Mit rund 50 steuerpolitischen Maßnahmen soll das "Wachstumschancengesetz" die Betriebe entlasten. Die DIHK hat zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft eine ausführliche Stellungnahme zum Referentenentwurf abgegeben.
Wachstumschancengesetz ein wichtiger erster Schritt
Stellungnahme nennt Licht und SchattenIn dem Gesetzentwurf wird eine Reihe von vielversprechenden Maßnahmen angekündigt, mit denen die steuerlichen Rahmenbedingungen des hiesigen Standorts verbessert werden sollen. Das ist im Ansatz richtig und überfällig. Die Maßnahmen umfassen positive Anreize für mehr Investitionen und Innovationen und zielen insgesamt darauf ab, das Wirtschaftswachstum in Deutschland zu stärken. Die Verbände sehen allerdings auch Nachjustierungsbedarf, der in der Stellungnahme ausführlich erläutert wird. DIHK-Präsident Peter Adrian bewertet „das Wachstumschancengesetz – bei unkomplizierter Umsetzung – zumindest [als] ein geeignetes Instrument, um Investitionen der Unternehmen in Energieeffizienz anzuregen.“
Investitionsprämie soll starten, Verlustverrechnung und Thesaurierungsbegünstigung sollen verbessert werden
Die im Referentenentwurf vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere die Investitionsprämie, die Verbesserungen bei der Verlustverrechnung, bei der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung und bei der Thesaurierungsrücklage nach § 34a Einkommensteuergesetz (EStG), die Erhöhung der Grenzen für die Sofortabschreibung bei geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) sowie die Anhebung der Sonderabschreibung im Rahmen des § 7g EStG sind dem Grunde nach zu begrüßen.
Die für die Summe aller Maßnahmen geschätzte jährliche Entlastung für die gesamte deutsche Wirtschaft in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro ist aus Unternehmenssicht ein positives Signal, dem aber noch weitere folgen sollten, um bei den angesprochenen Herausforderungen eine Trendwende zu schaffen. Zu bedenken ist bei dieser Bewertung, dass sich derzeit weitere Gesetze im parlamentarischen Verfahren befinden, die die Unternehmen belasten dürften, wie beispielsweise das Gebäudeenergie- und das Energieeffizienzgesetz.
Zinsschranke und steuerliches Umwandlungsrecht sollen verschärft werden
Leider beinhaltet der Gesetzentwurf auch Verschärfungen. Die Stellungnahme spricht sich insbesondere gegen die vorgesehenen Änderungen der Zinsschranke und des Umwandlungsgesetzes aus. Auch die Mitteilungspflicht für nationale Steuergestaltungen wird angesichts des bei den Unternehmen entstehenden zusätzlichen Compliance-Aufwands kritisch gesehen.
Die positiven Maßnahmen des vorliegenden Entwurfs eines Wachstumschancengesetzes ändern im Übrigen wenig daran, dass Deutschland im internationalen Vergleich noch immer mit die höchste Unternehmensteuerbelastung hat. Eine Reduzierung dieser Belastung hin zu einem im internationalen Vergleich konkurrenzfähigen Niveau gehört weiterhin auf die steuerpolitische Agenda. Das gilt auch für die hohe Belastung mit Energiekosten beziehungsweise konkret für die hohen Strompreise, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen am hiesigen Standort erheblich einschränken.
Vereinfachungen bei der Steuererhebung werden begrüßt
Erfreulich ist, dass im Gesetzentwurf eine Reihe von Vereinfachungen bei der Steuererhebung vorgesehen sind. Die Reduzierung der Erklärungspflichten von Kleinunternehmern oder die Anhebung der Ist-Besteuerungsgrenze sind Schritte in die richtige Richtung. Auch die Anhebung der Grenzen für die Sofortabschreibung bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) und der Beträge bei Poolabschreibungen entlasten die Betriebe von Bürokratie. Diese Maßnahmen sollten allerdings noch konsequenter ausgestaltet werden, damit die angestrebten Investitionsanreize auch in der Breite der Wirtschaft wirken können.
E-Rechnung lässt viele Fragen offen
Die Einführung einer verpflichtenden elektronischen Rechnung (eRechnung) bei B2B-Geschäften, ergänzt um ein Meldesystem an die Finanzbehörden, kann zu einer effizienteren Rechnungsabwicklung führen. Zu dem im Frühjahr dieses Jahres vom Bundesministerium der Finanzen vorgelegten Diskussionsentwurf gab es bereits eine eigene, ausführliche Stellungnahme von Mai 2023, in der die dringend erforderlichen Änderungen angeführt wurden. Artikel 27 des nun vorliegenden Gesetzentwurfs ist zu entnehmen, dass allerdings nur wenige dieser Hinweise aus der Praxis berücksichtigt wurden.
Die Stellungnahme zum Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes führt aus, dass für die Unternehmen die Herstellung einer allgemeinen, verpflichtenden Empfangsbereitschaft von eRechnungen zum Jahresbeginn 2025 nicht darstellbar ist, insbesondere so lange die angekündigte staatliche eRechnungsplattform nicht arbeitsfähig ist. Für eine erfolgreiche Einführung sollte das technische Rahmenwerk für den Rechnungsaustausch und für das Meldesystem mindestens ein Jahr vor Beginn der verpflichtenden Anwendung der eRechnung durch die Verwaltung veröffentlicht werden. Unverständlich ist, warum bewährte Standards zum Austausch von elektronischen Rechnungen spätestens 2028 ohne nachvollziehbaren Grund abgeschafft werden sollen. Durch dieses Vorgehen entstehen bei allen Unternehmen – sei es durch die erstmalige Implementierung oder die Umstellung auf ein anderes System – hohe Aufwendungen, die pro Unternehmen zwei- bis dreistellige Millionenbeträge erreichen können. Um für die Unternehmen einen doppelten Aufwand zu vermeiden, sollte die Einführung der obligatorischen eRechnung zwingend zusammen mit dem geplanten Meldesystem diskutiert werden. Außerdem bedarf es dringend eines Projektmanagements für die technischen Komponenten des Gesetzes.
Der Referentenentwurf befindet sich nun in der weiteren Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Die bisherigen Planungen sehen einen Kabinettsbeschluss noch im August 2023 vor.