Jetzt ist der Moment, ein starkes Signal zu senden: Weniger Kosten, mehr Tempo und vor allem wieder mehr unternehmerische Freiheit. Eine zentrale Stellschraube ist dabei eine echte Unternehmensteuerreform. Es ist entscheidend, dass Unternehmen wieder in Deutschland investieren, Arbeitsplätze sichern und neue Technologien vorantreiben.
Viele Maßnahmen lassen sich sofort anstoßen und bringen schnell spürbare Effekte. Die DIHK hat 12 konkrete Punkte zusammengestellt, die die neue Bundesregierung in ihren ersten 100 Tagen umsetzen sollte. Sie sind pragmatisch, effizient und zum Teil ohne zusätzliche Kosten realisierbar. Sie lösen Blockaden, setzen Impulse für Innovation und stärken die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts.
Die Wirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zu leisten – jetzt braucht es entschlossenes Handeln der Politik.
Diese 12 Punkte müssen jetzt in Angriff genommen werden:
Überbordende Bürokratie bindet in Unternehmen unnötig Ressourcen. Streichen ist daher das Motto der Stunde. Hunderte konstruktive Vorschläge der Wirtschaft liegen bereits vor. Damit hat die Bundesregierung eine Grundlage für ein Aufschwung-Gesetz, das Mut zum Loslegen macht und kurzfristig zeigt, dass es die neue Bundesregierung mit dem Abbau von mindestens 25 Prozent der gesamten Bürokratie ernst meint. Um den Zuwachs an neuen Pflichten zu begrenzen, sollte die Bundesregierung die "One in, one out"-Regelung auf mindestens eine "One in, two out"-Regel erweitern und auf die EU-Gesetzgebung ausweiten.
Die Belastung der Unternehmen durch übertriebene Ausgestaltungen bei den Umsetzungsplänen für Energieeffizienz oder Abwärme-Meldepflichten muss beendet werden. Notwendig ist deshalb ein Zurückschneiden des Energieeffizienzgesetzes auf die europäischen Vorgaben und ein Anheben der Schwelle für die Einführung von Energiemanagementsystemen auf 23 Gigawattstunden.
Die praxisuntauglichen Vorgaben des Gesetzes zur Energieeinsparung müssen aus Sicht der Betriebe wegfallen. Auch das Energieauditgesetz sollte auf die europäischen Vorgaben begrenzt und das Gebäudeenergiegesetz auf den Status vor der letzten Novelle zurückgesetzt werden.
Wir brauchen mehr Tempo bei allen Planungs- und Genehmigungsverfahren! Für bestimmte Projekte wie LNG-Terminals, Windenergie- oder Solaranlagen hat die Politik bereits Beschleunigungsgesetze mit Fristverkürzungen, Stichtagsregelungen und Verfahrensvereinfachungen beschlossen. Diese Maßnahmen gilt es für alle Projekt- und Verfahrensarten umzusetzen.
So sollte die Politik den "Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung" von Bund und Ländern mit mehr als 150 Maßnahmen zur Beschleunigung von Verfahren in einem Artikelgesetz vollständig umsetzen – bislang sind nur 8 Maßnahmen davon zumindest teilweise in Kraft. Deutschland braucht hier schnell und einfach einen Tempo-Turbo für Infrastruktur- und Investitionsprojekte.
Die hohen Energiekosten belasten die deutsche Wirtschaft massiv, insbesondere im internationalen Wettbewerb. Durch die im Sondierungspapier angekündigte Senkung der Stromsteuer für alle Branchen auf das europäische Mindestmaß werden Unternehmen deutlich entlastet und gleichzeitig strombasierte klimafreundliche Technologien finanziell attraktiver. Finanziert werden kann dies über die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung.
Zudem sollten die übrigen Umlagen und Abgaben auf Strom in den Bundeshaushalt beziehungsweise den Klima- und Transformationsfonds überführt werden. Das brächte nochmal eine Entlastung von bis zu 2,5 Cent pro Kilowattstunde.
Durch Maßnahmen zur Stabilisierung der Stromnetze haben sich die Entgelte für das Übertragungsnetz in den vergangenen Jahren verdoppelt. Eine Halbierung der Übertragungsnetzentgelte durch eine Bezuschussung von jährlich rund 6 Milliarden Euro in der Transformationsphase der Energieversorgung entlastet Unternehmen deutlich. Für 2024 und 2025 lag der Zuschuss bereits auf dem Tisch – jetzt muss er endlich umgesetzt werden!
