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Schiedsgerichtsbarkeit

Schiedsverfahren sind für Unternehmen oft günstiger, risikoärmer und flexibler
Richterhammer und Waage der Gerichtigkeit auf Bürotisch. Im Hintergrund befinden sich Notizbücher.

Die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens kann sich als Alternative zum ordentlichen Rechtsweg anbieten

© Pattanaphong Khuankaew / iStock / Getty Images Plus

Streitigkeiten zwischen Geschäftspartnern sind immer ein Risiko – auch für größere Unternehmen. Weder der eventuell vom Gegner gewählte Gerichtsort noch Dauer und Kosten des Instanzenweges sind immer absehbar. Im Ausland und im internationalen Geschäftsverkehr potenzieren sich diese Risiken. Eine Alternative zur ordentlichen Gerichtsbarkeit ist die Schiedsgerichtsbarkeit.

Im Rahmen eines Schiedsverfahrens werden die Bedarfe der Unternehmen individueller berücksichtigt – ebenso lassen sich Dauer und Kosten eines Verfahrens besser abschätzen. In der Regel werden Schiedsverfahren in einer einzigen Instanz rechtsverbindlich entschieden.

Zu den Unwägbarkeiten des ordentlichen Rechtswegs zählt, dass den Richtern ungeachtet ihres juristischen Sachverstandes oftmals die technische Expertise oder branchenspezifisches Fachwissen fehlt. Hinzu kommt, dass staatliche Gerichtsverfahren öffentlich sind, so gehen im schlimmsten Fall vor Gericht offengelegte Betriebsgeheimnisse an die Konkurrenz, während angebliche Produkt- und Sicherheitsmängel ihren Weg in die Presse finden. Schiedsverfahren sind vertraulich und finden ohne Beteiligung der Öffentlichkeit statt, es sei denn, die Parteien haben explizit etwas anderes vereinbart.

Bei Auslandsgeschäften potenzieren sich häufig die Risiken. Die rechtlichen Kenntnisse der Richter sind in der Regel auf nationale Sachverhalte sowie deren jeweilige nationale Rechtsordnung beschränkt. Hinzu kommt, dass ein Gerichtsurteil von einem ordentlichen Gericht im Ausland beziehungsweise im Inland – wenn überhaupt – oft nur unter Schwierigkeiten vollstreckt werden kann. Schiedssprüche eines Schiedsgerichts sind dagegen auch grenzüberschreitend gut vollstreckbar – Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die jeweils beteiligten Staaten dem sogenannten New Yorker Abkommen von 1958 beigetreten sind. 

Gerichtsverfahren im Ausland: Hohe Kosten – unbekannte Rechtsordnungen

Vor ordentlichen Gerichtsverfahren im Ausland schrecken deutsche Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen zurück. Selbst in einem Rechtsstaat wie den USA lassen hohe Anwaltskosten, exorbitante Schadensersatzsummen, unbekannte Rechtsordnung und Verfahrensvorschriften wie beispielsweise ungewohnte Ausforschungsbeweise einen Prozess als Risiko erscheinen.

In vielen Fällen empfiehlt sich deshalb die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens als Alternative zum ordentlichen Rechtsweg. Ein Schiedsverfahren ähnelt im Ablauf einem staatlichen Gerichtsverfahren. Die Parteien tauschen Schriftsätze aus, können Prozessvertreter bestimmen und es findet in der Regel auch eine mündliche Verhandlung mit der Möglichkeit einer Beweisaufnahme statt. Am Ende des Verfahrens steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der für die Parteien die gleichen Wirkungen entfaltet wie ein Urteil der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Schiedsverfahren: flexibel und sachnah

In der Verfahrensgestaltung sind die Schiedsrichter flexibler und freier als die Richter eines staatlichen Gerichts. Die Parteien selbst haben auch einen stärkeren Einfluss auf das Verfahren. Sie werden an der Auswahl der Schiedsrichter beteiligt, können den Verhandlungsort und die Verfahrenssprache sowie das in der Sache anwendbare materielle Recht als auch weitere im internationalen Handel übliche Bedingungen, welche ergänzend zur Anwendung kommen sollen, einvernehmlich regeln. 

