Der forschende Mittelstand in Deutschland blickt mit Sorge auf die wachsenden Hürden, die die zunehmend strikte Auslegung des sogenannten Besserstellungsverbotes bei der Rekrutierung und Weiterbeschäftigung von Spitzenforscherinnen und -forschern aufbaut.
Mittelstand besorgt über Besserstellungsverbot
Dercks: Es droht die Abwanderung der besten KöpfeDas "Besserstellungsverbot" aus dem Haushaltsgesetz besagt, dass überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierte Organisationen ihre Mitarbeitenden nicht besser bezahlen dürfen als vergleichbare Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst. Ausnahmen müssen die Projektträger vom Bundesfinanzministerium gesondert genehmigen lassen.
Dem stellvertretenden DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks bereitet die Entwicklung Unbehagen: "Mit der Deckelung von Forschergehältern auf das Niveau des öffentlichen Dienstes drohen geförderten Einrichtungen erhebliche Wettbewerbsnachteile", warnt er. Dies gelte "für die privatwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen selbst, für die mit ihnen verbundenen Betriebe aus dem Mittelstand und damit auch für den Forschungsstandort Deutschland insgesamt".Eine national und international konkurrenzfähige Bezahlung in diesen Instituten sei für die forschungsintensiven mittelständischen Unternehmen von zentraler Bedeutung, so Dercks. Er verweist auf den DIHK-Innovationsreport, dem zufolge jedes fünfte Unternehmen Schwierigkeiten hat, geeignete Kooperationspartner in der Wissenschaft zu finden. "Umso wichtiger ist es, die vielerorts enge Kooperation zwischen privatwirtschaftlich organisierten Forschungseinrichtungen und Mittelständlern zu erhalten."
Partnerschaften akut gefährdet
In vielen Regionen sei "aktuell allerdings die Sorge groß, dass diese Partnerschaften akut gefährdet sind", berichtet der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer. Der Auslöser: Das Bundeswirtschaftsministerium lege das Besserstellungsverbot derzeit "so eng aus, dass es nicht mehr nur für die Projektbeschäftigten gelten soll, sondern für alle Mitarbeitenden – insbesondere auch für Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher", kritisiert er. "Damit aber werden die privatwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen im Wettbewerb um die besten Köpfe deutlich geschwächt. Wenn der Forschungselite künftig keine marktgerechten Gehälter bezahlt werden können, droht die Abwanderung der besten Köpfe."
Klarstellung im Haushaltsgesetz der einfachste Weg
Der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer erinnert daran, dass es die neuen Ideen und Produkte der vielen Weltmarktführer aus dem Mittelstand ("Hidden Champions") sind, die Deutschlands Wirtschaft stark machen. "Damit das so bleibt, brauchen die Unternehmen auch künftig Forschung und Entwicklung, was ohne Forscherinnen und Forscher undenkbar ist."
Diese Aufgabe könnten die staatlichen Forschungseinrichtungen nicht allein bewältigen, gibt Dercks zu bedenken. "Daher wäre es wichtig, auch die privatwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen zu stärken. Im Falle des Besserstellungsverbots wäre der einfachste Weg eine Klarstellung im Bundeshaushaltsgesetz. Dabei könnte man entweder die industrienahen Forschungseinrichtungen von dem Verbot ausnehmen oder klarstellen, dass es nur für die Mitarbeiter in den geförderten Projekten anwendbar ist."