Der am 13. März 2024 vereinbarte Entwurf sieht mit rund 944 Millionen Euro eine um 262 Millionen Euro höhere Entlastung vor als der im Dezember 2023 vorgelegte Referentenentwurf.
Bundeskabinett beschließt Viertes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV)
Aktueller StandDas Bundeskabinett hat am 13. März 2024 den Regierungsentwurf eines BEG IV beschlossen. Mit dem BEG IV will die Bundesregierung „unnötige“ Bürokratie abbauen. Diese Entlastung ist auch dringend notwendig, da die jährliche Belastung der Wirtschaft durch Bürokratie nach Schätzungen des Normenkontrollrates (NKR) bereits bei 65 Milliarden Euro liegt. Damit ist das Ausmaß an Bürokratie zu einem innovations- und wachstumshemmenden Standortfaktor geworden. Angesichts noch anstehender Vorhaben, wie der europäischen Lieferkettenrichtlinie, der EU-Taxonomie und der Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen zur Umsetzung des EU-Green-Deals, droht diese Belastung weiter anzusteigen. Die Unternehmen brauchen dringend eine deutlich spürbare Entlastung von Bürokratie und eine deutliche Beschleunigung von Verwaltungsverfahren!
Positiv ist, dass im Vergleich zum ersten Entwurf des Gesetzes die Entlastung von ursprünglich 682 Millionen Euro noch einmal auf 944 Millionen Euro erhöht wurde.
Das Gesetzgebungsverfahren beginnt mit dem Beschluss des BEG IV-E. Die DIHK wird weiterhin gute Vorschläge für einen noch umfangreicheren Abbau von Bürokratie und für noch mehr Tempo bei Verwaltungsvorgängen einbringen.
Zwei Beispiele:
- Bei den Steuerverfahren ließen sich noch viele Dinge vereinfachen, etwa bei den vielen kleinen Betrieben, die eine „Einnahme-Überschuss-Rechnung“ erstellen. Dieses Verfahren könnte man noch deutlich vereinfachen. Oder bei der Abschreibung von „Geringwertigen Wirtschaftsgütern“. Auch hier könnte man mutiger sein und die Grenze deutlich anheben (derzeit 800 Euro; im Wachstumschancengesetz auf 1.000 Euro vorgeschlagen – das wurde aber wieder gestrichen, weil es angeblich zu hohe Steuermindereinnahmen zur Folge hat). Das ist nicht zu verstehen. Hier müssten auch BM Lindner und das BMF viel mutiger sein!
- Die umfassenden Registrierungspflichten im Verpackungsregister (LUCID) sollten beseitigt werden, indem die ursprüngliche Regelung zur Registrierungspflicht wiederhergestellt wird. Damit würden enorme Belastungen in der gesamten Wertschöpfungskette abgebaut.
Von Aufbewahrungsfristen bis Vollmachtsdatenbank - wesentliche Maßnahmen
Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht
Die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege wird von 10 auf 8 Jahre verkürzt. Im Einzelnen betrifft dies Änderungen des Handelsgesetzbuchs (HGB; Artikel 1 Nummer 2) und der Abgabenordnung (AO; Artikel 3 (alle Verweise auf Artikel ohne Bezeichnung beziehen sich auf das BEG IV-E)) sowie die Änderung des Umsatzsteuergesetzes. Die Verkürzung der Frist leistet mit einer Reduktion des Erfüllungsaufwands für die Wirtschaft in Höhe von jährlich rund 626 Millionen Euro einen wesentlichen Beitrag zur Entlastungswirkung des BEG IV-E.
Abschaffung der Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige
Mit Änderungen im Bundesmeldegesetz und in der Beherbergungsmeldedatenverordnung wird für deutsche Staatsangehörige die Meldepflicht bei touristischen Übernachtungen abgeschafft. Die Abschaffung der Hotelmeldepflicht führt zu einer erheblichen Entlastung der Beherbergungswirtschaft von rund 62 Millionen Euro Erfüllungsaufwand.
Zentrale Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater
Entlastungen in Höhe von 202 Millionen Euro soll es durch die Einrichtung einer zentrale Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater geben. So sollen Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr zahlreiche schriftliche Vollmachten für die jeweiligen Träger der sozialen Sicherung ausstellen müssen. Genügen soll eine Generalvollmacht, die in der Vollmachtsdatenbank elektronisch eingetragen und von allen Trägern der sozialen Sicherung abgerufen werden kann.
Weitere Maßnahmen
In einer Reihe von Gesetzen werden Schriftformerfordernisse herabgestuft oder abgeschafft. Die Schriftform verlangt die eigenhändige Unterschrift auf Papier und verursacht somit Medienbrüche in digitalisierten Prozessen. Der Entwurf senkt Formerfordernisse mit Änderungen im BGB, beispielsweise das Schriftformerfordernis für Gewerberaum-Mietverträge. Weitere Erleichterungen im Hinblick auf Formerfordernisse betreffen das Vereinsrecht und das Schuldrecht. Auch im Wirtschaftsrecht und in verschiedenen berufsrechtlichen Bestimmungen werden Schriftformerfordernisse herabgestuft. Insgesamt sollen 19 Gesetze geändert werden.
Durch die Änderung des Investmentsteuergesetzes wird ein unbeabsichtigt entstandener Zusatzaufwand bei der Veranlagung von Spezial-Investmentfonds korrigiert und ein ähnlicher Rechtszustand wie vor dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz hergestellt.
Durch Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG; Artikel 31) wird die Geltungsdauer von Freistellungsbescheinigungen bei der Kapitalertragsteuer und beim Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen gemäß §50a EStG von drei auf fünf Jahre verlängert. Hierdurch wird sowohl der Verwaltungsaufwand für die Beantragung von Freistellungsbescheinigungen bei Steuerpflichtigen wie der Steuerverwaltung reduziert.
Mit der Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden Stichprobenprüfungen von Einkünften aus Kapitalvermögen bei der Grundrente abgeschafft. Die Annahmen, dass diese Stichproben erforderlich seien, haben sich nicht bestätigt.
Die Änderungen im Siebten Buch Sozialgesetzbuch und die Folgeänderungen in der Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung schaffen einen vereinfachten, einheitlichen Meldeweg für Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung (Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten).
Zudem wurden zahlreiche Projekte zur Verwaltungsvereinfachung und zum weiteren Abbau von Informationspflichten vereinbart, wie zum Beispiel:
- Im Umsatzsteuergesetz werden die Schwellenwerte angehoben, ab der eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abzugeben ist. Die Anzahl der abzugebenden Erklärungen wird so deutlich reduziert. Ebenfalls ist im Entwurf die Anhebung der Bagatellgrenze bei der Differenzbesteuerung in § 25a Absatz 4 UStG enthalten. Hierdurch können Entlastungen bei der Ermittlung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage erzielt werden.
- Durch die Einführung der Möglichkeit der angemessenen Verkürzung der Äußerungsfrist im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung) wird die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung in Zulassungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung, in denen aufgrund von Änderungen des Vorhabens eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit erforderlich ist, beschleunigt.
- Durch eine Ergänzung der BNotO wird klargestellt, dass Notare, die Erklärungen im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung beurkunden oder beglaubigen, befugt sind, für die Beteiligten Anzeigen zu erstatten, Mitteilungen vorzunehmen und Anträge zu stellen, die im Zusammenhang mit der Gründung stehen.