Es empfiehlt sich in den meisten Fällen, bereits vor dem Eintritt eines Streitfalles eine Schiedsvereinbarung zu treffen. So können die Parteien für Rechtsstreitigkeiten aus einem konkreten Vertrags- beziehungsweise Rechtsverhältnis die staatliche Gerichtsbarkeit ausschließen und sich auf eine Entscheidung durch ein Schiedsgericht einigen. Im Rahmen einer solchen Schiedsvereinbarung können die Parteien unter anderem die vorgenannten Parameter des Schiedsverfahrens – wie anwendbare Schiedsordnung, anwendbares materielles Recht auf den Streitgegenstand, Anzahl der Schiedsrichter sowie Schiedsort und Verfahrenssprache festlegen.

Das Wichtigste im Überblick

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sowie die Industrie- und Handelskammern (IHKs) und die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) bieten zahlreiche Beratungsmöglichkeiten und Hilfestellungen zum Thema Schiedsverfahren an. Auf Wunsch helfen sie den Parteien, qualifizierte Anwälte und Schiedsrichter zu finden, oder sie empfehlen eine geeignete Schiedsinstitution. Auch können die Kammern bei Bedarf geeignete Schiedsgutachter oder Mediatoren benennen oder bei der Suche nach ebendiesen unterstützen. 

Mit Gründung des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (SGH) hat die DIHK das Angebot von IHKs und AHKs auf dem Gebiet der alternativen Konfliktlösung erweitert. Mit dem SGH hat die DIHK eine Einrichtung geschaffen, die mit den 79 IHKs und AHKs an über 150 Standorten in 93 Ländern eng zusammenarbeitet und deren regionale Angebote auf dem Gebiet der alternativen Konfliktlösung fördert und ergänzt.

Auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit hält der SGH mit dem SGH-Schiedsverfahren ein eigenes Angebot zur Beilegung nationaler und internationaler Wirtschaftsstreitigkeiten vor. Einen Überblick über die verschiedenen Angebote finden Sie ebenfalls auf der Website des SGH.

Zu unterscheiden sind zwei Arten von Schiedsgerichten:

  • Die sogenannten institutionellen Schiedsgerichte sind mit einer Institution verbunden, häufig einer Industrie- und Handelskammer oder einem Unternehmensverband. Die Institutionen stellen eine Verfahrens- und meistens auch eine Kostenordnung bereit. Zudem unterstützen sie die Parteien bei der Einleitung und während des gesamten Schiedsverfahrens. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer bietet durch den eigens gegründeten Schiedsgerichtshof nunmehr auch eine Anlaufstelle für die Durchführung von Schiedsgerichtsverfahren an. Weitere Informationen zum Angebot des SGH sowie zum SGH-Schiedsverfahren finden Sie auf der Website des SGH.
  • Dagegen findet ein "ad-hoc"-Schiedsverfahren ohne die Unterstützung einer Institution statt. Die Parteien sowie deren Anwälte und die Schiedsrichter führen das Verfahren in Eigenregie. Auch hierbei bestimmen die Parteien die Regeln für das vom Schiedsgericht anzuwendende Verfahren selbst und können beispielweise die Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der DIHK wählen.

Für die Beteiligten eines Schiedsverfahrens gelten bei Vereinbarung deutschen Rechts die §§ 1025 bis 1066 der Zivilprozessordnung. Gleiches gilt, wenn der Ort des schiedsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 1043 Abs. 1 ZPO in Deutschland liegt. Viele dieser Regelungen können aber einvernehmlich abgewählt, abgeändert oder ergänzt werden. Dies kann entweder durch die Schiedsordnung der jeweiligen Institution geschehen, vor deren Schiedsgericht der Fall verhandelt wird, oder durch Vereinbarung der Parteien.

Schiedsgerichte arbeiten nach einem von den Parteien gebilligten Zeitplan. Sie entscheiden abschließend ohne Berufungs- oder Revisionsmöglichkeit. Nur bei schweren Formfehlern oder bei einem Verstoß gegen fundamentale Rechtssätze ("ordre public") können Schiedssprüche von staatlichen Gerichten aufgehoben werden.

Auch wenn Schiedsverfahren oft flexibler und schneller sind als Gerichtsverfahren, brauchen komplexe Fälle Zeit. Schließlich haben die Parteien stets Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht, sich anwaltlich vertreten zu lassen.

