Die Niederlande haben in Europa traditionell den Ruf eines fiskalpolitisch disziplinierten Landes, das sich aktiv für die Einhaltung der Regeln des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts einsetzt. Die Niederlande achten auf eine niedrige Verschuldung und ein moderates Haushaltsdefizit. So lag die niederländische Staatsverschuldung bis zum wirtschaftlichen Schock durch die COVID-19-Pandemie stets deutlich unter der von der EU vorgeschriebenen Grenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach dem Anstieg der Verschuldung durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie setzt die niederländische Regierung nun darauf, die Verschuldung wieder zu senken. Das gilt auch für das jährliche Haushaltsdefizit.
Haushaltsdefizit ähnlich hoch wie in Deutschland
Für 2025 haben die Niederlande einen Etat verabschiedet, der ein Haushaltsdefizit von 2,5 Prozent des BIP vorsieht. Angesicht eines nur moderaten Wirtschaftswachstums (2024: voraussichtlich 0,6 Prozent; 2025: 1,5 Prozent) hat die Regierung zusammen mit dem Haushalt auch kurzfristig Maßnahmen zur Verbesserung des Standortes beschlossen, die auf das höhere Haushaltsdefizit einzahlen. Im Jahr 2026 wird das Defizit zudem einmalig über den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes liegen (Prognose 2026: 3,7 Prozent des BIP), was vor allem auf die Umstellung der aus dem Haushalt finanzierten Militärrenten auf Kapitaldeckung zurückzuführen ist (einmalige Kosten in Höhe von 8,5 Milliarden Euro). Ab 2027 begrenzt die Regierung in ihrer mittelfristigen Finanzplanung den Anstieg der öffentlichen Ausgaben. Der projizierte Haushaltssaldo verbessert sich 2027 auf ein Defizit von dann 2,4 Prozent des BIP.
Niederlande profitieren von niedriger Staatsverschuldung
Die Rückkehr zur Haushaltsdisziplin ist für die niederländische Gesellschaft als Ganzes wichtig. Obwohl die Niederlande keine formelle Schuldenbremse wie Deutschland haben, agieren die öffentlichen Haushalte stark regelgebunden. Das liegt zum einen an den EU-Regeln, zum anderen aber auch daran, dass eine stabilitätsorientierte nationale Haushaltspolitik gesellschaftlich stark anerkannt ist beziehungsweise sogar eingefordert wird. Dabei spielt insbesondere die Generationengerechtigkeit eine große Rolle. Mit 44 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist die niederländische Staatsverschuldung im internationalen Vergleich aktuell niedrig. Langfristige Indikatoren des niederländischen „Büros für wirtschaftspolitische Analysen“ (CPB) deuten – wenn die Politik nicht gegensteuert – auf eine langfristig steigende Verschuldung hin. Grund hierfür sind, neben der demographischen Entwicklung und dem damit verbundenen langfristig schrumpfenden Produktionspotenzial, höhere Investitionen in die nationale Sicherheit und die Energieinfrastruktur. Ziel der niederländischen Politik ist eine hohe Krisenresilienz der öffentlichen Finanzen, um wirtschaftliche Folgen rechtzeitig abfedern zu können. Für die Jahre 2024 und 2025 wird die Schuldenquote auf 44,2 Prozent beziehungsweise 46,6 Prozent des BIP geschätzt. Sie bleibt damit unter dem europäischen Höchstwert von 60 Prozent des BIP.
Maßnahmen zur Belebung des Wirtschaftswachstums vorgesehen
Zur Belebung der niederländischen Wirtschaft wurden, zusammen mit dem Haushalt, eine Reihe von steuerlichen Maßnahmen vorgestellt und zum Teil sogar schon beschlossen. So fallen zum Beispiel Hotelübernachtungen, Sportveranstaltungen, kulturelle Angebote, Bücher und Zeitungen seit Jahresbeginn unter den Umsatzsteuer-Regelsatz in Höhe von 21 Prozent (statt bisher ermäßigt 9 Prozent). Allein diese Maßnahme soll jährliche Mehreinnahmen von 2,3 Milliarden Euro einbringen.
Ein im September 2024 vorgelegtes Steuerpaket für Unternehmen dient dazu, das Wirtschafts- und Investitionsklima zu verbessern: So sollen unter anderem von der vorherigen Regierung vorgenommene Belastungserhöhungen teilweise zurückgenommen werden. Außerdem ist geplant, die Prozentgrenze für den Zinsabzug im Rahmen der Zinsschranke anzuheben.