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Potenziale heben – Fachkräfte gewinnen

DIHK stellt Katalog zur Fachkräftemobilisierung vor
Älterer Ingenieur im Kraftwerk

Arbeiten muss – auch in fortgeschrittenem Alter – attraktiver werden

© Monty Rakusen / DigitalVision / Getty Images

Wie ist dem demografisch bedingten Mangel an Mitarbeitenden in allen Branchen und Regionen beizukommen? In einem "Potenzial-Katalog" benennt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) die wichtigsten Stellschrauben.

Ältere im Arbeitsmarkt halten

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren setzt starke Anreize, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Seit ihrer Einführung nutzen sie jährlich bis zu 270.000 oft gut ausgebildete Fachkräfte, um den Arbeitsmarkt vorzeitig zu verlassen. Insgesamt haben schon über zwei Millionen Personen diesen Rentenzugang gewählt. Mit Blick auf den Fachkräftemangel in den Betrieben und auf den demografischen Wandel brauchen wir flexible Angebote zur Weiterarbeit statt Anreize zum Aufhören. Laut Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) könnte in Deutschland die Erwerbsbeteiligung Älterer im Jahr 2035 dadurch um 2,4 Millionen höher liegen.

  • Fakt ist: Der Arbeitsmarkt braucht erfahrene, gut qualifizierte Arbeitskräfte.
  • Forderung: Angebote, die den früheren Renteneintritt fördern – wie etwa die "Rente mit 63" – passen nicht in die Zeit, sie verschärfen den Fachkräftemangel zusätzlich.

Mehr Fachkräfte für die Höhere Berufsbildung gewinnen

Allein im IHK-Bereich werden jährlich etwa 60.000 Prüfungen in der Höheren Berufsbildung – etwa zum Industriemeister Metall oder zum Bachelor Professional in Bilanzbuchhaltung – abgenommen. Schon ein einmaliger Zuwachs von nur zehn Prozent (also etwa 6.000 Absolventen) würde zu einer zusätzlichen Wertschöpfung von etwa einer Milliarde Euro führen. 

  • Fakt ist: Abschlüsse der Höheren Berufsbildung schaffen mehr Wertschöpfung.
  • Forderung: Zusätzliche Anreize für Fortbildung schaffen, etwa durch eine permanente Weiterentwicklung des Aufstiegs-BAföG (wie aktuell auch geplant). Höhere Berufsbildung noch bekannter machen.
So stark haben sich Weiterbildungsabsoventen verbessert

© DIHK

Arbeitslose stärker in Weiterbildung bringen

Die Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland ist seit Jahren im Aufwärtstrend: Inzwischen nehmen 60 Prozent der 18- bis 64-Jährigen an Weiterbildung teil und sogar 67 Prozent der Erwerbstätigen. Luft nach oben ist bei der Weiterbildungsbeteiligung Arbeitsloser: Nur 34 Prozent der 18- bis 64-jährigen Personen die arbeitslos gemeldet sind, haben laut Zahlen von 2020 an einer Weiterbildung teilgenommen. Würde es hier gelingen, in den kommenden zehn Jahren den Anteil um 20 Prozent zu steigern, könnten wir ein zusätzliches Potenzial von knapp 200.000 besser qualifizierten Personen erschließen.

  • Fakt ist: Weiterbildung liegt im Trend – bei Arbeitslosen und Geringqualifizierten besteht aber noch Potenzial.
  • Forderung: Arbeitslose verstärkt für Weiterbildung gewinnen und auf diesem Weg perspektivisch viele tausende Beschäftigte gewinnen.
Weiterbildungsbeteiligung bei Erwerbstätigen und bei Arbeitslosen

© DIHK

Arbeitszeit ausweiten

Deutschlands Wochenarbeitszeit liegt unter dem EU-Durchschnitt.  2022 arbeiteten 20- bis 64-jährige Erwerbstätige in Deutschland 35,3 Stunden (EU: 37,5 Stunden). Die 16,4 Millionen Arbeitnehmer in Teilzeit arbeiten durchschnittlich jeweils 768 Stunden pro Jahr. Würden sie 2,5 Stunden pro Woche mehr arbeiten, entspräche dies etwa 1,2 Millionen zusätzlichen Vollzeitstellen oder 2,4 Millionen Teilzeitstellen. Allein bei Eltern ist das Potenzial enorm. Häufig hindern fehlende Betreuungsangebote sie daran, ihre Arbeitszeit auszuweiten.

