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"Osterpaket" geht ins parlamentarische Verfahren

Was der Kabinettsbeschluss für die Energiegesetzgebung vorsieht
Windrad auf See

Auch das Windenergie-auf-See-Gesetz wird angepasst

© MR1805/ iStock / Getty Images Plus

Der Weg für das "Osterpaket" ist frei: Am 6. April beschloss das Bundeskabinett die 500 Seiten starke Novelle des Energierechts, mit der viele energiepolitische Inhalte des Koalitionsvertrags umgesetzt werden sollen.

Gut 100 Tage nach dem Start der neuen Bundesregierung billigte das Bundeskabinett die größte energiepolitische Novelle seit Jahrzehnten. Das "Osterpaket" soll den Ausbau der erneuerbaren Energien umfassend beschleunigen: zu Wasser, zu Land und auf dem Dach.

Die FDP hat dem Maßnahmenbündel trotz Vorbehalten zugestimmt, diese sollen nun im parlamentarischen Verfahren geklärt und ausgeräumt werden. Ziel der Ampel-Koalition ist es, das Osterpaket bis zur Sommerpause abzuschließen.

Ausbau der Erneuerbaren im Fokus

Als Herzstück wird im deutschen Energierecht der Grundsatz verankert, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Das Ziel: Bis 2030 soll der deutsche Bruttostromverbrauch in Deutschland zu 80 Prozent, ab 2035 nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Hierzu soll deren Ausbau an Land und auf See deutlich beschleunigt werden, beispielsweise durch die Bereitstellung neuer Flächen für Photovoltaik (PV). Eine verstärkte Beteiligung der Kommunen bei Wind an Land und PV ist ebenso vorgesehen wie eine verstärkte Erschließung windschwacher Standorte und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Errichtung zusätzlicher PV-Dachanlagen.

Der Ausbau der Windenergie auf See soll zukünftig auf zwei gleichberechtigten Säulen ruhen. Neben der Ausschreibung von bereits voruntersuchten Flächen werden zukünftig auch bisher nicht voruntersuchte Flächen ausgeschrieben.

EEG-Umlage entfällt, schlankere Verfahren

Darüber hinaus ist geplant, den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze durch eine Verringerung von Hemmnissen und die Verschlankung von Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Der Bundesbedarfsplan für den Ausbau der Übertragungsnetze wird aktualisiert, und neue Projekte werden aufgenommen, damit die Netze mit den Zuwächsen bei erneuerbaren Energien Schritt halten können.

Mit der Abschaffung der EEG-Umlage sollen zugleich die Regelungen für den Eigenverbrauch und die Privilegierung der Industrie vereinfacht werden.

Welche Gesetze angepasst werden

Das Osterpaket beinhaltet Novellierungen zahlreicher Gesetze und Verordnungen, dazu zählen insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG), das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) oder das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG).

Auf der Website der Bundesregierung finden Sie detaillierte Informationen insbesondere zur EEG-Novelle und zur Revision des WindSeeG.

Anpassungen im Vergleich zum Referentenentwurf

Dabei hat es in der Kabinettsfassung des Osterpaktes gegenüber dem Referentenentwurf noch einige Änderungen gegeben. Die wichtigsten hat der DIHK nachfolgend zusammengestellt. 

