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EU: Peter Adrian plädiert für einen mutigen Aufbruch

Offener Brief des DIHK-Präsidenten anlässlich der Europawahl 2024

Mehr Luft zum Atmen und weniger Bürokratie wünschen sich die Unternehmen von der EU

© 8213erika / Creative / Getty Images

Globale Wettbewerbsfähigkeit statt zu engen Zielvorgaben. Digitalisierung, Schnelligkeit und Innovation statt bürokratischen Bremsen. DIHK-Präsident Peter Adrian appelliert in einem offenen Brief die Europäische Union für einen mutigen Neuanfang.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wer hat sich nicht schon über Europa geärgert? Selbst mir als überzeugtem Europäer kommt es manchmal so vor – besonders wenn ich gerade aus Brüssel komme –, dass ich an Europa verzweifle.

DIHK-Präsident Peter Adrian

Peter Adrian

© DIHK / Werner Schuering

Haben Sie aber schon mal überlegt, wie es wäre, wenn Europa plötzlich weg wäre? Ein Blick nach Großbritannien zeigt, wie groß doch die Ernüchterung ist. Trotz des Frustes hier und da – ich bin davon überzeugt: Es gibt für uns keine bessere Alternative als Europa! Deshalb gibt es nur den Blick nach vorn: die Europäische Union besser und schlanker machen, mehr Wettbewerb zulassen, den Mittelstand stärker berücksichtigen.

Zur Wahrheit gehört nämlich genauso: In den Unternehmen ist Europa sehr konkret spürbar – und zwar durch eine Regulierungsflut, die immer neue und zusätzliche Vorgaben und Dokumentationspflichten über die Unternehmen spült. „One-In-One-Out“? Davon ist nichts zu spüren. Auf eine wegfallende EU-Regelung kommen inzwischen mehr als drei neue. Und das kostet: Bürokratie – gemacht auf allen Verwaltungsebenen – belastet die deutsche Wirtschaft laut Berechnungen des Nationalen Normenkontrollrates jedes Jahr mit etwa 65 Milliarden Euro.

Die Weiterentwicklung des Binnenmarktes stockt, wichtige internationale Handelsabkommen liegen auf Eis, und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas ist im Sinkflug begriffen. Es gibt genug Konkretes, das angepackt werden müsste. Stattdessen werden mehr und mehr Obergrenzen, Vorgaben, Verbote, Zielmarken in Brüssel und Straßburg entwickelt – und dann auch noch in deutscher Gründlichkeitsmanier bei uns vor Ort durch zusätzliche Regelungen, Berichts- und Nachweispflichten weiter verkompliziert.

Europa und die Europäische Union sind nicht abstrakt. Im Gegenteil: Wir spüren sie jeden Tag in unserem betrieblichen Alltag, auf die gute wie auch auf die zeitraubende Weise. Und gerade deswegen ist es so wichtig, dass wir als Wirtschaft unsere Stimme erheben – und sagen, worauf es aus unserer Sicht ankommt.

Was das ist? Wir brauchen einen mutigen Aufbruch statt kleinteiliger Vorschriften. Globale Wettbewerbsfähigkeit statt zu engen Zielvorgaben. Und Digitalisierung, Schnelligkeit und Innovation statt bürokratischen Bremsen.

Es ist und bleibt bei aller berechtigten Kritik wahr: Europa ist die Lösung für eine gute Zukunft in der sich ändernden Welt. Aber nicht das Europa der Bürokraten, der Zweifler und der Bremser – sondern das Europa der Macher, der Unternehmer und der Neugierigen.

Aktuell ist die Welt wie aus den Fugen geraten. Es wird immer schwerer – das sehen wir auch in der deutschen Politik –, gemeinsame Entscheidungen zu treffen, gute Kompromisse zu finden und sich an Verabredungen zu halten. Da ist es schon fast ein Wunder, wie gut Europa am Ende doch funktioniert!

Ihr

Peter Adrian

DIHK-Präsident

Kontakt

Zwick, Sandra
Sandra Zwick Referatsleiterin Europapolitik, EU-Finanzierungsinstrumente, EU-Außenwirtschaftsförderung