Am 29. März 2023 hat das Bundeskabinett das sogenannte Weiterbildungsgesetz beschlossen. Zentraler Bestandteil ist die Einführung einer staatlichen Ausbildungsgarantie, die im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. Diese ist und bleibt aus Sicht der Unternehmen der falsche Weg.
Warum eine Ausbildungsgarantie nicht weiterhilft
Seit Jahren mehr unbesetzte Lehrstellen als Bewerberinnen und BewerberBessere Alternative: Chancengarantie weiterentwickeln
Schon der Begriff "Ausbildungsgarantie" suggeriert, dass junge Menschen ohne eigene Anstrengungen oder persönliche Eignung einen Ausbildungsabschluss in ihrem Wunschberuf erhalten – im Zweifel in praxisfernen außerbetrieblichen Lehrgängen. Dabei gibt es schon seit Jahren weit mehr unbesetzte Ausbildungsplätze als unvermittelte Jugendliche.
Laut DIHK-Ausbildungsumfrage konnten im vergangenen Jahr 42 Prozent der IHK-Ausbildungsbetriebe nicht alle der von ihnen angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Gut ein Drittel von ihnen erhielt noch nicht einmal eine einzige Bewerbung. Hochgerechnet gingen rund 27.000 Betriebe völlig leer aus. Weit sinnvoller wäre es daher, die Chancengarantie im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung weiterzuentwickeln: Jeder ausbildungsinteressierte Jugendliche, der bis Ende September ohne Ausbildungsplatz ist, erhält drei Angebote für eine betriebliche Ausbildung – wenn auch nicht immer im Wunschberuf.
Außerbetriebliche Ausbildung nur als Ultima Ratio nutzen
Wenn die Bundesregierung dennoch an einer gesetzlichen Regelung festhält, müssen zumindest die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme ganz klar ausgestaltet werden. Betriebliche Ausbildung muss stets Vorfahrt haben; außerbetriebliche Ausbildung darf nur Ultima Ratio sein.
Die vorgesehene Begrenzung außerbetrieblicher Ausbildung auf Regionen mit einem geringeren Angebot an betrieblichen Stellen ist daher sehr wichtig. Es ist außerdem richtig, dass Bewerberinnen und Bewerber nur dann mit einer außerbetrieblichen Ausbildung gefördert werden, wenn mehrfache Bewerbungen um eine betriebliche Ausbildung nachweislich erfolglos geblieben sind und auch eine Einstiegsqualifizierung nicht möglich ist.
Ebenso wichtig ist eine Verständigung vor Ort unter Beteiligung der Kammern über Zahl und Auswahl der passenden Ausbildungsberufe. Denn junge Menschen sollten auch außerbetrieblich nur Ausbildungen absolvieren, für die grundsätzlich ein Bedarf in den Betrieben besteht.
Keine Ausbildungsumlage für Unternehmen
Gut ist, dass die Bundesregierung im Gesetzentwurf ausdrücklich Abstand von einer branchenübergreifenden Umlage zur Finanzierung der bundesweiten Ausbildungsgarantie nimmt. An diese Entscheidung sollten sich auch alle Bundesländer gebunden fühlen. Eine Verzicht auf eine Umlage ist essenziell, um Fehlsteuerungen bei der Ausbildung auszuschließen und Betriebe überall in Deutschland nicht zu belasten. Unternehmen, die vergeblich Azubis suchen, dürfen nicht doppelt bestraft werden.
Ausbildungschancen auch jenseits der Heimatregion ergreifen
Positiv sind die vorgesehene Förderung eines neuen berufsorientierenden Praktikums, die flexiblere Gestaltung von Einstiegsqualifizierungen und der angekündigte Mobilitätszuschuss für Azubis. Jenseits dieser richtigen Förderung sollte es für junge Menschen selbstverständlicher werden, auch außerhalb ihres Heimatortes Ausbildungschancen in den Betrieben zu suchen und zu ergreifen.
DIHK bringt sich weiter ein
Der Gesetzentwurf geht nun ins parlamentarische Verfahren und wird voraussichtlich im Frühjahr vom Bundestag verabschiedet. Die DIHK wird die weitere Ausgestaltung kritisch-konstruktiv begleiten, damit das Gesetz am Ende jungen Menschen auf dem Weg in Ausbildung hilft und zugleich Unternehmen bei der Sicherung des Fachkräftenachwuchses unterstützt.