Im Rahmen von SGH-Schiedsverfahren sollen mittels eines straffen Fristen- und Verfahrensmanagement Entscheidungen in der Regel innerhalb von zwölf Monaten getroffen werden. Daneben bietet der SGH ein Fast-Track-Verfahren an, das eine Entscheidung innerhalb von nur sechs Monaten ermöglicht.

Meist wird strikte Vertraulichkeit vereinbart, sofern sie nicht schon in den Schiedsordnungen festgeschrieben ist. Anders als beim öffentlichen Gerichtsverfahren können vertrauliche oder rufschädigende Details, Geschäftsgeheimnisse sowie der Schiedsspruch selbst nicht nach außen dringen.

Dies sehen viele Unternehmen als wichtigsten Vorteil der aus kaufmännischer Tradition stammenden Schiedsgerichtsbarkeit. Die Vertraulichkeit erleichtert auch die Fortführung bestehender Geschäftsbeziehungen, zumal Schiedsverfahren ohnehin oft mit einer einvernehmlichen Einigung enden.

Während deutsche Gerichtsurteile außerhalb der EU und der Europäischen Freihandelsassoziation oft nicht vollstreckbar sind (beispielsweise in China und Russland), werden Schiedssprüche in den über 170 Unterzeichnerstaaten des "New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche" von 1958 durch lokale Gerichte für vollstreckbar erklärt.

Die Kosten eines Schiedsverfahrens setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Diese können je nach Art des Verfahrens, der gewählten Schiedsinstitution und der beteiligten Parteien variieren. Die Hauptkostenkomponenten sind in der Regel:

  1. Gebühren der Schiedsrichter: Dies sind die Honorare, die den Schiedsrichtern für ihre Arbeit gezahlt werden. 
  2. Verfahrenskosten: Dazu gehören die Gebühren für die Verwaltung des Verfahrens, die oft von der Schiedsinstitution festgelegt werden. Diese Kosten können auch die Gebühren für die Einreichung der Klage, die Verwaltung des Verfahren und andere administrative Kosten umfassen.
  3. Anwaltskosten: Die Parteien müssen in der Regel ihre eigenen Anwaltskosten tragen. Diese können je nach Komplexität des Falls, dem Arbeitsaufwand und den vereinbarten Honorarsätzen variieren.
  4. Kosten für Sachverständige und Gutachter: In vielen Fällen benötigen die Parteien Sachverständige oder Gutachter, um technische oder spezialisierte Fragen zu klären. 

Die voraussichtlichen Kosten eines SGH-Schiedsverfahrens können Sie mit dem Kostenrechner des SGH ermitteln.

Die Wahl von Schiedsinstitution, Schiedsrichtern und Schiedsort ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit und verdient deshalb größte Sorgfalt. Reputation der Institution, fachliche Spezialisierung und Kosten sind wichtige Kriterien.

Aus Kostengründen empfiehlt sich oft ein Einzelschiedsrichter – es sei denn, Streitwert oder Komplexität des Verfahrens sind besonders hoch. Dann sollte ein mehrköpfiges – in der Regel dreiköpfiges – Schiedsrichtergremium gewählt werden.

Wichtig ist, die Qualifikation der Schiedsrichter im Vorfeld genau festzulegen, um zu einem für die beteiligten Parteien akzeptablen und gerechten Schiedsspruch zu gelangen. So kann es etwa angezeigt sein, einen Schiedsrichter auszuwählen, der einer bestimmten Berufsgruppe angehört, in einer bestimmten Branche tätig ist oder speziell bei internationalen Problemkreisen die erforderlichen Sprach- und interkulturellen Kompetenzen mitbringt.

Ein Schiedsgericht kann nur dann rechtswirksam tätig werden, wenn seine Zuständigkeit von den Parteien vereinbart wurde. Dies sollte schon bei Vertragsschluss geschehen, da im Streitfall die Einigung auf eine Schiedsinstitution oder auf ein "ad hoc"-Verfahren schwierig ist.

Die Parteien nehmen dazu entsprechende Schiedsklauseln in ihre Verträge auf. Solche Klauseln sind jedoch oftmals mit Mängeln behaftet – etwa, weil aus ihnen nicht hinreichend klar wird, welche Schiedsordnung anwendbar beziehungsweise welche Schiedsinstitution zuständig sein soll.

