Das Kraftwerkssicherheitsgesetz – Teurer Kapazitätsmechanismus im Fokus der Politik
Die energiepolitischen Herausforderungen auf dem Weg zu einem klimaneutralen Stromsystem bleiben für den Wirtschaftsstandort Deutschland enorm. Eine zuverlässige, kosteneffiziente und nachhaltige Stromversorgung ist dabei entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Dieses Zieldreieck gilt es im Rahmen der aktuellen Diskussion über die Ausgestaltung des zukünftigen Strommarktdesigns zu berücksichtigen.
Versorgungssicherheit per Gesetz?
Mit dem Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen bei gleichzeitigem Verzicht auf Atom und künftig auf Kohle nimmt die Stabilität der Stromerzeugung in Deutschland ab. Dies zeigt sich an den wachsenden Eingriffen ins Stromnetz durch die Netzbetreiber. Neben dem dringend erforderlichen Ausbau der (Übertragungs-)Netze sind zusätzlich witterungsunabhängige Technologien notwendig, um künftige Schwankungen im Stromsystem schnell ausgleichen zu können.
Der am 11. September vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Entwurf eines Kraftwerkssicherheitsgesetzes sieht ab 2025 die Ausschreibung von rund 12 Gigawatt Kraftwerksleistungen vor, was etwa 25 Gaskraftwerken entspricht. Zudem ist die Entwicklung eines marktwirtschaftlichen und technologieoffenen Kapazitätsmechanismus angekündigt, in dessen Rahmen weitere Kraftwerksausschreibungen ab dem Jahr 2028 folgen sollen. Ziel ist es, die Stromversorgung auch in Stunden der sogenannten "Dunkelflauten" sicherzustellen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten – also dann, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Dabei werden unterschiedliche Mechanismen diskutiert – wobei insbesondere zentrale staatliche Ausschreibungen im Fokus der Politik stehen und weniger marktwirtschaftliche Lösungen.
Marktferne Lösungen verteuern den Strompreis
Zentrale staatliche Ausschreibungen von Kraftwerken wären eine teure Lösung für die Unternehmen: Der Wettbewerb zwischen den Technologien würde zurückgedrängt und eine neue Umlage geschaffen. Inoffiziell wird der Förderbedarf für einen zentralen Kapazitätsmechanismus auf etwa fünf Milliarden Euro jährlich geschätzt. Diese Kosten würden über eine neue Umlage von bis zu zwei Cent pro Kilowattstunde auf die Strompreise weitergegeben – das kann für ein durchschnittliches mittelständisches Industrieunternehmen schnell zusätzliche Kosten von 200.000 Euro pro Jahr bedeuten. Somit würde die ohnehin schon hohe Stromkostenbelastung der deutschen Wirtschaft weiter zunehmen und die Akzeptanz der Energiewende erneut sinken.
Absicherungspflicht und Hedging: Versicherung gegen Dunkelflauten
Eine wesentlich kostengünstigere Lösung wäre eine Absicherungspflicht, da Marktakteure über die Preisstruktur entscheiden und nicht die öffentliche Hand. Die Politik kann nicht besser als der Markt wissen, welche Technologien für eine sichere Versorgung gebraucht werden. Bei der Absicherungspflicht müssen sich Energieversorger gegen hohe Strompreise an den Märkten absichern, damit kurzfristige Preissteigerungen nicht unmittelbar an die Unternehmen und Verbraucher weitergegeben werden.
Als Mittel zur Absicherung sind verschiedene Finanzinstrumente wie Termingeschäfte oder Forward-Verträge denkbar, die es ermöglichen, eine feste Menge Strom zu einem festgelegten Preis zu einem Zeitpunkt in der Zukunft zu kaufen oder zu verkaufen. Dadurch bekommen die Versorger einen Anreiz, selbst in Anlagen zu investieren oder gesicherte Kapazitäten von Dritten einzukaufen. Eine solche langfristige Absicherung – am Finanzmarkt als Hedging bezeichnet – gegen Preisspitzen im Falle von "Dunkelflauten" kann durch den Markt in einer Art Versicherung bereitgestellt werden, die Energieversorger obligatorisch abschließen müssten. Dazu müsste jetzt die konkrete Ausgestaltung politisch ausgearbeitet werden – insbesondere die Höhe und die Mindestlaufzeit der Absicherungsverpflichtungen.
Mit einer solchen Pflichtabsicherung gegen Preisspitzen können gleichzeitig die Anbieter gesicherter Leistungen zusätzliche Erlöse generieren. Dies regt auch den Bau neuer Gaskraftwerke, Speicher oder anderer Technologien zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit an, da stabile Preise eine zuverlässige Rendite versprechen. Weil in diesem Fall der Zubau nicht am Schreibtisch der Ministerien geplant und geschätzt wird, sondern auf der Grundlage von Preissignalen entsteht, werden teure Überkapazitäten und damit Förderungen vermieden.
Stromversorgung marktwirtschaftlich sichern
Klar ist: Deutschland braucht auch in Zeiten mit geringer Stromerzeugung aus Windkraft und Solar eine verlässliche Stromversorgung. Schon heute leidet insbesondere die deutsche Exportwirtschaft unter Stromkosten, die viermal so hoch sind wie die ihrer Konkurrenz in wichtigen Industrieländern. Die Bundesregierung muss nun die Weichen dafür stellen, dass sich dieser Wettbewerbsnachteil durch die staatliche Förderung von Gaskraftwerken nicht noch weiter auswächst. Mit der Absicherungspflicht liegt ein Alternativvorschlag auf dem Tisch, der Preissignale stärkt und die Kosten für die Wirtschaft begrenzt.