Bei der Bewältigung der im internationalen Vergleich enorm hohen Energiepreise setzt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) mit ihrem Konzept auf eine Steigerung des Energieangebots. Denn nur das garantiert dauerhaft niedrige Kosten und eine sichere Versorgung für die Wirtschaft in der Breite.
So lässt sich das Energieangebot schneller und nachhaltiger steigern
DIHK stellt Konzept für wettbewerbsfähige Preise vorEin mittelständischer Industriebetrieb hierzulande zahlt aktuell drei bis vier Mal so viel für seinen Strom wie sein französischer Mitbewerber; gleichzeitig herrscht Konsens, dass Deutschland weg muss vom Einsatz fossiler Energieträger.
"Das bedeutet: Wir brauchen sehr viel mehr Strom – und zwar grünen Strom, der auch für die Industrie und die Breite der Wirtschaft verfügbar ist", fasst der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks die Lage zusammen. Dafür gelte es, den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere auch von Wind an Land, massiv zu beschleunigen und auch weiterhin Energie zu importieren – wie künftig etwa Wasserstoff."Nur so kommen wir zu sinkenden Preisen", stellt Dercks klar. Und dies sei "eine zentrale Frage für unseren Standort". Denn die Unternehmen in Deutschland erlebten die Energiefrage nicht nur als eine vorübergehende Belastung, sondern als mittel- und langfristige Benachteiligung im internationalen Wettbewerb. "Das wiederum bremst Investitionen am Standort Deutschland und führt zu Verlagerungen weit über den Kern der hochenergieintensiven Industrien hinaus."
Industriestrompreis: "Wackelige Brücke" für wenige
Entsprechend sei die Forderung nach einem gedeckelten Industriestrompreis wegen des internationalen Wettbewerbs "mehr als verständlich". Der käme jedoch nur etwa 1.000 bis 2.000 energieintensiven Unternehmen zugute. Und: Auch diese Betriebe benötigten "mehr als nur eine wacklige Brücke, die allenfalls einige Jahre trägt und an beihilferechtlichen Genehmigungen der EU sowie an zahlreichen politisch verhandel- beziehungsweise widerrufbaren Auflagen hängt", gibt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer zu bedenken.
Der Ansatz der DIHK ziele deshalb nicht nur auf einzelne, besonders betroffene Unternehmen ab. "Vielmehr brauchen alle – Produzenten wie Dienstleister – eine Perspektive am Standort Deutschland." Das gelinge nur über eine Angebotsausweitung beim Strom als "einzig sicheren Weg zur Kostensenkung". Das schließe natürlich nicht aus, dass man in der zweiten oder dritten Runde besonders betroffenen hoch energieintensiven Unternehmen durch zusätzliche Maßnahmen zur Seite stehe.
In drei Stufen klimafreundliche Wertschöpfung steigern
"In jedem Fall gilt: Wir müssen mit unserer gesamten Wirtschaft eine lange Übergangsphase durchlaufen, in der wir den Strom mit intelligenten Ansätzen bezahlbar halten und Anreize für nachhaltige Kostensenkungen mit Klimakompenente setzen", beschreibt Dercks das dreistufige DIHK-Konzept.
1. Entlastung bei Umlagen und Stromsteuer
Als ersten Schritt nennt er den "beherzten Abschied von der jahrzehntelang gepflegten Idee, dass Strom – wie jede Form von Energie – grundsätzlich teuer sein soll". Deshalb solle zunächst der Staat auf Steuern verzichten sowie Umlagen und Entgelte auf Strom möglichst komplett in den Bundeshaushalt übernehmen oder zumindest stark senken. "Dieses Transformationsangebot der Bundesregierung würde Unternehmen und private Haushalte um rund 10 Milliarden Euro pro Jahr entlasten", rechnet der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer vor. Den entsprechenden Einnahmeausfällen im Bundeshaushalt stünden stabilere Steuereinnahmen an anderer Stelle gegenüber.
2. Einführung einer StromPartnerschaft
Ein zweiter Baustein des DIHK-Konzeptes sei die gezielte Förderung von StromPartnerschaften in der Wirtschaft: Langfristige Stromlieferverträge zwischen Anlagenbetreibern erneuerbarer Energien und Stromverbrauchern aus der Wirtschaft – sogenannte "Power Purchase Agreements" (PPA) oder Direktstromlieferverträge – beschleunigen laut DIHK den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Wenn beispielsweise ein Windanlagenbetreiber einen einfachen Investitionszuschuss erhalte und ein PPA-Partnerunternehmen bei den Netzentgelten entlastet werde, lasse sich der Strombezugspreis für die Strommengen in der Partnerschaft bei Photovoltaik-Energie von derzeit 8,0 Cent auf 4,4 Cent und bei Wind-Energie von derzeit 9,3 Cent auf 5,6 Cent senken, erläutert Dercks. "Das bringt Betrieben aus Industrie und Gewerbe Preissicherheit zumindest für einen erheblichen Teil des Stromverbrauchs; dem Anlagenbetreiber gibt es ebenfalls eine klare Perspektive und Investitionssicherheit."
Außerdem sei vor allem der Effekt auf die Gesamtwirtschaft und das Klima enorm: "Nach unseren mit externer Unterstützung angestellten Berechnungen könnten damit rund ein Drittel des Industriebedarfs an Strom deutlich früher durch deutsche Erneuerbare gedeckt werden." Auch steige aufgrund der StromPartnerschaft das Energieangebot für alle Verbraucher. "Damit sind in der Folge sinkende Strommarktpreise auch für alle anderen Stromkunden zu erwarten." Neben den hiermit voraussichtlich einhergehenden Zuwächsen bei betrieblichen Gewinnen und staatlichen Steuereinnahmen werde die StromPartnerschaft aber auf jeden Fall "ein privatwirtschaftliches Investitionsvolumen von bis zu 30 Milliarden Euro vorziehen und damit die klimafreundliche Wertschöpfung in Deutschland unmittelbar steigern".
Dercks: "Wir kalkulieren für den Investitionszuschuss und die Übernahme der Netzentgelte im Übergangszeitraum bis 2037 im Schnitt jährliche Kosten in Höhe von knapp 3 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt. Dem stehen Einsparungen bei der EEG-Umlage in mindesten dreistelliger Millionenhöhe sowie Wachstumsimpulse gegenüber, so dass sich das gesamtwirtschaftlich rechnet."
3. Weitergehende Entlastung für hochenergieintensive Unternehmen
Im dritten Schritt sieht das DIHK-Konzept weitergehende Entlastung für hochenergieintensive Unternehmen vor, für die die genannten Maßnahmen nicht ausreichen, um im harten internationalen Wettbewerb zu bestehen. Hier könnte ergänzende Maßnahmen "zielgerichtet und beihilferechtskonform" helfen; gleichzeitig sollten Konditionalitäten und Berichtspflichten so gering wie möglich ausfallen.