Daher ist es dringend zu empfehlen, die Musterklauseln einer anerkannten Schiedsinstitution zu verwenden. Die meisten Institutionen stellen auf ihren Internetseiten Musterklauseln zur Verfügung.

Zur Vereinbarung eines SGH-Schiedsverfahrens können Sie eine der folgenden Musterklauseln verwenden. Sie können die Klauseln mit den unten genannten optionalen Regelungen ergänzen. Wir empfehlen die Klauseln im Übrigen nicht zu verändern.

Schiedsgerichtsklausel:

"Alle Streitigkeiten, die sich aus oder in Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer endgültig entschieden."

Mediations- und Schiedsgerichtsklausel:

"Die Parteien verpflichten sich, im Falle einer sich aus dem vorliegenden Vertrag oder über seine Gültigkeit ergebenden oder sich darauf beziehenden Streitigkeit zunächst eine Mediation nach den Bestimmungen der Industrie- und Handelskammer… [bitte gewünschte IHK angeben, die Mediation anbietet] durchzuführen.

Sollten die Parteien innerhalb von sechs Wochen nach Einleitung des Mediationsverfahrens keine Einigung erzielt haben, kann jede Partei eine Schiedsklage nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer erheben. Über alle noch verbleibenden Streitigkeiten, wird dann unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer endgültig entschieden."

Optionale Ergänzungen für beide Klauseln: 

"Die Administrierung des Schiedsverfahrens erfolgt durch … [bitte IHK oder AHK aus Anlage 4 der Schiedsregeln des SGH angeben]."

"Der Schiedsort ist … [bitte gewünschten Ort angeben]."

"Die Anzahl der Schiedsrichter beträgt … " [bitte 1 oder 3 angeben]

"Die Regelungen des 'Fast-Track-Schiedsverfahrens' gemäß § 20 der Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer sind anwendbar."

"Das in der Sache anwendbare Recht ist das Recht des Landes … " [bitte gewünschte Rechtsordnung angeben]

"Vertragsstrafe bei Verletzung der Vertraulichkeit: ... € " [ bitte den von den Parteien als angemessen erachteten Betrag einsetzen]

"Verfahrenssprache vor dem Schiedsgericht ist … " [bitte Deutsch oder Englisch angeben]

Die wichtigsten außergerichtlichen Alternativen zum Schiedsverfahren sind die Einholung eines Schiedsgutachtens oder die Durchführung eines Mediationsverfahrens:

  • Sofern die Parteien nur über die Feststellung tatsächlicher Sachverhalte streiten, bietet sich die Einholung eines Schiedsgutachtens an. Die Parteien erhalten so eine verbindliche Klärung der Streitfrage, die später auch vor Gerichten grundsätzlich nicht mehr angegriffen werden kann.
  • Bei der Mediation erarbeiten die Parteien – anders als beim Schiedsverfahren – selbstständig und eigenverantwortlich die Lösung ihres Konfliktes. Sie werden dabei von einem Mediator unterstützt, der als neutraler Dritter auftritt. Die Entscheidungsgewalt liegt dabei einzig bei den beteiligten Parteien. Im Gegensatz zum Schiedsrichter hat der Mediator also weder Zwangs- noch Entscheidungsgewalt.

Nutzen Sie den Konfliktnavigator und finden heraus, welches Verfahren der alternativen Streitbeilegung für Ihre Bedürfnisse geeignet ist, um Ihre Konflikte zu lösen. Der Konfliktnavigator unterstützt Sie dabei, das für Sie passende Streitbeilegungsverfahren zu finden.

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Porträtbild Dr. Christian Groß, Referatsleiter Zivilrecht | Justiziariat | Schiedsgerichtbarkeit | Wirtschaftsmediation
Dr. Christian Groß Referatsleiter Zivilrecht & Justiziariat, Schiedsgerichtsbarkeit & Wirtschaftsmediation | Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)

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Porträtfoto Jennifer Evers
Jennifer Evers Referatsleiterin Alternative Konfliktlösung (Schiedsgerichtshof), Recht der digitalen Wirtschaft und Legal Tech