Einen Tag vor der russischen Invasion in der Ukraine, am 23. Februar, hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Regelung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette vorgelegt. Angesichts der enormen aktuellen Belastungen der Unternehmen fordert der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in seiner Stellungnahme eine grundsätzliche Überprüfung sowie umfassende Nachbesserungen der geplanten Pflichten.
EU-Lieferkettengesetz: DIHK sieht dringenden Nachbesserungsbedarf
Mittelstand entlasten und mehr Rechtssicherheit schaffenDer Kommissionsentwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz geht weit über das deutsche Pendant hinaus. So sollen bereits Unternehmen ab 500 Beschäftigten und 150 Millionen Euro Jahresumsatz in die Pflicht genommen werden, entlang der Wertschöpfungskette menschenrechts- und umweltbezogene Risiken zu identifizieren – also weit außerhalb des Verantwortungsbereichs im eigenen Betrieb. In einer ganzen Reihe von Branchen gilt dies auch für noch kleinere Unternehmen.
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier warnt vor einer Überlastung und Überforderung der Betriebe: "Für deutsche Unternehmen ist die Achtung der Menschenrechte ein wichtiges Anliegen", stellt er klar. "Der Richtlinienentwurf überschätzt aber den unternehmerischen Einfluss und setzt Lieferketten weiter enorm unter Druck."
Zusätzliche Hürden bei der Bewältigung von Lieferausfällen
Der Vorschlag der Kommission muss vom Europäischen Parlament und vom Ministerrat gemeinsam angenommen werden, bevor er EU-Gesetz wird. Vor dem Hintergrund der stark veränderten Rahmenbedingungen und der Belastungen von historischem Ausmaß sollten die Pläne der EU nach Auffassung des DIHK-Außenwirtschaftschefs einer grundsätzlichen Überprüfung unterzogen werden.
Denn die geplanten Pflichten brächten Firmen in ein Dilemma, so Treier: "Um Verträge trotz Krieg und Pandemie einhalten zu können, müssen Unternehmen aktuell ihre Lieferketten weiter diversifizieren und Lieferausfälle in einzelnen Ländern durch den Aufbau von Geschäftsbeziehungen in möglichst vielen anderen Ländern kompensieren. Der geplante Katalog von 22 Menschenrechtskonventionen und 7 Umweltkonventionen erschwert es jedoch in vielen Ländern, sich rechtssicher und mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu engagieren." Ein Rückzug, gerade aus Entwicklungs- und Schwellenländern, sei aber "weder im Sinne der Unternehmen noch des Gesetzgebers".
Leitlinien für Entlastung
Vor diesem Hintergrund fordert der DIHK eine Richtlinie, die dem Think-Small-First-Prinzip der EU gerecht wird, und schlägt folgende Leitlinien vor, die insbesondere den Mittelstand entlasten würden:
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Details finden Sie auch in der
DIHK-Stellungnahme zum EU-Lieferkettengesetz (PDF, 257 KB)