinvestitionen in Bauten 2024 unterstreichen diese Entwicklung: Ein Rückgang von 3,5 Prozent wird erwartet, ähnlich wie 2023. Damit bleibt die Investitionsbereitschaft niedrig, was die wirtschaftliche Dynamik in der Bauwirtschaft weiterhin dämpft.
Fazit: Lage bleibt angespannt, vor allem im Hochbau
Die Bauwirtschaft steht im Herbst 2024 vor erheblichen Herausforderungen und befindet sich weiterhin in einer angespannten wirtschaftlichen Situation. Trotz leichter Erholungstendenzen im Vergleich zum Jahresbeginn bleibt die Branche deutlich hinter dem Niveau der Vor-Corona-Jahre zurück.
Besonders der Hochbau ist weiterhin von einer negativen Geschäftslage und pessimistischen Zukunftserwartungen geprägt, die durch strukturelle Probleme wie den Fachkräftemangel, die schwache Inlandsnachfrage und wirtschaftspolitische Unsicherheiten verstärkt werden. Auch die Investitionsbereitschaft bleibt schwach, wobei Ersatzbedarf weiterhin der wichtigste Treiber für Investitionen ist. Die Prognosen für die Bruttoanlageinvestitionen deuten darauf hin, dass die wirtschaftliche Dynamik der Branche auch mittelfristig gering bleibt.
Um eine nachhaltige Erholung zu ermöglichen, braucht es gezielte Maßnahmen, die insbesondere dem Fachkräftemangel entgegenwirken und die Inlandsnachfrage stabilisieren. Es bedarf investitionsfreundlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und neuer Impulse, um die wichtige Rolle der Bauwirtschaft als Treiber für Wachstum und Beschäftigung zu stärken.
Die Sonderauswertung steht auch hier als PDF-Dokument zum Download bereit:
Konjunktur Insight Bauwirtschaft Herbst 2024 (PDF, 715 KB)
Die Befragung fand im Rahmen der DIHK-Konjunkturumfrage Herbst 2024 vom 9. September bis zum 4. Oktober 2024 statt. Aus dem Bereich Baugewerbe haben 1.671 Unternehmen teilgenommen.