Was die deutsche Wirtschaft aktuell blockiert – und wie sie wieder Fahrt aufnehmen kann
Die Bundesregierung hat sich im Sommer in zwei Anläufen nach langem Ringen auf einen Haushaltsentwurf für 2025 geeinigt – und zugleich auch eine Wachstumsinitiative in Aussicht gestellt, die Deutschlands Wirtschaft wieder auf Zukunftskurs bringen soll.
Das ist grundsätzlich ein richtiger Weg: Nur mit weiterem Wachstum kann auch der Staat seine Aufgaben solider finanzieren. Wäre das deutsche Bruttosozialprodukt 2023 und in diesem Jahr nicht stagniert beziehungsweise sogar zurückgegangen, sondern jeweils um zwei Prozent gewachsen, hätte unser Land in Summe rund 250 Milliarden Euro mehr erwirtschaftet. Fast die Hälfte davon – also rund 125 Milliarden Euro – stünden damit auch zusätzlich den Steuer- und Sozialkassen zur Verfügung. Die andere Hälfte käme privaten Einkommen, Investitionen und Spareinlagen zugute, ein direkter und starker Beitrag für mehr Wohlstand.
Anders als der inzwischen von der Bundesregierung ans Parlament weitergeleitete Haushalt liegen die meisten Entwürfe für die Begleitgesetze, die Wachstum bringen sollen, bislang noch auf Eis. Deshalb kommt es jetzt darauf an, dass sie möglichst noch im Herbst zügig formuliert und verabschiedet werden. Denn nur dann können sie in den Betrieben auch tatsächlich Wirkung entfalten. Dort sind spürbare Entlastung und positive Impulse bitter nötig.
Reformen müssen beschleunigt werden
Die Regierungsinitiative geht an vielen Stellen in die richtige Richtung – etwa mit der erleichterten Steuerabschreibung und der Ausweitung der Forschungszulage. Allerdings, so eine erste DIHK-Analyse der bisherigen Pläne, brauchen Deutschland und Europa im internationalen Wettbewerb ein deutlich höheres Reformtempo.
Noch immer fehlt es wichtigen Infrastrukturprojekten weniger an Geld, sondern vielmehr an der notwendigen Geschwindigkeit. So sind etwa Dänen, Österreicher oder Niederländer bei wichtigen grenzüberschreitenden Verkehrsprojekten schon mit dem Bau fertig, während Deutschland noch in Genehmigungsschleifen steckt. Andere wichtige Wettbewerbsthemen, etwa die Sorgen um die deutsche Energieversorgung, hat die Bundesregierung bei ihrer aktuellen Wachstumsinitiative komplett ausgeblendet.
Was konkret Betriebe und ganze Wirtschaftsregionen in ihrer Entwicklung ausbremst, beschreiben DIHK und IHKs in ihrer Kampagne "Ich kann so nicht arbeiten". Dabei zeigen Unternehmerinnen und Unternehmer an konkreten Beispielen, wodurch sie im wirtschaftlichen Alltag aufgehalten werden – und wie es besser laufen könnte.
Schnellerer Brückenbau für stärkere Wirtschaft
Seit dem 2. Dezember 2021 ist die A45 bei Lüdenscheid komplett gesperrt, da die marode Rahmede-Talbrücke abgerissen werden musste. Diese Sperrung hat die wirtschaftsstarke Region Südwestfalen ins Verkehrschaos gestürzt, weil auch die Umleitungen regelmäßig überlastet sind. Für die regionale Wirtschaft ist die Sperrung eine Katastrophe – schließlich ist damit die Hauptverkehrsader der Region lahmgelegt. Trotz der Dringlichkeit ist eine teilweise Wiedereröffnung erst für 2026 zu erwarten. Laut dem Verkehrsverband Westfalen wird der in diesen fünf Jahren entstehende wirtschaftliche Schaden auf mindestens 1,8 Milliarden Euro geschätzt.
Betroffen sind Unternehmen aller Branchen, die lange Umwege in Kauf nehmen müssen. Auch Anwohner und Pendler leiden massiv unter der Sperrung. Der rasche Neubau der Brücke ist daher für Wirtschaft und Bevölkerung unerlässlich. Um den Wirtschaftsstandort zu sichern, müssen zudem viele weitere Brücken saniert oder neu gebaut werden – was eine deutliche Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren erfordert.
Berichtspflichten verringern, Effizienz steigern
Mancherorts braucht es mehr Investitionen, an anderer Stelle einfach nur weniger Bürokratie. Ein Beispiel: Ein durchschnittlicher Autohandel mit Werkstatt hat etwa 40.000 Teile auf Lager. Im Rahmen gut gemeinter Lieferkettengesetze und Nachhaltigkeitsberichtspflichten, die große Unternehmen an Zulieferer und Dienstleister durchreichen, müssen immer öfter auch kleine und mittlere Betriebe nachweisen, woher etwa ein Ersatzteil stammt. Dies ist für viele kaum umsetzbar, ohne dass darunter ihre eigentliche Arbeit leidet.
Die zehn wichtigsten Punkte für eine notwendige Zeitwende in der Wirtschaftspolitik hat die DIHK-Vollversammlung, zu der alle 79 Industrie- und Handelskammern Deutschlands gehören, bereits im November 2023 unter dem Titel "#GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt" formuliert. Einiges davon hat die Politik aufgegriffen, neue Herausforderungen kommen hinzu. Die Unternehmen brauchen eine spürbare Kurswende zum Wachstum – jetzt.
Politik und Wirtschaft zusammenbringen, um Zukunft zu sichern
Die DIHK wird weiterhin die Stimmen aus der Wirtschaft bündeln und aufzeigen, wo Unternehmen dringend Entlastung und echte Unterstützung brauchen. Nur zusammen können Politik und Wirtschaft dafür sorgen, dass sich der Wirtschaftsstandort Deutschland wieder eine bessere Zukunft erarbeiten kann. Verständliche Beispielfälle und konkrete Lösungen finden Sie unter anderem hier: www.dihk.de/besserjetzt.