Neue Regeln für die Fachkräfteeinwanderung
Ab dem 1. März 2024 gelten Neuregelungen für die Arbeits- und Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland. Bereits seit November 2023 greifen Änderungen bei der Zuwanderung von Hochschulabsolventen im Rahmen der "Blauen Karte"; weitere Anpassungen rund um die neue Chancenkarte zur Arbeitsplatzsuche treten im Juni dieses Jahres in Kraft.
Trotz aktuell schwieriger Wirtschaftslage und großer Unsicherheiten hinsichtlich künftiger Entwicklungen ist der Fachkräftemangel für deutsche Unternehmen weiterhin eines der größten Geschäftsrisiken: 56 Prozent der Betriebe nennen diesen Risikofaktor in der aktuellen DIHK-Konjunkturumfrage. Besonders gesucht sind beruflich Qualifizierte. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass demografisch bedingt jährlich rund 400.000 Menschen mehr aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden als neu aus der Schule hinzukommen, hat die Zuwanderung eine erhebliche Bedeutung.
Erleichterungen für beruflich Qualifizierte
Mit der Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung möchte die Bundesregierung die Gewinnung von Personal aus Nicht-EU-Staaten erleichtern. Dies betrifft etwa die Möglichkeit, Arbeitskräfte mit ausgeprägten berufspraktischen Erfahrungen im Rahmen der neuen "Erfahrungssäule" zu beschäftigen. Dafür benötigen diese beispielsweise neben einer zweijährigen Berufserfahrung auf Fachkraftniveau einen ausländischen Berufsabschluss, allerdings ist dessen Anerkennung in Deutschland keine Voraussetzung mehr. Hinzu kommt, dass der Betrieb ein Bruttogehalt in Höhe von mindestens rund 40.000 Euro jährlich zahlen muss – es sei denn, er ist tarifgebunden.
Dass die Zuwanderung gerade im Bereich beruflich Qualifizierter erleichtert werden soll und dass künftig auf eine formale Anerkennung der Berufsqualifikation verzichtet werden kann, ist aus DIHK-Sicht sinnvoll. Viele Fachkräfte verfügen nicht über eine Qualifikation, die der deutschen dualen Ausbildung in vollem Umfang gleichwertig ist, sind aber in den Unternehmen gleichwohl sehr gefragt. Als große Herausforderung dürfte sich allerdings für etliche Betriebe die Gehaltsschwelle erweisen, und auch die Voraussetzung der Berufserfahrung bringt neue Prüfschritte und damit weitere Bürokratie mit sich.
Mit der Anerkennungspartnerschaft nach Deutschland
Neu ist ebenfalls die Möglichkeit, mit einer so genannten "Anerkennungspartnerschaft" nach Deutschland einzureisen. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis, bei der die Einreise erst nach dem erfolgreich durchlaufenen Anerkennungsverfahren einer ausländischen Berufsqualifikation möglich war, kann dieser Prozess jetzt auch erst im Inland starten. Parallel dazu ist bereits eine qualifizierte Beschäftigung im Unternehmen möglich. Hierzu müssen Betrieb und Fachkraft eine Vereinbarung treffen – unter anderem einschließlich der Möglichkeit zu einer gegebenenfalls nötigen Nachqualifikation.
Auch hier gilt aus DIHK-Sicht: Die Idee ist sinnvoll, aber Stolpersteine gibt es bei der Umsetzung. So muss unter anderem vor Aufnahme der Beschäftigung geprüft werden, ob der ausländische Abschluss im Herkunftsland staatlich anerkannt ist und die Ausbildung mindestens zwei Jahre gedauert hat. Dies prüft und bescheinigt die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB).
Erst im Anschluss findet parallel zur Beschäftigung das eigentliche Anerkennungsverfahren statt (IHK Foreign Skills Approval für Berufe im IHK-Bereich). In der Praxis kann das zu Mehraufwand und unter Umständen uneinheitlichen Entscheidungen darüber führen, ob die Mindestvoraussetzungen für eine erfolgreiche Fachkräfteeinwanderung erfüllt sind oder nicht.
Gute Umsetzung unerlässlich
Die gesetzlichen Neuregelungen können nur dann erfolgreich sein, wenn die Umsetzung in der Verwaltungspraxis reibungslos funktioniert. Hierzu sind vor allem schnelle, effiziente und transparente Prozesse im gesamten Visumverfahren nötig – vom ersten Termin in der Botschaft im Herkunftsland bis zum Start im deutschen Unternehmen. Die hierfür geplante Digitalisierung muss konsequent verfolgt und rasch implementiert werden.
Aber auch gute Unterstützungsstrukturen im Inland sind unerlässlich. Dafür kommen etwa Welcome Center in Betracht, die als zentrale Stelle im Sinne eines "One-stop-Shops" bei allen Fragen und Verwaltungsvorgängen eingebunden sind. Zudem kann die IHK-Organisation Unternehmen vor Ort unterstützen und einen Beitrag zur praktischen Umsetzung leisten. Hierzu steht ein breites Angebot bereit, das beispielsweise von Informationsveranstaltungen zu den Neuregelungen über Beratung im Verfahren bis hin zu Fragen zur betrieblichen Integration reicht.