Wasserstoff: Wann kommt der Hoffnungsträger zum Verbraucher?
Die Bundesregierung hat erkannt: Ohne einen raschen Ausbau der entsprechenden Infrastruktur wird es nichts mit dem Markthochlauf beim Wasserstoff (H2). Dabei sollte das Netz aber von Anfang an so ausgebaut werden, dass es Erzeugern, Lieferanten und Kunden auch wirklich nutzt. Das heißt: Die Entwicklung muss im Einklang mit dem Stromsystem, den Importkapazitäten und der Nachfrageentwicklung erfolgen. Und das muss weit vor Ende 2032 passieren, also vor dem Ziel, das die vom Bundeskabinett beschlossenen Regelungen zum Wasserstoff-Kernnetz vorsehen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei diesem "Startnetz" nur um den ersten Schritt hin zu einer umfassenden H2-Versorgung handelt.
Eine Infrastruktur, die keine blinden Flecken hinterlassen darf
Damit die Betriebe zukünftig klimaneutral wirtschaften können, muss die Wasserstoffinfrastruktur flächendeckend und analog zu den betrieblichen Bedarfen aufgebaut werden. Deshalb ist es enorm wichtig, die regionalen Netzbetreiber bereits in der Startphase der Netzentwicklung einzubeziehen.
Auch kleinere Unternehmen brauchen Alternativen bei der Defossilisierung von Produktionsprozessen, wenn sie aufgrund zu hoher Produktionstemperaturen oder wegen zu hoher Kosten nicht auf Strom umstellen können. Infrage kommen hier die Nutzung von Wasserstoff oder die Abscheidung und Speicherung, gegebenenfalls auch Nutzung von CO2. Die aktuellen politischen Entscheidungen lassen den Mittelstand jedoch zu häufig außen vor.
Mit Blick auf die Resilienz des gesamten Energiesystems ist es sinnvoll, Betriebe in der Breite der Wirtschaft ans Wasserstoffnetz anzuschließen. Außerdem sollte es Unternehmen ermöglicht werden, negative Residuallasten, also Überschüsse aus dem Stromnetz, für die Gewinnung von grünem Wasserstoff zur Verfügung zu stellen. Das würde die Kosten des Engpassmanagements senken, denn so könnten erneuerbare Energien zu anderen Zwecken verwendet werden, wenn das Netz gerade ausgelastet ist. Gleichzeitig ergeben sich mit der Abnahme überschüssiger Kapazitäten Anreize für die Wirtschaft, fossile Prozesswärme durch grünen Wasserstoff zu ersetzen.
Netze schnell ausbauen, Planungssicherheit gewährleisten
Bis 2030 werden in Deutschland nach den Prognosen der Bundesregierung 95 bis 130 Terrawattstunden H2 benötigt. Um diese gewaltige Menge transportieren zu können, muss eine bundesweite Infrastruktur vorhanden sein. Laut dem aktuellen Gesetzesentwurf zum Wasserstoff-Kernnetz soll bis Ende 2032 ein circa 1.700 Kilometer langes Kernnetz entstehen – eindeutig zu spät für viele Unternehmen, um die Weichen rechtzeitig Richtung Klimaneutralität zu stellen.
Das ebenfalls angekündigte Wasserstoffbeschleunigungs-Gesetz muss daher sicherstellen, dass das Startnetz mithilfe von deutlich verkürzten Genehmigungsverfahren so schnell wie möglich aufgebaut wird – jedenfalls deutlich vor 2032.
Die Unternehmen brauchen bereits jetzt Anreize, um in H2-Technologien zu investieren. Dafür benötigen sie zwingend Planungssicherheit in Bezug auf Infrastruktur und Anschlussmöglichkeiten. Nur so kann sichergestellt werden, dass nachhaltige Energie dort ankommt, wo sie für die Defossilisierung der Wirtschaft gebraucht wird. Dafür ist ebenfalls unabdingbar, dass Wirtschaft und Politik die Planung unter Berücksichtigung der gesamten Energieinfrastruktur gemeinsam vornehmen.
DIHK-Stellungnahmen zum Thema |
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Ende Juli 2023 positionierte sich die DIHK im Rahmen einer Konsultation des Bundeswirtschaftministeriums mit einer Stellungnahme (PDF, 135 KB) zum Wasserstoff-Kernnetz. Bereits im Mai 2023 veröffentlichte sie eine |