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EU-Regulierungslast und Bürokratie reduzieren

Der Großteil der wirtschaftsrelevanten Gesetze entsteht mittlerweile in Brüssel. Die Bunderegierung muss sich daher auf europäischer Ebene für wirtschaftlich vernünftige Regeln mit Augenmaß sowie für einen Abbau der Bürokratielast einsetzen. Gleichzeitig ist sie verantwortlich für eine schlanke und praxisorientierte Implementierung der EU-Regulierungen in Deutschland. Viele bestehende EU-Gesetze wie die Datenschutzgrundverordnung, die Regelungen zur Mitarbeiterentsendung und die Chemikalienregulierung sind unverhältnismäßig bürokratisch gestaltet und umgesetzt. Neue Regulierungen wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung, das EU-Lieferkettengesetz, aber auch industriepolitische Initiativen schaffen neue Berichts- und Offenlegungspflichten und stehen damit dem formulierten Ziel einer Senkung von Berichtspflichten diametral entgegen.

Daher ist ein Dreiklang nötig: Erstens keine neuen Gesetze, die die Unternehmen zusätzlich belasten. Initiativen wie das EU-Lieferkettengesetz müssen deshalb dringend ausgesetzt werden. Zweitens: Bestehende Bürokratie konsequent abbauen – und zwar noch vor den Europawahlen. Und drittens: Bessere Methoden und Prozesse für eine praxisorientierte Rechtsetzung, die die Umsetzbarkeit der Vorschriften im Betriebsablauf berücksichtigt und den Aufbau neuer Bürokratie von vornherein verhindert.

Konkrete Ansatzpunkte können sein:

In der Praxis spürbaren Bürokratieabbau durchsetzen und mehr Vorschläge aufgreifen

Im parlamentarischen Verfahren des "Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes" sollte der Bundestag weitere Bürokratieabbaupotenziale für die Wirtschaft heben – und damit für spürbarere Entlastungen sorgen. Vorschläge hierfür liegen auf dem Tisch, wie zum Beispiel die 90 Vorschläge der DIHK. Dazu zählen vor allem Statistikpflichten für Unternehmen, die voll digitalisiert und automatisiert werden könnten, die noch zu langen steuerrechtlichen Betriebsprüfungen, deren Abschluss durch eine Frist auf maximal fünf Jahre nach Steuerentstehung beschleunigt werden könnten oder Allergenkennzeichnungspflichten, über die bei Saisongerichten auch mündlich informiert werden könnte.


Hintergrund: Trotz aller Herausforderungen mit dem Fachkräftemangel, den Energiekosten oder der Inflation, bleiben die Bürokratiekosten das Topthema der Wirtschaft. Beispiel Gastgewerbe: Die Bürokratie verursacht nach einer von der DIHK beauftragten Studie Belastungen, die in der Branche einem durchschnittlichen wöchentlichen Zeitaufwand von 14 Stunden entsprechen. Dieser Zeitaufwand entspricht Kosten von circa 2,5 Prozent des Umsatzes. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene beziffert der Nationale Normenkontrollrat den jährlichen Bürokratieaufwand auf 65 Milliarden Euro. 

EU-Regelungen vor EU-Wahl entbürokratisieren

Die EU-Ebene sollte die IHK-Vorschläge für Bürokratieabbau aufgreifen und für weitreichende Entlastungen sorgen wie zum Beispiel das Zulassungsverfahren für die EU-Chemikalienverordnung REACH vereinfachen, die Re-Zertifizierung bereits auf dem Markt befindlicher Medizinprodukte erleichtern sowie die Datenschutzgrundverordnung überprüfen, damit die Erleichterungen für KMU greifen können. In jedem Fall müssen erste Entlastungen noch vor den Europawahlen im Juni 2024 beschlossen werden. Langfristig sollte die EU regelmäßig weitere Vorschläge für die Kürzung von Berichtspflichten sowie Bürokratielasten entwickeln und umsetzen.


Hintergrund: Die von der EU-Kommission bisher vorgestellten Bürokratieabbau-Maßnahmen sind nicht ausreichend, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Hinzu kommt, dass die EU in ihrer jetzigen Legislatur bereits viele neue Gesetze erlassen hat. Diese Fülle von Normen müssen von den Unternehmen zusätzlich zum bereits geltenden nationalen und europäischen Recht beachtet und umgesetzt werden. Die Umsetzung ist oftmals mit hohen Kosten verbunden. 

 Bürokratiebremsen auch wirklich nutzen

Die "One in, one out"-Regel sollte von der Bundesregierung und der EU-Kommission ausnahmslos auf alle europäischen Rechtsakte angewendet werden, was noch nicht der Fall ist. Bislang sind hierzulande umzusetzende EU-Regelungen von der deutschen "One in, one out"-Regel ausgenommen. Zudem wird die europäische "One in, one out"-Regel, die sich auf EU-Regelungen selbst bezieht, nicht konsequent von der EU-Kommission angewendet. In einem nächsten Schritt sollten zudem die Bürokratiebremsen auf nationaler und europäischer Ebene in eine sogenannte "One in, two out"-Regel weiterentwickelt werden: Damit würden mit jeder neuen Vorgabe zwei bestehende entfallen. Die Regel wirkt dann nicht nur als reiner Kompensationsmechanismus für neue Regulierungen, sondern führt zu echten Entlastungen.


Hintergrund: Für einen modernen, klimaneutralen und zugleich wettbewerbsfähigen Standort ist es nicht nur wichtig, bestehende Bürokratie abzubauen, ebenso bedeutend sind die "Bessere Rechtsetzung" und wirksame Bürokratiebremsen.