Helena Riedel (25) hat das getan, worüber wohl viele Studenten nachdenken, was sie sich aber am Ende doch oft nicht trauen: Sie hat ihr Studium (hier: der Betriebswirtschaftslehre) abgebrochen und sich für eine Ausbildung entschieden. Vor einigen Monaten hatte sie ihre Lehre zur Industriekauffrau erfolgreich abgeschlossen. Heute arbeitet sie in der Kreditorenbuchhaltung bei Rohde & Schwarz in München.
"Da lief es gar nicht mehr"
Interview mit "Spurwechslerin" Helena RiedelWie es dazu kam, schildert sie im Folgenden:
Wann haben Sie gemerkt, dass Ihr BWL-Studium doch nichts für Sie ist?
Eigentlich schon im ersten Semester. Das, was ich dort gelernt habe, hat mich thematisch zwar interessiert. Aber es war mir einfach zu theoretisch. Ich hatte unmittelbar nach dem Abitur schon ein Jahr gearbeitet, und im Studium habe ich dann den Praxisbezug vermisst.
Warum haben Sie sich nach dem Abitur überhaupt zu einem Studium entschlossen?
Ehrlich gesagt, war ich mir lange Zeit nicht sicher, was ich nach der Schule machen will. Auch deshalb das eine Jahr Arbeiten. Aber irgendwann hat sich bei mir die Überlegung durchgesetzt: Jetzt habe ich Abi, dann studiere ich auch.
Wenn Sie sich schon im ersten Semester unwohl gefühlt hatten – wann war der endgültige Schlusspunkt erreicht?
Im dritten Semester. Da lief es gar nicht mehr, da war die Motivation komplett weg. Und da habe ich mich umso mehr daran erinnert, wie schön es war, zu arbeiten. Dann habe ich mich bei mehreren Unternehmen beworben, darunter bei Rohde & Schwarz, weil ich dort vorher schon gearbeitet hatte, unter anderem als Werkstudentin. Dann hatte ich schnell ein Bewerbungsgespräch – und von diesem Punkt an lief alles total gut.
War der Studienabbruch ein großes Thema beim Bewerbungsgespräch?
Natürlich kam die Frage nach dem Warum. Aber wir haben nicht lange drüber gesprochen.
Und, waren Sie während der Ausbildung dann zufriedener?
Auf jeden Fall. Ich war einfach motivierter als während des Studiums. Und weil ich während des Studiums doch schon einiges in BWL gelernt hatte, fiel mir manches sowohl in der Praxis als auch in der Berufsschule auch recht leicht. Ich habe während der Ausbildung an vielen Stellen gemerkt: Ach, dafür braucht man das, was du während des Studiums gelernt hast.
Viele Abiturienten studieren auch deshalb, um als Akademiker irgendwann mehr Geld zu verdienen …
Nein. Mir ging es erst mal darum, dass ich etwas machen kann, was mir Spaß macht.
Dieses Interview erschien erstmals im IHK-Berufsbildungsmagazin "Position" III/2021. Über den Bezug können Sie sich unter www.ihk-position.de/magazin informieren.