Kabinettfassung versus Referentenentwurf

  • Zwar ist die Strommenge, die 2030 aus erneuerbaren Energien stammen soll, mit 544 bis 600 Terawattstunden (TWh) gleichgeblieben. Allerdings zielt der Ausbau in den kommenden acht Jahren auf den oberen Rand. Das heißt, die erzeugte Strommenge soll von 240 TWh im Jahr 2021 auf 600 TWh bis 2030 steigen. Daher wurden die Zubaumengen für Wind an Land und Photovoltaik (PV) nochmals erhöht. In acht Jahren soll die Leistung der Windkraft an Land auf 115 Gigawatt (GW) wachsen – bisher waren 110 GW vorgesehen – und die PV nicht auf 200, sondern auf 215 GW zulegen. Gegenüber dem Status quo bedeutet dies eine Verdoppelung beziehungsweise Vervierfachung. 
  • 2023 sollen 12.840 Megawatt (MW) Wind an Land ausgeschrieben werden (plus 4 GW) und bereits ab 2024 (bisher 2025) konstant 10 GW im Jahr (§ 28).
  • Das Referenzertragsmodell wird um eine neue Kategorie von 50 Prozent erweitert (§ 36 h). Gegenüber einem Standort mit 100 Prozent erhalten diese Anlagen einen Aufschlag auf den Zuschlagswert von 55 Prozent. Dies gilt allerdings nur für Anlagen in der sogenannten Südregion.
  • Bei den PV-Freiflächenanlagen sollen ab 2025 jährlich 9.900 MW ausgeschrieben werden (§ 28a). Bisher waren 9.000 MW ab 2027 vorgesehen. 
  • Für besondere Freiflächenanlagen (horizontal aufgeständerte Anlagen mit Ackerbau) gibt es eine Zusatzvergütung von 1,2 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh), die bis 2029 auf null abgeschmolzen wird (§ 38b).
  • Für Freiflächenanlagen bis 1 MW, die nicht in die Ausschreibung müssen, wird die Vergütung ebenfalls gegenüber dem Referentenentwurf erhöht: Statt 6,8 sind nun von 7 ct/kWh vorgesehen (§ 48).
  • Bei den Ausschreibungen für PV-Dachanlagen ab 1 MW werden die Mengen angehoben (§ 28b): War bislang ein Aufwuchs auf 1.000 MW bis 2029 vorgesehen, soll jetzt bereits im Jahr 2027 eine Leistung von 1.100 MW erreicht und dann jährlich fortgesetzt werden. 
  • Um den Ausbau auch kurzfristig anzukurbeln, wird die Degression bei der PV bis 2024 ausgesetzt und auch die gesetzliche Vergütung (Einspeisevergütung beziehungsweise Marktprämie) nochmals erhöht. Kleine Anlagen bis 10 kW sollen nun 13,8 statt 12,5, ct/kWh erhalten. 
  • Die Mengenbegrenzung beim sogenannten Mieterstrom von 500 MW/Jahr wird aufgehoben (§ 23c).
  • Bei den Ausschreibungen für Biomasse wurden die Mengen nachgetragen (§ 28c): Die auszuschreibende Leistung liegt demnach für 2023 bei 600 MW, für 2024 bei 500 MW, für 2025 bei 400 MW und von 2026 bis 2028 bei 300 MW. Eine Regelung für den weiteren Pfad ab 2029 gibt es nicht.
  • Bestehende Biomasseanlagen haben nun nach erfolgreichem Zuschlag 60 statt 36 Monate Zeit, in die neue Vergütung zu wechseln (§ 39g). 
  • Der Einsatz von Getreidekorn und Mais wird ab 2024 auf 35 und ab 2026 auf 30 Masseprozent eingeschränkt (§ 39i). Bisher galt ein Wert von 40 Masseprozent. 
  • Die Regelung von Anlagen zur Güllevergärung bis 150 kW werden neu gefasst. Zum einen wird die Vergütung gesenkt, zum anderen nun zwischen Anlagen bis 75 kW (22 ct/kWh) und bis 150 kW (19 ct/kWh) unterschieden (§ 44). Bisher galt ein einheitlicher Satz von 22,23 Cent. 
  • Auch bei den Ausschreibungen für Biomethanlangen wurden Mengen nachgetragen (§ 28d): Zwischen 2023 und 2028 liegt sie jeweils bei 600 MW. 
  • Das bisher geltende Eigenversorgungsverbot in den Ausschreibungen (§ 27a) wird aufgehoben. Dies bedeutet, dass es mit allen Anlagen möglich ist, den erzeugten Strom sowohl selbst zu verbrauchen als auch ins Netz einzuspeisen. Bisher mussten sich Anlagenbetreiber für einen Weg entscheiden. 