Die Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland zählt zu den höchsten weltweit. Das hemmt Investitionen und schwächt die Innovationskraft. Das Sondierungspapier kündigt an, spürbare Anreize für unternehmerische Investitionen zu setzen. Die Unternehmensteuer sollte daher schrittweise auf maximal 25 Prozent gesenkt werden. Ein erstes gutes Signal ist der Wegfall des Solidaritätszuschlags, den derzeit überwiegend Unternehmen zahlen – dies kann der Bund ohne die Länder beschließen.
Bewegliche Wirtschaftsgüter konnten bis Ende 2024 auch beschleunigt (degressiv statt linear) abgeschrieben werden. Das drückt vor allem im Anschaffungsjahr die Steuerbelastung. Eine Verlängerung dieser Regelung stand bereits in einem Gesetzentwurf – und sollte jetzt rückwirkend zum 1. Januar 2025 realisiert werden.
Mit der Einführung einer europäischen Regelung zur Lieferkettensorgfalt ist das deutsche Gesetz überflüssig, da es deutsche Unternehmen im EU-Wettbewerb benachteiligt. Eine umgehende Abschaffung ist daher folgerichtig. Die Unternehmen in der Breite, vor allem im Mittelstand, fordern bei den Sorgfaltspflichten einen spürbaren Bürokratieabbau. Daher sollte die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) – wenn sie denn beibehalten wird – dringend schlanker, rechtssicherer und praxistauglicher ausgestaltet werden. Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) sollte sich auf tatsächlich richtig große Kapitalgesellschaften beschränken, statt eine große Zahl kleiner und mittlerer Unternehmen direkt oder indirekt zu belasten.
Ein zentraler Hebel zur Fachkräftesicherung ist es, die Erwerbsbeteiligung Älterer weiter zu erhöhen. In einem ersten Schritt sollten dazu alle Anreize für einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben abgeschafft werden. Das gilt insbesondere für die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Versicherungsjahren.
Zur Erleichterung der Beschäftigung Älterer sollte eine befristete Beschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze auch beim bisherigen Arbeitgeber uneingeschränkt möglich sein. Zudem sollten die Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung für erwerbstätige Rentner – aus denen keine Versicherungsansprüche mehr resultieren – entfallen.
Betriebe und ihre Mitarbeiter erhalten mehr Flexibilität, wenn es – wie im Sondierungspapier angekündigt – statt der bisherigen täglichen Höchstarbeitszeit nur eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gibt. Zudem soll es den Unternehmen freigestellt werden, in welcher Form sie die Arbeitszeit erfassen: Insbesondere eine einvernehmlich vereinbarte Vertrauensarbeitszeit muss von der Erfassung der Arbeitszeit durch gesetzliche Klarstellung ausgenommen bleiben.
Aktuell arbeitet eine Vielzahl an Ressorts separat voneinander an dem Thema Rohstoffe. Angesichts der hohen Abhängigkeit Deutschlands von Rohstoffen aus dem Ausland und dem immer stärker werdenden Wettlauf um kritische Rohstoffe ist es unerlässlich, die Ressourcen zielgerichteter im Interesse der Rohstoffsicherung einzusetzen. Zugleich muss Deutschland durch gezielte strategische Projekte deutlich machen, dass dieses Thema Top-Priorität hat. Dafür braucht es eine klare Verantwortung an einer Stelle in der Bundesregierung, die diese Ziele mit Nachdruck verfolgt.
In der letzten Legislatur hat sich Deutschland insbesondere im Rat wenig präsent gezeigt und oftmals bei wichtigen Gesetzen keine klare Position bezogen. Gerade in Zeiten von schwindender Wettbewerbsfähigkeit braucht es dringend mehr Gestaltungswillen und Leadership durch die neue Bundesregierung, da sich kleine EU-Länder oft an Deutschland orientieren wollen.
Es ist notwendig, dass Deutschland hier seiner Verantwortung als größter EU-Mitgliedstaat gerecht wird, zusammen mit wichtigen Partnern Impulse setzt und die Vereinfachungsbestrebungen der Europäischen Kommission unterstützt. Bürokratieabbau sowie Bessere Rechtsetzung müssen auch im Rat oberste Priorität haben. Voraussetzung dafür ist eine stringentere Europakoordination innerhalb der Bundesregierung von Tag 1 an.