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Der EU-Talentpool: eine Lösung für Europas Fachkräftemangel?

Rechner mit verschiedenen Chatfenstern und Laptop auf einem Tisch, Hände halten Bewerbungsunterlagen

Digitales Recruiting soll helfen, den Fachkräftemangel in der EU zu lindern

© martin-dm / E+ / Getty Images

Deutschlands Wirtschaft leidet unter einem akuten Fachkräftemangel. Laut aktuellem DIHK-Fachkräftereport können mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen ihre Vakanzen langfristig nicht besetzen – das führt zu insgesamt 1,8 Millionen offenen Stellen. Die Herausforderung trifft nicht nur Deutschland als größte Volkswirtschaft der EU, sondern auch andere Mitgliedstaaten und damit den Staatenbund insgesamt. Bis 2030 wird die EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter gegenüber 2022 um sieben Millionen Menschen schrumpfen.

Um dem Mangel entgegenzuwirken, liegt der Fokus der EU und ihrer Mitgliedstaaten vor allem darauf, die Potenziale der Erwerbsbevölkerung bestmöglich auszuschöpfen. Zu den Ansatzpunkten zählt die Aus- und Weiterbildung der vorhandenen Arbeitskräfte ebenso wie die erfolgreiche Integration unterrepräsentierter Gruppen, etwa von Menschen mit Behinderungen oder Geflüchteten. Doch diese sehr wichtigen und sinnvollen Maßnahmen werden angesichts der demografischen Entwicklung allein nicht ausreichen. Daher kommt der Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland eine entscheidende Bedeutung zu. 

EU-Talentpool soll Abhilfe schaffen

Im November 2023 präsentierte die Europäische Kommission einen Gesetzesvorschlag für einen EU-Talentpool in Form einer Verordnung mit unmittelbarer Wirkung in den Mitgliedstaaten. Dieser Talentpool soll die erste EU-weite Online-Plattform sein, die das Matching – also das Zusammenbringen – von Arbeits- und Fachkräften aus Drittstaaten mit Unternehmen in der EU ermöglicht. Im Mittelpunkt stehen die häufigsten Mangelberufe in der Union; alle Qualifikationsniveaus werden berücksichtigt.

Den Mitgliedstaaten ist freigestellt, ob sie sich am EU-Talentpool beteiligen. Falls ja, können ihre Unternehmen über nationale Kontaktpunkte Stellenausschreibungen einbringen. Registrierte Jobsuchende haben die Möglichkeit, ein Profil anzulegen und sich auf Stellenanzeigen im Portal zu bewerben. Ein automatisiertes Matching-Tool unterstützt diesen Prozess.

Unternehmen brauchen Flexibilität und Praxistauglichkeit

Angesichts des Fachkräftemangels in ganz Europa ist es ein wichtiger Ansatz, die Zuwanderung aus Drittstaaten zu fördern und die EU insgesamt als attraktives Einwanderungsziel für Arbeits- und Fachkräfte zu positionieren. Die DIHK unterstützt daher grundsätzlich die Einführung eines EU-Talentpools.

Besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist die Rekrutierung aus Drittstaaten jedoch erfahrungsgemäß komplex und teuer. Daher sind eine praxisnahe Umsetzung und die Interoperabilität mit bestehenden Systemen entscheidend für den Erfolg des EU-Talentpools. Die Plattform sollte aus Sicht der DIHK nicht auf einer vorgegebenen Liste von Mangelberufen basieren. Denn die Unternehmen sollen und können selbst viel besser beurteilen, für welche Berufe sie künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Drittstaaten brauchen und rekrutieren wollen. Zudem muss das Instrument mit einer effizienten Bearbeitung von Einwanderungsanträgen, einer zügigen Anerkennung von Qualifikationen sowie geeigneten Integrationsmaßnahmen für Fachkräfte einhergehen.

Wie geht es weiter?

Das Europäische Parlament und der Rat werden über den Kommissionsvorschlag für einen EU-Talentpool verhandeln. Aufgrund der bevorstehenden Europawahlen werden die Verhandlungen in der nächsten Legislaturperiode fortgesetzt, sofern die neue Kommission und das neu gewählte Parlament dies beschließen. Voraussichtlich werden sie gegen Ende dieses Jahres wieder aufgenommen. Die DIHK wird sich weiterhin für eine praxisnahe Ausgestaltung des EU-Talentpools einsetzen, damit auch KMU davon profitieren können.

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Kontakt

Porträtfoto Kathrin Riedler
Kathrin Riedler Referatsleiterin Europäische Umwelt- und Rohstoffpolitik