  • Der Vorrang erneuerbarer Energien in der Schutzgüterabwägung (§ 2) soll so lange gelten, bis die Stromerzeugung nahezu treibhausgasneutral ist. Der Vorrang gilt aber nicht gegenüber der Landes- und Bündnisverteidigung. 
  • Die kleine Wasserkraft bis 500 kW soll nicht mehr gefördert werden (§ 40). 
  • Für die Jahre 2023 bis 2026 rechnet die Bundesregierung mit einem kumulierten Finanzierungsbedarf aus den Vergütungsansprüchen der Anlagen von 62,7 Milliarden Euro. 59,9 Milliarden entfallen dabei auf Bestandsanlagen. 
  • Die Einnahmen aus den Zahlungen für die Flächen im Segment Direktlieferverträge (Power Purchase Agreement, PPA) beziehungsweise durch die Differenzverträge sollen nun auch zu 10 Prozent in die nachhaltige Fischerei fließen. Dafür werden nur noch 70 Prozent der Mittel zur Senkung der Offshore-Netzumlage verwendet.
  • Die Ausschreibungsmengen werden vorgezogen (§ 2a): 2023 und 2024 sollen zwischen 8 und 9 GW versteigert werden (bislang waren 6 bis 7 GW geplant), dafür in den beiden Folgejahren nur zwischen 3 und 5 GW statt 5 bis 6 GW. 
  • Die Höchstwerte in den Differenzvertragsausschreibungen für die voruntersuchten Flächen werden leicht erhöht (§ 41): Statt 5,6 und 5,2 ct/kWh betragen diese jetzt 5,8 Cent für 2023 und 5,2 Cent für die Ausschreibungen ab 2024.  
  • Die Regelungen zu negativen Preisen für das Segment der Differenzverträge (§ 49) wurde überarbeitet. Es wird ein Minimalabrechnungswert von 0,8 ct/kWh eingeführt. Dadurch sollen Abregelungen bei schwach positiven Spotmarktpreisen verhindert werden. Die negative Prämie entspricht in diesen Stunden der Differenz zwischen dem Spotmarktpreis und dem Minimalabrechnungswert.
  • Die bisher in § 22 bestehende Begrenzung der Umlagenfreiheit auf Anlagen mit bestimmten Jahresarbeitszahlen wurde aufgehoben. 
  • Die Definition für grünen Wasserstoff wurde nachgetragen (§ 26). Demnach ist grüner Wasserstoff solcher, der durch den Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. Die Bundesregierung wird des Weiteren ermächtigt, inhaltliche, räumliche oder zeitliche Anforderungen zu setzen, die über diese Definition hinausgehen.
  • Bei der Stromkennzeichnung in §42 muss künftig angegeben werden, in welchem Staat erneuerbarer Strom erzeugt worden ist. 
  • Das Umweltbundesamt erhält eine Prüfbefugnis hinsichtlich der Stromkennzeichnung. Künftig soll es die Richtigkeit der Kennzeichnung anordnen können. 
  • Durch die Streichung des § 8d wird festgehalten, dass Anlagen, die durch Ausschreibungen gefördert werden, auch dann keine EEG-Umlage bezahlen müssen, sollte diese wieder aufleben.
  • In das WHG werden Regelungen zu schwimmenden Solaranlagen (Floating PV) aufgenommen. Solche Anlagen sollen auf natürlichen, gewässerökologisch zumeist höherwertigeren Gewässern unterbleiben, da die ökologischen Auswirkungen noch nicht ausreichend bekannt sind. Die Errichtung wird auf künstliche und erheblich veränderte Gewässer im Sinn von § 3 Nummer 4 und 5 WHG einschließlich kleinerer Gewässer wie Baggerseen, Tagebauseen, sonstige angelegte Seen oder Häfen, die nicht im Rahmen der Bewirtschaftungsplanung kartenmäßig ausgewiesen worden sind, beschränkt.
  • Zusätzlich wird in § 36 geregelt, dass auch auf künstlichen und erheblichen veränderten Gewässern nur 15 Prozent der Gewässerfläche bedeckt sein darf. Zudem muss die Anlage mindestens 50 Meter Abstand zum Ufer haben.

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Dr. Sebastian Bolay Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie

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Porträtbild Petra Blum, Pressesprecherin
Petra Blum Pressesprecherin