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Fachkräftesicherung ohne Weiterbildung – geht nicht

Ergebnisse aus der Umfrage von Frühsommer 2024
Personen sitzen in einem Klassenraum und eine Frau steht an der Tafel

Wichtig, aber nicht immer einfach: Die Unternehmen qualifizieren ihre Belegschaften oft unter schwierigen Umständen

© Maskot / Maskot / Getty Images

Die berufliche Weiterbildung ist für die Fachkräftesicherung von enormer Bedeutung; vielfach stehen die Betriebe bei der Qualifizierung ihrer Beschäftigten jedoch vor einigen Herausforderungen. Nach den größten fragt die DIHK traditionell im Rahmen ihrer Ausbildungsumfrage. Die 2024er-Ergebnisse ähneln denen der Vorjahre.

Bei der jüngsten Erhebung vom Frühsommer 2024 zeigte sich, dass lediglich ein Drittel der Unternehmen (33 Prozent) aktuell keine besondere Herausforderung bei der beruflichen Weiterbildung wahrnimmt. In den Bereichen Banken und Versicherung sowie im Immobiliensektor aber kommen immerhin 56 beziehungsweise 48 Prozent der Betriebe problemlos mit dem Thema zurecht.

Arbeitslast und mangelnder Überblick seltener eine Hürde

Nur noch ein Fünftel gibt an, aufgrund der guten Auftragslage keine Weiterbildung mehr angehen zu können. Ein Jahr zuvor war es noch ein Viertel. Hier spielen die in vielen Betrieben angespannte Personaldecke und der Fachkräftemangel eine entscheidende Rolle. Vor allem die Veranstaltungswirtschaft (37 Prozent), das Baugewerbe und die IT-Dienstleister (je 32 Prozent) sowie das Gastgewerbe (28 Prozent) nennen das Arbeitspensum als Hinderungsgrund, ihr Weiterbildungsengagement noch weiter auszubauen beziehungsweise auf dem bisherigen Niveau fortzuführen. Weniger betroffen zeigen sich Banken und Versicherer (8 Prozent).

Jedes fünfte Unternehmen (18,5 Prozent) hat Probleme, die für sich geeigneten Weiterbildungsangebote zu identifizieren. Im Umkehrschluss stellt es für mehr als 80 Prozent der Befragten – bei den Banken/Versicherung sind es sogar 92 Prozent – keine nennenswerte Schwierigkeit dar, auf dem vielfältigen Weiterbildungsmarkt passende Qualifizierungen für ihre Beschäftigten zu finden.

Motivation der Belegschaft gegeben

Dass ihre Mitarbeitenden nicht ausreichend motiviert seien, sich beruflich weiterzubilden, beklagen lediglich 26 Prozent aller Unternehmen. In kleinen Betrieben spielt dieser Faktor häufiger eine Rolle als in größeren und Großunternehmen (19 Prozent). Zusätzlich fällt es in kleineren Firmen erfahrungsgemäß schwerer, für eine anstehende berufliche Weiterbildung die Arbeitslast auf mehrere Schultern zu verteilen.

Die Umfrage zeigt im Umkehrschluss jedoch auch, dass immerhin vier von fünf Betrieben auf die Teilnahmebereitschaft und Motivation ihrer Beschäftigten bauen können. Hierbei gibt es Varianten ja nach Branche: Nur jedes zehnte Unternehmen der Immobilienwirtschaft klagt über mangelnde Motivation (11 Prozent).

Als weiteres Hemmnis für Weiterbildungsaktivitäten nennen die Umfrageteilnehmer in den freien Antworten eine mangelnde Grundbildung – vor allem mit Blick auf Sprach- und Schriftfertigkeiten. Dies könnte eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitenden per se von klassischen Weiterbildungsangeboten ausschließen.

Finanzierung vor allem für kleine Betriebe nicht leicht

Jeder sechste Betrieb führt finanzielle Schwierigkeiten bei der Qualifizierung der Belegschaft an (14 Prozent) – gleichzeitig sind aber aus Sicht von 18 Prozent der Befragten Förderangebote wie etwa die Programme der Arbeitsagenturen zu kompliziert und damit schwer nutzbar.

Überdurchschnittlich von Finanzierungsschwierigkeiten betroffen sind der Gesundheitssektor (20 Prozent), die Gastronomie (21 Prozent) und die Veranstaltungswirtschaft (21 Prozent) – was eine Langzeitfolge der Corona-Pandemie sein könnte. Banken (3 Prozent), Baugewerbe (9 Prozent), Immobilienwirtschaft (9 Prozent) und Verkehr (12 Prozent) zeigen sich dagegen bei der Finanzierung ihrer Weiterbildungsprojekte vergleichsweise gut aufgestellt.

Neben der Branche spielt auch die Unternehmensgröße eine erhebliche Rolle: Während 22 Prozent der Kleinstbetriebe Schwierigkeiten haben, die Mittel für ihre Weiterbildungsangebote aufzubringen, gilt das bei Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten lediglich für 11 Prozent.

Probleme bei der Nutzung von Förderangeboten der Arbeitsagenturen haben besonders häufig Betriebe aus dem Verkehr (22 Prozent), dem Gastgewerbe (23 Prozent) und der Veranstaltungsbranche (24 Prozent). Dabei liegen die Schwierigkeiten nicht nur in der Komplexität der Verfahren: Gerade für kleinere Betriebe erweisen sich Kriterien wie Mindest-Gruppengrößen oder der Ausschluss innerbetrieblicher Maßnahmen als strukturelle Hürden.

Weiterbildung für Transformation zaghaft

Insgesamt 5 Prozent der Unternehmen geben an, dass sich eine Weiterbildung wegen des Umbruches des eigenen Geschäftsmodells nicht lohne beziehungsweise schwer zu organisieren sei. Unverändert 7 Prozent der Betriebe wissen nicht genau, in welche Richtung sie ihre Beschäftigten qualifizieren sollen. Diese Herausforderung dürfte sich jedoch angesichts der Unwägbarkeiten, die mit den verschiedenen Transformationsprozessen verknüpft sind, künftig verstärken.

Indes können Betriebe bei der Transformation schon zu 90 Prozent auf die Nutzung eigener digitaler Möglichkeiten bei der Weiterbildung zurückgreifen. Größere Nachholbedarfe bestehen hier nur noch im Gesundheitssektor und der Industrie.

In den über 450 offenen Antworten nennen die Unternehmen auch die Unsicherheit darüber, welche konkreten Themen der Weiterbildung die Zukunftsfähigkeit des eigenen Betriebs unterstützen. Das spiegelt, wie unklar vielfach noch ist, welche "Future Skills" entscheidend sein werden.

Eine weitere Erkenntnis aus der Umfrage: Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels tun sich die Betriebe schwer, Freistellungen zu ermöglichen. Das wirkt sich wiederum ungünstig auf die Optionen aus, den eigenen Personalbedarf durch Qualifizierung zu decken.  

Und die strukturellen Herausforderungen bleiben. Dazu zählen die ständige Sorge, dass Mitarbeitende nach einer erfolgreichen Weiterbildung das Unternehmen verlassen, die Konzentration der Weiterbildungsbereitschaft bei den eher Jüngeren bei gleichzeitiger Zurückhaltung genau derjenigen Beschäftigten mit dem größten Bedarf oder die mit einer Qualifizierung meist verbundene höhere Lohnerwartung.

Kontakt

Porträtbild Dr. Knut Diekmann, Referatsleiter Grundsatzfragen der Weiterbildung
Dr. Knut Diekmann Referatsleiter Grundsatzfragen der Weiterbildung