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Fachkräftemangel erfordert – und behindert – Weiterbildung

Ergebnisse aus der Umfrage von Frühsommer 2023
Personen sitzen in einem Klassenraum und eine Frau steht an der Tafel

Wichtig, aber nicht immer einfach: Die Unternehmen qualifizieren ihre Belegschaften oft unter schwierigen Umständen

© Maskot / Maskot / Getty Images

Die berufliche Weiterbildung ist für die Fachkräftesicherung von enormer Bedeutung; vielfach stehen die Betriebe bei der Qualifizierung ihrer Beschäftigten jedoch vor einigen Herausforderungen. Nach den größten fragt die DIHK traditionell im Rahmen ihrer Ausbildungsumfrage.

Bei der aktuellen Erhebung vom Frühsommer 2023 zeigte sich, dass lediglich ein knappes Drittel der Unternehmen (30 Prozent) aktuell keine besondere Herausforderung bei der beruflichen Weiterbildung wahrnimmt. In den Bereichen Banken und Versicherung sowie im Immobiliensektor kommen immerhin 56 beziehungsweise 48 Prozent der Betriebe problemlos mit dem Thema zurecht.

Grafik_Ausbildungsumfrage

© DIHK


Zu viel Tagesgeschäft, zu wenig Überblick

Einer der Gründe dafür, die eigene Belegschaft nicht ausreichend zu qualifizieren, ist nur auf den ersten Blick erfreulich: Jedes vierte Unternehmen (25 Prozent) gibt an, die derzeit gute Auftragslage lasse zu wenig Zeit für Weiterbildung. Hier spielen die in vielen Betrieben angespannte Personaldecke und der Fachkräftemangel eine entscheidende Rolle. Vor allem das Gastgewerbe (38 Prozent), die Veranstaltungswirtschaft (36 Prozent) sowie Baugewerbe und IT-Dienstleister (je 32 Prozent) werden vom Arbeitspensum daran gehindert, ihr Weiterbildungsengagement noch weiter auszubauen beziehungsweise auf dem bisherigen Niveau fortzuführen. Weniger betroffen zeigen sich Banken und Versicherer (8 Prozent).

Jedes fünfte Unternehmen berichtet von Schwierigkeiten, geeignete Weiterbildungsangebote zu identifizieren. Im Umkehrschluss haben 80 Prozent der Befragten – bei den Banken/Versicherung sind es sogar 90 Prozent – keine nennenswerten Probleme, auf dem vielfältigen Weiterbildungsmarkt passende Qualifizierungen für ihre Beschäftigten zu finden.

Motivation der Belegschaft essenziell

Dass ihre Beschäftigten nicht ausreichend motiviert seien, sich beruflich weiterzubilden, beklagen 23 Prozent aller Unternehmen. In kleinen Betrieben spielt dieser Faktor häufiger eine Rolle als in größeren und Großunternehmen.

Zusätzlich fällt es in kleineren Firmen erfahrungsgemäß schwerer, für eine anstehende berufliche Weiterbildung die Arbeitslast auf mehrere Schultern zu verteilen.

Die Umfrage zeigt im Umkehrschluss jedoch auch, dass immerhin vier von fünf Betrieben auf die Teilnahmebereitschaft und Motivation ihrer Beschäftigten bauen können. Noch geringere Probleme mit der Weiterbildungsmotivation ihrer Mitarbeiter hat beispielsweise die Immobilienwirtschaft (11 Prozent).

Als weiteres Hemmnis für Weiterbildungsaktivitäten nennen die Unternehmen in den freien Antworten eine mangelnde Grundbildung – vor allem mit Blick auf Sprach- und Schriftfertigkeiten. Dies könnte eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitenden per se von klassischen Weiterbildungsangeboten ausschließen.

Finanzierung vor allem für kleine Betriebe problematisch

Dass ihnen finanzielle Mittel für die Qualifizierung der Belegschaft fehlten, geben 12 Prozent der Betriebe zu Protokoll – gleichzeitig sind aus Sicht von 18 Prozent der Befragten Förderangebote wie etwa die Programme der Arbeitsagenturen zu kompliziert und damit schwer nutzbar.

Überdurchschnittlich von Finanzierungsschwierigkeiten betroffen sind die Gastronomie (18 Prozent), die Gesundheits- (20 Prozent) und die Veranstaltungswirtschaft (25 Prozent) – angesichts der besonderen Betroffenheit durch die Corona-Pandemie ein nachvollziehbares Ergebnis. Banken (5 Prozent) und Baugewerbe (8 Prozent), aber auch Verkehr (8 Prozent) und Immobilienwirtschaft (9 Prozent) zeigen sich dagegen bei der Finanzierung ihrer Weiterbildungsprojekte vergleichsweise gut aufgestellt.

Und auch die Unternehmensgröße spielt eine erhebliche Rolle: Während 22 Prozent der Kleinstbetriebe Schwierigkeiten haben, ihre Weiterbildungsangebote zu finanzieren, gilt das bei Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten lediglich für 9 Prozent.

Probleme bei der Nutzung von Förderangeboten der Arbeitsagenturen haben besonders häufig Betriebe aus dem Gastgewerbe (23 Prozent) und unternehmensorientierte Dienstleister (24 Prozent). Dabei liegen die Schwierigkeiten nicht nur in der Komplexität der Verfahren: Gerade für kleinere Betriebe erweisen sich Kriterien wie Mindest-Gruppengrößen oder der Ausschluss innerbetrieblicher Maßnahmen als Hürden.

Weiterbildung muss Transformation abbilden

Insgesamt 6 Prozent der Unternehmen geben an, dass sich eine Weiterbildung wegen des Umbruches des eigenen betrieblichen Geschäftsmodells nicht lohne beziehungsweise schwer zu organisieren sei. Analog wissen 7 Prozent nicht genau, in welche Richtung sie ihre Beschäftigten qualifizieren sollen. Dies könnten schon Vorboten der mittel- und langfristigen Veränderungen sein, die perspektivisch auf viele Betriebe zukommen.

Während Gastronomie (4 Prozent) oder Veranstaltungswirtschaft (6 Prozent) pandemiebedingt schon Transformationsprozesse durchschritten haben, deuten sich erhebliche Änderungen insbesondere in Sektoren an, in denen die Digitalisierung rasch voranschreitet – etwa in den Medien (13 Prozent) und bei den unternehmensorientierten Dienstleistungen (21 Prozent).

Die Erwartungen an substanziell veränderte Geschäftsmodelle stellen die berufliche Weiterbildung vor die Herausforderung, rasch auf die aktuellen Fortbildungswünsche der Unternehmen und von deren Beschäftigten zu reagieren. So bedauern in den freien Antworten auch viele Unternehmen, dass sich die Weiterbildungsbedarfe immer stärker individualisieren.

Der Fachkräftemangel ist ein zusätzliches Hemmnis, schließlich werden die vielfach dünnen Personaldecken durch Weiterbildung noch weiter strapaziert. Darüber hinaus nehmen die Betriebe auch wahr, dass Weiterbildung für die eigene Laufbahn den Trend zum Arbeitgeberwechsel forciert.

Kontakt

Porträtbild Dr. Knut Diekmann, Referatsleiter Grundsatzfragen der Weiterbildung
Dr. Knut Diekmann Referatsleiter Grundsatzfragen der Weiterbildung