Von Nagold in Baden-Württemberg aus in die Welt: Dieses Gefühl kennt Sibylle Thierer. Schließlich steht sie einem Unternehmen vor, das in über 150 Ländern aktiv ist. Nun wird sie deutsche Vizepräsidentin von Eurochambres in Brüssel.
"Europa ist mir ein Herzensanliegen"
Eurochambres-Vizepräsidentin Sibylle Thierer im PorträtSitzen Sie bequem, während Sie diese Zeilen lesen? Vielleicht auf einem Schreibtischstuhl oder auf dem Sofa im heimischen Wohnzimmer? Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit profitieren Sie dabei von einem Produkt der Firma Häfele. Die Bestandteile, die der Weltmarktführer aus dem Nordschwarzwald fertigt, stecken in Millionen, vielleicht sogar Milliarden Möbelstücken weltweit. Die Produktion und der Vertrieb von Möbelbeschlägen, Baubeschlägen und elektronischen Schließsystemen ist das Kerngeschäft der Häfele Gruppe mit etwa 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Umsatz von insgesamt 1,7 Milliarden Euro.
Familienunternehmerin, IHK-Vizepräsidentin ...
Sibylle Thierer führt das Familienunternehmen in dritter Generation. Seit 20 Jahren lenkt die gelernte Schreinerin und studierte Diplom-Exportwirtin von Nagold aus die Geschäfte des innovativen Spezialisten. Anfang 2023 gibt sie die Geschäftsführung ab. Sie hat viel geschafft – und noch viel vor. Denn ab sofort wird die Vizepräsidentin der IHK Nordschwarzwald die deutschen Unternehmen in Brüssel vertreten: als ehrenamtliches Mitglied des Eurochambres-Präsidiums.
Der Dachverband der europäischen Industrie- und Handelskammern repräsentiert mehr als 20 Millionen Betriebe in mehr als 40 Ländern. Er fungiert als Fürsprecher der Unternehmensinteressen auf europäischer Ebene und koordiniert die gemeinsame Interessenvertretung der nationalen Kammerorganisationen.
... und begeisterte Europäerin
Auch aufgrund ihrer langjährigen unternehmerischen Tätigkeit in Deutschland, Europa und der Welt ist Sibylle Thierer begeisterte Europäerin: "Europa ist mir ein Herzensanliegen. Wir haben schon viel erreicht, blicken wir etwa auf den Binnenmarkt oder auf die Ausgestaltung des europäischen Wirtschaftsraumes. Diese Errungenschaften nutzen wir in unserem Unternehmen täglich. Ich möchte dabei mitarbeiten, dass auch weiterhin erfolgreiches Wirtschaften über Landesgrenzen hinweg möglich ist."
Auch in Berlin ist die Vorfreude groß. Die deutsche Vizepräsidentschaft liege mit dieser Berufung in guten Händen. Martin Wansleben, DIHK-Hauptgeschäftsführer: "Wir sind froh, dass wir mit Sibylle Thierer eine sehr engagierte Persönlichkeit gewinnen konnten, die für das steht, was die Hidden Champions der deutschen Wirtschaft ausmacht: regional tief verwurzelt und zugleich als internationales Familienunternehmen sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch in die Welt stark vernetzt. Wer einen solchen Betrieb führt, weiß, worauf es wirklich ankommt."
Politik muss die Rahmenbedingungen fürs Wirtschaften verbessern
Was sie sich für ihre neue Aufgabe in Brüssel vorgenommen hat? "Viele Unternehmen kämpfen mit unterbrochenen Lieferketten und hohen Energiepreisen. Auch durch den Fachkräftemangel und den nach wie vor viel zu hohen bürokratischen Auflagen geraten die Betriebe zusehends unter Druck. Die Politik muss die Rahmenbedingungen fürs Wirtschaften verbessern, gerade in der Krise und gerade für kleine und mittlere Unternehmen." Was Sibylle Thierer dabei helfen wird, ist, dass sie viele Probleme aus dem unternehmerischen Alltag aus eigenem Erleben kennt.
Unterschiedliche Positionen wahrnehmen, bei Konflikten den Überblick behalten, am Ende aber entschlossen für die eigenen Interessen eintreten: Vieles von dem, was für die Führung eines großen Unternehmens gebraucht wird, kann auch an den Verhandlungstischen der Brüsseler Institutionen nicht schaden. Denn das ist nun der Job von Sibylle Thierer, der neuen Vizepräsidentin von Eurochambres: der deutschen Wirtschaft in Europa eine starke Stimme geben.