Die Bundesagentur für Arbeit beziehungsweise die Arbeitsagenturen sollen nach dem Willen der Politik auch bei der Weiterbildungsförderung von Beschäftigten eine immer größere Rolle spielen. Die Praxis zeigt jedoch, dass kleinere Unternehmen oft mit Hürden konfrontiert sind, die erweiterten Angebote zu nutzen.
Weiterbildungsförderung optimieren – aber nicht am Mittelstand vorbei
Viele KMU können nicht von den Maßnahmen profitierenDie Ausrichtung der durch die Arbeitsagenturen nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III) geförderten Weiterbildung hat in den letzten Jahren einige grundlegende Änderungen erfahren. Insbesondere wurde die Weiterbildungsförderung auf einen größeren Kreis beschäftigter Arbeitnehmer ausgeweitet. Das war ein Novum, standen doch bislang lediglich "besondere Arbeitnehmer" (beispielsweise ältere Beschäftigte) sowie – als Hauptklientel – die Gruppe der Arbeitslosen im Weiterbildungsfokus der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Wenn die Politik – wie das seit einigen Jahren der Fall ist – die BA beziehungsweise die Arbeitsagenturen auch bei der Weiterbildungsförderung von Beschäftigten immer stärker in den Fokus nimmt, ist es wichtig, dass Unternehmen aller Größenklassen (einschließlich KMU) diese erweiterten Angebote gleichermaßen nutzen können. Denn durch die Beitragszahlungen zur Arbeitslosenversicherung tragen alle Unternehmen und deren Beschäftigten zur Finanzierung der Förderangebote bei.
Im betrieblichen Alltag oft zu bürokratisch
Daher gilt es, konkrete Praxiserfahrungen der Unternehmen mit den Agenturangeboten der Arbeitsförderung zu berücksichtigen. Dazu gehört, dass diese vielen Betrieben häufig zu bürokratisch erscheint. Dieser Eindruck wird in einer DIHK-Umfrage von 2022 bestätigt: Fast jedes fünfte Unternehmen gibt an, dass die zu komplizierten und schwer nutzbaren Fördermodalitäten der Arbeitsagenturen ein großer Hemmschuh bei der beruflichen Weiterbildung ihrer Beschäftigten seien.
Nahezu jeder zweite Mittelständler mit 20 bis 199 Beschäftigten spricht diesbezüglich von Problemen, bei den Unternehmen mit 500 bis 999 Mitarbeitenden sind es nur fünf Prozent. Größere Betriebe haben sich immer schon leichter damit getan, die Förderangebote der Arbeitsagenturen in Anspruch zu nehmen, als kleinere Betriebe. Daher muss der betriebliche Zugang zu den einzelnen Programmen so leicht und unbürokratisch wie möglich gestaltet werden; insbesondere die Belange von KMU und deren Beschäftigten sollten im Fokus stehen.
Qualifizierungsgeld konterkariert richtig Schritte
Im nun vom Bundestag verabschiedeten neuen Weiterbildungsgesetz werden hier etwa durch feste Fördersätze und weniger Förderkombinationen erste richtige Schritte gegangen. Denn es ist gerade aus Sicht kleiner und mittlerer Unternehmen sinnvoll, dass die durch die Arbeitsagenturen geförderte Weiterbildung Beschäftigter durch weniger kleinteilige Regelungen vereinfacht und entbürokratisiert werden soll.
Der richtige Ansatz, die geförderte Weiterbildung einfacher und damit KMU-freundlicher auszugestalten, wird allerdings durch das neue Qualifizierungsgeld konterkariert. Denn die Nutzung dieses Instruments ist grundsätzlich (mit einer Ausnahmeregelung für Kleinstbetriebe) an das Vorliegen einer Betriebsvereinbarung oder eines betriebsbezogenen Tarifvertrages mit Beschreibung des strukturwandelbedingten Qualifizierungsbedarfs gekoppelt ist.
Damit dürften viele KMU und deren Beschäftigte von Vornherein ausgeschlossen sein. Denn dort sind eine Tarifbindung und das Vorhandensein eines Betriebsrats deutlich seltener gegeben als in größeren Unternehmen. Der Anteil der Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben beispielsweise liegt in der Größenklasse von 500 Mitarbeitenden und mehr im früheren Bundesgebiet bei 68 Prozent; in der Größenklasse 10 bis 49 beziehungsweise 1 bis 9 Beschäftigte nur bei 36 respektive 22 Prozent. In den neuen Bundesländern ist der Anteil Beschäftigter in tarifgebundenen Unternehmen geringer und liegt insgesamt bei nur 3 Prozent (früheres Bundesgebiet insgesamt 45 Prozent). In kleinen Unternehmen mit 10 bis 49 Mitarbeitenden liegt in den neuen Bundesländern der Anteil Beschäftigter in tarifgebundenen Unternehmen bei 24, in Kleinstunternehmen (1 bis 9 Beschäftigte) bei lediglich 12 Prozent.
