Von den Arbeitsmarkt- und Insolvenzzahlen bis hin zum (Negativ-) Wachstum: Die schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft reißen nicht ab. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat jetzt die dringendsten Ansatzpunkte für einen Kurswechsel definiert: Tempo, Energie, Bürokratie, Steuern und Fachkräfte.
"Die deutsche Wirtschaft steckt in einer tiefen strukturellen Krise", fasst DIHK-Präsident Peter Adrian die Lage zusammen. "Der Standort Deutschland ist angeschlagen und nur noch bedingt wettbewerbsfähig. Wenn nicht jetzt, wann dann wollen wir das Ruder herumreißen?"
Mit der Bundestagswahl und den folgenden Regierungssondierungen gebe es ein Zeitfenster für einen Neustart in der Wirtschaftspolitik. "Wer auch immer die nächste Regierung bildet, darf diese Chance nicht verpassen", so sein dringender Appell.
"In Zeiten vielfacher Herausforderungen in Deutschland, Europa und der Welt kann jetzt nur eine sattelfeste und handlungsfähige Regierung die erforderlichen Entscheidungen treffen", bekräftigt auch DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov.
"Die Stabilisierung unserer Wirtschaft und wirksame Wachstumsimpulse gehören ganz oben auf die Agenda. Denn nur mit Wachstum können wir dauerhaft entsprechende Staatsausgaben finanzieren."
Das gelte für die innere und äußere Sicherheit ebenso wie für die Sozialsysteme sowie einen ambitionierten Klimaschutz. Alle Ebenen der politischen Verantwortung seien gefragt, so Melnikov. "Wir können uns deshalb keine lange Hängepartie erlauben. Eine neue Regierung muss beherzt agieren." Nötig seien "zielgerichtete Maßnahmen, mit denen vor allem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert werden", mahnt die DIHK-Hauptgeschäftsführerin. "Wir als Wirtschaft arbeiten gerne an diesen Lösungen mit. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch." (Siehe auch Video.)
Jetzt gilt "Wirtschaft first"
In diesem Zusammeng erinnert der Präsident Adrian an die 10-Punkte-Resolution, in der die DIHK bereits im Herbst 2023 die Herausforderungen beschrieben und Lösungsvorschläge gemacht hatte, und mahnt, die Wirtschaftspolitik wieder ganz oben auf ihre Agenda zu setzen: "Wirtschaft first."
Und in der jüngsten DIHK-Konjunkturumfrage hätten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als größtes Geschäftsrisiko abgeschnitten. Das sei "ein Negativ-Rekord und Alarmsignal für die Politik". Adrian: "Beim Wachstum sind wir Schlusslicht in Europa. Nach zwei Jahren Rezession rechnet die DIHK mit einem weiteren Krisenjahr und einem Minus von 0,5 Prozent. Das wäre einzigartig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland."
Vertrauen der Unternehmen auf einem Tiefpunkt
Die Ursachen beschreibt der DIHK-Präsident so: "Hohe Energiekosten, erdrückende Bürokratie, massive Steuerlasten, schleppende Genehmigungsverfahren und der zunehmende Fachkräftemangel belasten unsere Unternehmen tagtäglich. Zu viele staatliche Eingriffe machen den Betrieben das Leben schwer. Ihr Vertrauen in den Standort ist auf einem Tiefpunkt."
Die Wirtschaft brauche schnellstmöglich einen neu ausgerichteten wirtschaftspolitischen Kurs, der in Richtung Investitionen und Wachstum weise, so Adrian. Die wichtigsten Ansätze hat die DIHK in fünf "Power-Punkten" für Wachstum zusammengefasst.
Die neue Bundesregierung müsse schnell handeln und als größte europäische Volkswirtschaft auch auf EU-Ebene vorangehen: "Die globalen Spielregeln verändern sich gerade massiv", warnt Adrian. "Deutschland muss sich neu aufstellen, um im Spiel zu bleiben. Wenn jetzt nach der Wahl schnell die richtigen Entscheidungen fallen, bin ich zuversichtlich, dass uns diese Kraftanstrengung gemeinsam gelingen kann."
Kontakt
Dr. Rainer KambeckBereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand
Angesichts der historischen Herausforderungen muss die neue Bundesregierung schnell klare Prioritäten setzen – und handeln. Die Unternehmen brauchen eine entschlossene Politik, die endlich für verlässliche Rahmenbedingungen sorgt. Hier beschreiben wir die fünf zentralen Ansatzpunkte mit Beispielen und Lösungsvorschlägen.