EU-Industriepolitik: Wettbewerbsfähigkeit stärken, Rahmenbedingungen verbessern
Die Industrie in Deutschland und in der EU steht unter Druck: Neben der Bewältigung der grünen sowie der digitalen Transformation haben geopolitische Konflikte zu höheren Energiepreisen geführt und die Umgestaltung von Lieferketten erfordert. Hinzu kommt ein Übermaß an Regulierung und Bürokratie, welches die Situation für viele Industrieunternehmen verschärft. So zeigt beispielsweise das aktuelle IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl, dass der Wirtschaftsstandort Europa an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat: Zwei Drittel der deutschen Industriebetriebe gaben an, die Attraktivität der EU als Unternehmensstandort sei in den vergangenen fünf Jahren gesunken.
Wettbewerbsfähigkeit im Fokus
Inzwischen rückt die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas auch zunehmend in den Fokus europäischer Entscheidungsträger: Mitte April forderten die Staats- und Regierungschefs als Europäischer Rat einen "New European Competitiveness Deal". Auch die Minister sprachen sich beim Wettbewerbsfähigkeitsrat detailliert für eine horizontale und ambitionierte Industriepolitik aus. Diesen Ankündigungen müssen nach der Europawahl im Juni aus Sicht der Unternehmen auch Taten folgen.
Denn die Wirtschaft in Europa braucht dringend verbesserte und verlässliche Standortbedingungen. In einem Impulspapier (PDF, 158 KB) zeigt die DIHK wichtige Maßnahmen auf, die einem erfolgreichen industriepolitischen Ansatz zugrunde liegen sollten.
Standortpolitik als Industriepolitik
Ziel der entsprechenden Initiativen auf europäischer Ebene sollte sein, einen besseren Rahmen für die immer komplexeren industriellen Wertschöpfungsketten der Unternehmen in Europa zu schaffen. Höchste Priorität haben dabei laut IHK-Unternehmensbarometer der konsequente Abbau von Bürokratie und die Sicherstellung international wettbewerbsfähiger Energiepreise. Aber auch die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften, die Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren sowie der notwendige (Frei-)Raum für Innovationen sind für die Betriebe von hoher Bedeutung.
Für eine wettbewerbsfähige Industrie auf dem Weg zur grünen und zur digitalen Transformation ist eine horizontale Industriepolitik entscheidend, die auf marktwirtschaftlichen Prinzipien fußt. Eingriffe vonseiten des Staates sollten nur in besonders gut begründeten Ausnahmefällen zum Einsatz kommen – unter anderem bei einseitigen kritischen Abhängigkeiten der EU von anderen Ländern. Anstatt einzelstaatlicher Alleingänge sollte die EU in solchen Fällen Initiativen auf europäischer Ebene koordinieren – und im Vorfeld von Entscheidungen den Austausch mit der Industrie suchen.
Wirtschaft einbinden – von klein bis groß
Die europäische Industrie und insbesondere der deutsche Mittelstand spielen eine wichtige Rolle bei der Transformation und der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Europa. Sie sind zentrales Element in vielen Wertschöpfungsketten, Vorreiter bei Klima- und Umwelttechnologien und von grundlegender Bedeutung, wenn es um die Innovationsfähigkeit und technologische Souveränität Europas geht. Eine gute Beteiligung der Wirtschaft, vor allem auch des Mittelstands, bei der Ausgestaltung von EU-Initiativen ist daher notwendig für eine praxistaugliche und erfolgreiche europäische Industriepolitik.