Ansatzpunkte für einen leichteren KMU-Zugang zu den Förderangeboten der Arbeitsagenturen:
Weiterbildungsberatung weiter optimieren und noch besser vernetzen
Um gerade die Weiterbildungsbeteiligung von KMU und deren Beschäftigten und den KMU-Zugang zu agenturgeförderten Angeboten weiter zu erleichtern, sollten entsprechende Beratungsleistungen optimiert beziehungsweise bedarfsorientiert neue Angebote implementiert werden. Gefordert sind hier vor allem Industrie- und Handelskammern (IHKs) und andere Kammern, daneben Verbände sowie weitere Beratungsstellen. Die BA kann in diesem Zusammenhang gerade für kleinere KMU über ihren Arbeitgeberservice eine erste Orientierungs- und Lotsenfunktion bieten.
Generell kann es in diesem Zusammenhang nützlich sein, Beratungsangebote nach Möglichkeit so miteinander zu verschränken, dass diese noch zielgruppengerechter erfolgen kann. Ein Beispiel dafür sind die "vernetzten Bildungsräume", die unter Beteiligung von Arbeitsagenturen, IHKs und weiterer Partner hier und dort entstehen. Auch der mitarbeiterorientierten Weiterbildungsberatung kommt eine wichtige Rolle zu. Die beratenden Institutionen – beispielsweise Kammern oder andere Beratungsstellen – sollten ihre neutrale Weiterbildungsberatung weiter bedarfsorientiert ausbauen und ihr entsprechendes Know-how weiter vergrößern. Eine stärkere Vernetzung der in der Weiterbildungsberatung relevanten Akteure käme Unternehmen und Beschäftigten gleichermaßen zugute.
Förderangebote der Arbeitsagenturen betriebsnäher und KMU-freundlicher ausgestalten
Berufliche Weiterbildung von Beschäftigten wird derzeit nur gefördert, wenn sie außerhalb des Betriebs oder von einem zugelassenen Träger im Betrieb durchgeführt wird. In der Praxis werden damit gerade KMU vielfach um die Möglichkeit gebracht, im Rahmen der Förderung betriebliche und außerbetriebliche Anteile zu kombinieren, so wie es im Erfolgsmodell der dualen Ausbildung explizit vorgesehen ist. Dies birgt das Risiko, dass de facto ausschließlich unternehmens- und damit praxisferne Maßnahmen förderbar sind. Richtig wäre hingegen, Qualifizierungen zu fördern, die ausdrücklich auch im betrieblichen Interesse liegen, teilweise im Betrieb stattfinden können und damit am Ende die Beschäftigungsfähigkeit der beteiligten Arbeitnehmer vergrößern.
Die Mindestzahl von 120 Stunden für eine zu fördernde Maßnahme erweist sich nach den Rückmeldungen aus Unternehmen und IHKs in der Praxis häufig als Hemmschuh. Diese Grenze sollte daher auf 60 Stunden abgesenkt werden. Auch die gemäß Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) vorgesehene Mindestgruppengröße von zwölf Personen bei den zu fördernden Maßnahmen wird gerade seitens der Bildungsanbieter immer wieder als zu hoch erachtet. Ebenfalls könnte beispielsweise wie beim neuen Qualifizierungsgeld auf die Maßnahmenzulassung verzichtet und auf eine ausschließliche Trägerzulassung gesetzt werden. Das macht die Verfahren weniger kompliziert und die Arbeitsförderung gerade für KMU leichter zugänglich
Generell könnten jenseits der AZAV alternative Qualitätssicherungsmechanismen in Erwägung gezogen werden – gerade in den Fällen, in denen es um die geförderte Weiterbildung von Beschäftigten geht, die in der Regel immer mit einer finanziellen Eigenbeteiligung des Unternehmens einhergeht. Das zwischenzeitlich ausgelaufene Bundesprogramm Bildungsprämie hat neben der AZAV diverse anerkannte Qualitätsmodelle berücksichtigt und könnte hier Vorbild sein.