Steuerlast deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich zu hoch
Steuern gehören zu den entscheidenden Standortfaktoren. Unternehmen, die in Deutschland aktiv sind und hierzulande Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen, sehen sich im internationalen Wettbewerb zunehmend benachteiligt, weil ihre finanziellen und personellen Ressourcen durch Steuern und Bürokratie deutlich stärker beansprucht werden als anderswo. Während die steuerlichen Rahmenbedingungen in Staaten wie den USA oder Österreich sukzessive verbessert wurden, besteht in Deutschland seit geraumer Zeit ein erheblicher Reformbedarf.
Aus Sicht der Wirtschaft sollte deshalb die Steuerbelastung auf Gewinne von zurzeit circa 30 Prozent auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent sinken. Denn die Steuerbelastung der Unternehmen liegt im Durchschnitt der OECD-Länder bei 23,6 Prozent, in den EU-Staaten sind es sogar nur 21,1 Prozent.
Was muss geschehen?
Ein erster Schritt wäre die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags (Soli). Das derzeitige Soli-Aufkommen von rund 12 Milliarden Euro tragen über die Einkommen- und die Körperschaftsteuer überwiegend Unternehmen. Ein solcher Schritt würde die deutsche Wirtschaft daher erheblich entlasten und eine Gerechtigkeitslücke schließen.
Darüber hinaus sollte der Körperschaftsteuersatz schrittweise auf 10 Prozent verringert werden. Auch eine Anrechnung der Gewerbesteuer im Rahmen der Körperschaftsteuer wäre ein positives Element. Bei der Einkommensteuer, der zentralen Steuer für die Erträge von Personengesellschaften, Einzelunternehmen und Selbstständigen, ist eine Anpassung des Tarifs angezeigt. Zusammen mit einer Senkung des Steuersatzes für einbehaltene Gewinne von derzeit 28,25 auf 25 Prozent würde dies Personengesellschaften erheblich entlasten. Eine konsequentere Anrechnung der Gewerbesteuer wäre ein weiteres wichtiges Element
Letztere sollte mittelfristig durch ein alternatives kommunales Steuersystem ersetzt werden, das auch eine mit Hebesatzrecht für die Gemeinden ausgestattete kommunale Unternehmensteuer beinhaltet.
Mehr Liquidität durch schnellere Abschreibungen und bessere Verlustverrechnung
Verbesserte steuerliche Abschreibungen wirken sich nach einer Studie des ifo-Instituts besonders positiv auf Investitionen und Beschäftigung aus. Hier gibt es gleich mehrere Stellschrauben: Die degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA), die Ende 2025 ausläuft, sollte dauerhaft eingeführt und die Wertgrenze für Anschaffungen von sogenannten geringwertigen Wirtschaftsgütern von derzeit 800 deutlich auf mindestens 5.000 Euro angehoben werden. Auf mittlere Sicht wäre es wichtig, die vom Bundesfinanzministerium geführten AfA-Tabellen deutlich zu vereinfachen, besser noch durch einfachere Verfahren zu ersetzen. Und: Genauso konsequent, wie Gewinne besteuert werden sollten, sollte der Fiskus Verluste bei der steuerlichen Bemessungsgrundlagen berücksichtigen. Deshalb gilt es, bestehende Beschränkungen bei einem Vortrag oder Rücktrag von Verlusten vollständig zu beseitigen.
Investitionen im Ausland sichern Arbeitsplätze hierzulande
Für deutsche Unternehmen – Konzerne ebenso wie den breiten Mittelstand – ist es selbstverständlich, im Ausland aktiv zu sein und dort zu investieren. Das deutsche Steuerrecht behindert jedoch an vielen Stellen das Engagement auf ausländischen Märkten. Deshalb sollte insbesondere die deutsche Wegzugsbesteuerung reformiert werden. Ziel dieser Besteuerung ist es, den in Deutschland entstandenen Wertzuwachs von Anteilen an Kapitalgesellschaften (sogenannte stille Reserven) im Fall eines Wegzugs des Anteilseigners zu besteuern. Besser wäre es, wenn eine unmittelbare Besteuerung von stillen Reserven erst dann erfolgt, wenn die Steuerbasis tatsächlich das Land verlässt und eine Situation droht, in der Deutschland dauerhaft Steuereinnahmen entgehen.
Zudem bestehen bei einer Reihe von zuletzt eingeführten steuerlichen Belastungen Überschneidungen, in deren Folge Unternehmensgewinne doppelt besteuert werden. Ein Beispiel für solche Überschneidungen sind die aus dem internationalen BEPS-Prozess zur Verhinderung von Steuervermeidung ("Base Erosion and Profit Shifting") hervorgegangenen Anti-Missbrauchsvorschriften mit den zuletzt eingeführten Regeln zur Mindestbesteuerung.
Beim Bürokratieabbau nicht nachlassen und Ankündigungen konsequent umsetzen
Eine weitere Bürde: Das deutsche Steuerrecht beinhaltet vielfältige Mitteilungs-, Melde- und Dokumentationsanforderungen für Unternehmen. Durch eine erhebliche Verringerung hätten Betriebe endlich wieder mehr Zeit und Ressourcen für das eigentliche operative Geschäft. Mit den auf EU-Recht basierenden Verpflichtungen, zum Beispiel den verschiedenen Richtlinien über die Verwaltungszusammenarbeit der Mitgliedstaaten oder den erwähnten Anti-Missbrauchsvorschriften, sollte eigentlich in erster Linie ein harmonisierter europäischer Rechtsrahmen geschaffen werden.
Ziel muss es sein, den Bedürfnissen der EU-Länder nach gegenseitiger Amtshilfe im Steuerbereich und nach einer sicheren Verwaltungszusammenarbeit zwischen ihren nationalen Steuerbehörden Rechnung zu tragen. Hierfür sollte die Bundesregierung in Brüssel aktiv werden und sich mit der neuen EU-Kommission dafür einsetzen, alle EU-Richtlinien zu evaluieren und die bürokratischen Belastungen auf ein praxistaugliches Maß zu senken.
Auch die nationalen Steuererhebungsverfahren gilt es deutlich zu "entrümpeln". Beste Beispiele sind die Anforderungen an elektronische Kassensysteme und die in den "Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form" (GoBD) geregelten Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten. Zudem bestehen zahlreiche Möglichkeiten, die Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen zu erhöhen: etwa durch mehr Tempo bei verbindlichen Auskünften der Finanzverwaltungen oder durch eine schnellere Durchführung von Betriebsprüfungen. Gerade der zunehmende Einsatz von IT-Technologien und Risikomanagementsystemen müsste hier Vereinfachungen für Finanzverwaltung ebenso wie für Unternehmen bringen.
Ein wettbewerbsfähiges Steuersystem ist eines der wichtigsten Elemente guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und damit Voraussetzung für zukünftiges Wachstum. Das aber ist die sichere Basis für die Steuereinnahmen des Staates.