Für viele Unternehmen birgt Bürokratie ein erhebliches Geschäftsrisiko – zu diesem Ergebnis kommen mehrere DIHK-Umfragen quer durch alle Branchen und Regionen. Eine gemeinsam mit dem Consulting-Unternehmen Sira erarbeitete DIHK-Studie zeigt die Problematik speziell für das Gastgewerbe auf.
Gastgewerbe unter Druck: Was Bürokratiepflichten in der Praxis bedeuten
Zahlreiche Betriebe klagen über zu umfangreiche bürokratische Vorgaben. Und in Corona-Zeiten spüren Unternehmen diese Belastung ganz besonders.
Das hat auch die Politik erkannt: Die derzeitige Bundesregierung hat bereits drei Bürokratieentlastungsgesetze auf den Weg gebracht und das sogenannte "One in, one Out"-Prinzip eingeführt: Kommen durch neue Regelungen an einer Stelle neue Belastungen auf die Unternehmen zu, müssen an anderer Stelle entsprechend viele Vorgaben abgebaut werden.
Doch unterm Strich wächst die Zahl der Vorschriften weiter. Und gerade kleine und mittelgroße Firmen stoßen mit der Vielzahl an Verpflichtungen und Kontrollen an ihre Grenzen.
2,5 Prozent des Umsatzes im Gastgewerbe für Bürokratie
Woran liegt das? Und wie wirken sich bürokratische Vorgaben konkret in der Praxis aus? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, hat der DIHK in einer Studie die Bürokratiebelastung konkret am Beispiel des Gastgewerbes untersucht und gemessen.
Das Ergebnis: Die Fülle von staatlichen Regelungen kostet typische mittelständische Unternehmen einen erheblichen Teil ihrer Rendite und kann sogar existenzgefährdend sein. Bürokratiekosten aufgrund komplizierter Vorgaben und Verpflichtungen machen bei einem typischen, familiengeführten Unternehmen im Gastgewerbe jedes Jahr 2,5 Prozent des Umsatzes aus.
Hohe Belastung schon vor Corona
Laut der Studie leisten die Unternehmen der Branche durchschnittlich 14 zusätzliche Stunden pro Woche, um 100 bis 125 komplexe Vorschriften etwa zur Kassenrichtlinie oder zu Datenschutzgrundverordnung zu erfüllen. Meist fallen diese "Überstunden" persönlich bei den Firmeninhabern an. Sie schätzen den Aufwand bei der Hotelmeldepflicht, bei der Dokumentation von Hygienevorschriften und Allergenkennzeichnung als besonders hoch ein.
Die "One in, one out"-Regel und andere Entlastungsversuche greifen an dieser Stelle nur bedingt. Denn anders als beispielsweise in den Niederlanden oder Belgien existiert keine branchenspezifische Kontrolle oder Beschränkung der Bürokratiebelastungen. Die Folge: In besonders stark regulierten Branchen – wie dem Gastgewerbe – sahen kleine und mittelgroße Unternehmen bereits eine Zunahme der Vorgaben, bevor die Herausforderungen durch die Corona-Bestimmungen hinzukamen.
Dabei akzeptieren sie der Studie zufolge durchaus den Sinn und Zweck einzelner Regelungen. Und vieles, was Gesetze vorschreiben, wird von den Betrieben nicht per se als Bürokratie bewertet: zum Beispiel für Brandschutz und Sicherheit im Betrieb sorgen, schonend mit Ressourcen umgehen, Bücher führen und vieles mehr.
Oft fehlt den Betrieben der Praxisbezug
Dafür braucht es jedoch einen Bezug zu den Geschäftsprozessen. Den vermissen die Firmen bei mehr als der Hälfte der bestehenden Verpflichtungen sehr: Laut Hygienevorschrift müssen Gastro-Unternehmer zum Beispiel die Temperaturen von Kühlschränken täglich per Hand in ein Formular eintragen und ein Jahr aufbewahren – selbst dann, wenn sie über ein automatisches und digitales Mess-System verfügen.
Auch der Brandschutz hat eine hohe Bedeutung für die befragten Unternehmerinnen und Unternehmer, nicht zuletzt geht es um die Sicherheit ihrer Gäste. Jedoch hatte jedes zweite Unternehmen Schwierigkeiten mit dem Umfang und dem Verständnis der auferlegten Maßnahmen. Ähnliches gilt für den E-Check: Alle Elektroanlagen im Betrieb wie Leitungen, Schaltkästen oder elektrische Geräte müssen von einem befugten Elektriker geprüft werden. Dieser Aufwand ist enorm hoch und wird von vielen Befragten als unangemessen für das Erreichen des Ziels der Sicherheit der Anlagen angesehen.
Unklarheiten generieren Kosten
Die Untersuchung zeigt, dass Betriebe oft mehr tun, als gesetzlich vorgeschrieben ist – zum Beispiel beim Datenschutz oder beim Aufbewahren von Unterlagen. Das passiert vor allem dann, wenn unklar ist, wie Vorgaben umzusetzen sind. Häufig stützen Betriebe sich dann auf externe Berater – auch ein zusätzlicher Kostenfaktor.
Der Abbau von bürokratischen Belastungen hat für das Gastgewerbe, aber auch für alle übrigen Branchen eine hohe Bedeutung. In der Praxis ist nicht eine einzelne, grundsätzlich sinnvolle Vorschrift das Problem.
Viele besondere Verfahren und Zusatzpflichten treiben Kosten und zeitlichen Aufwand nach oben. So bleibt Unternehmerinnen und Unternehmern zu wenig Luft, um sich ihrem Kerngeschäft zu widmen. Bürokratieabbau muss deshalb das richtige Maß zwischen sinnvollen Pflichten und unternehmerischen Handlungsspielräumen finden.
Die Ergebnisse der DIHK-Sira-Studie gibt es hier zum Download:
"Wie ist die Bürokratiebelastung für Unternehmen zu bremsen?" (PDF, 2 MB)