  • Fakt ist: Teilzeitarbeit kann für Arbeitnehmer attraktiv sein, aber auch der Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials entgegenstehen.
  • Forderung: Anreize für längere Arbeitszeiten stärken. Betreuungsangebote ausbauen, um insbesondere Mütter aus der Teilzeit-Beschäftigung zu holen.

Produktivität erhöhen

Die Steigerung der Arbeitsproduktivität in Deutschland war in den letzten Jahren geringer als früher – und oft geringer als in anderen Ländern. Sie lag zuletzt bei durchschnittlich 0,5 Prozent pro Jahr. Durch Weiterbildung sowie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung bestehen auch hier neue Möglichkeiten. Hätte etwa die Steigerung der Arbeitsproduktivität zuletzt bei 1,5 Prozent gelegen, stünden rechnerisch etwa 450.000 Fachkräfte zusätzlich für neue Aufgaben zur Verfügung.

  • Fakt ist: Die Arbeitsproduktivität – auch durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz – steigt zu langsam.
  • Forderung: Innovationen fördern, Forschung und neue Technologien stärker unterstützen.

Qualifizierte Zuwanderung nutzen

Die Erwerbsmigration aus Drittstaaten ist mit Blick auf hiesige Fachkräfteengpässe ausbaufähig: 73.000 Personen sind 2022 eingereist, die einen Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit erhielten. Eine bessere und schnellere Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in der Praxis ist daher nötig, um kurzfristig die Zahl zumindest auf 100.000 Personen erhöhen zu können.

  • Fakt ist: Fachkräften aus Drittstaaten könnte der Weg in den deutschen Arbeitsmarkt leichter gemacht werden.
  • Forderung: Die Umsetzung gesetzlicher Regelungen zur Zuwanderung muss in der Praxis einfacher, schneller und transparenter erfolgen, damit Arbeitsmigration zur Fachkräftesicherung in den Betrieben beitragen kann.

Beschäftigung von Menschen ohne deutschen Pass steigern

Zuletzt ist der Beschäftigungsaufbau von Menschen ohne deutschen Pass gelungen. So nahm 2023 die Zahl der ausländischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 341.000 zu, während die der deutschen um 77.000 sank. Die Beschäftigungsquote von Menschen ohne deutschen Pass in Deutschland liegt zugleich nach wie vor merklich unter der der Deutschen. Mit Maßnahmen zur Integration, Qualifikation, Spracherwerb, Arbeitsvermittlung sowie Anerkennung von Abschlüssen ließen sich deutliche Potenziale erschließen. Würde es gelingen, die Differenz bei der Beschäftigungsquote der Ausländer (aktuell etwa 54 Prozent) gegenüber der der deutschen Beschäftigten (64 Prozent) zu halbieren, entspräche das etwa 500.000 zusätzlichen Beschäftigten. 

  • Fakt ist: Bereits hier lebende Menschen ohne deutschen Pass können besser in Beschäftigung gebracht werden. 
  • Forderung: Die Bemühungen zur Integration müssen verstärkt werden, um dieses große Potenzial zu heben.
Erwerbsbeteiligung nach Nationalität

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Porträtbild Dr. Stefan Hardege, Referatsleiter Fachkräftesicherung, Arbeitsmarkt, Zuwanderung
Dr. Stefan Hardege Referatsleiter Fachkräftesicherung, Arbeitsmarkt, Zuwanderung

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Ohlig, Dominik_WEB
Dominik Ohlig Pressesprecher – Chef vom Dienst