Der 30-Jährige ist die erste Person in Deutschland, die im Bereich der IHK-Berufe die "Feststellung und Bescheinigung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit am Maßstab eines anerkannten Ausbildungsberufs" erfolgreich absolviert hat. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit mit dem zu Jahresanfang in Kraft getretenen Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz neu geschaffen.
Das Gesetz eröffnet Menschen wie Muhammad Mubeen Zafar die Chance, auch ohne formalen Abschluss ihr in der Praxis erworbenes Wissen verwertbar zu machen. Voraussetzungen sind unter anderem, dass der Antragsteller nicht jünger ist als 25 Jahre und mindestens eineinhalb Mal so lange in dem Beruf gearbeitet hat, wie eine entsprechende Berufsausbildung dauern würde. Im vorliegenden Fall lag die Untergrenze bezogen auf die dreijährige Ausbildung zum Koch bei 4,5 Jahren.
Die Ermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit ("Validierung") soll die im Inland vorhandenen Fachkräftepotenziale sichtbar machen und den Unternehmen helfen, Personalengpässen entgegenzuwirken.
Auf dokumentiert folgt motiviert
"Ich komme aus Pakistan und habe lange in der Küche gearbeitet", berichtet Muhammad Mubeen Zafar. "Das Feststellungsverfahren ist für mich genau das Richtige. Damit kann ich nun meine Kompetenz als Koch mit einem Zeugnis belegen. Darauf bin ich sehr stolz. Besonders danke ich meinem Arbeitgeber, dem Heidelberger Schloss Restaurant, das mich sehr unterstützt hat. Ohne diesen Arbeitsplatz und die tollen Chefs sowie Kollegen wäre ich heute nicht so weit."
Sein Arbeitgeber Martin Scharff, Geschäftsführer der Heidelberger Schloss Restaurants & Events GmbH & Co. KG, ergänzt: "Ich bin begeistert vom Feststellungsverfahren und den damit verbundenen Möglichkeiten für Mitarbeiter und Unternehmen. Wir konnten Herrn Zafar die Chance eröffnen, seinen beruflichen Werdegang und seine Erfahrung in einem Zeugnis zu dokumentieren. Das Ergebnis ist unglaublich motivierend – für unseren Mitarbeiter und für uns. Wir werden weiter alle Mitarbeiter unterstützen, die den Willen haben, auf diesem Weg einen Abschluss zu erzielen."
Kandidaten lösen nach verbindlicher Beratung typische Aufgaben
Die Feststellung erfolgt laut Gesetz durch die jeweiligen Mitglieder der IHK-Prüfungsgremien, die je nach Beruf sogenannte "Feststellungstandems" bilden. In diesem Fall waren das Marc Kunkel und Isabelle Schwarzer. Sie stellten dem gebürtigen Pakistani typische praktische Aufgaben, wie sie auch Auszubildende in der Prüfung bewältigen müssen.
Muhammad Mubeen Zafar löste sie souverän und erhält nun ein IHK-Zeugnis, weil seine Kompetenzen und Fertigkeiten "vollständig" denen eines ausgebildeten Kochs entsprechen. Falls das bei Antragstellern nicht feststellbar ist, sieht das Gesetz bei "überwiegender" beruflicher Handlungsfähigkeit einen entsprechenden Bescheid vor. Ist auch das nicht gegeben, geht der Antragsteller leer aus. In der Praxis dürfte das jedoch selten der Fall sein, da der Anmeldung zum Feststellungsverfahren eine verbindliche Beratung vorausgeht, bei der die IHK prüft, ob die berufliche Laufbahn erwarten lässt, dass der Arbeitnehmer zumindest Chance auf einen Bescheid mit der Bestätigung der "überwiegenden beruflichen Handlungsfähigkeit" hat.
Der ehrenamtliche Prüfer Marc Kunkel, Geschäftsführer der Food Workers GmbH, kommentiert: "Ich hoffe sehr, dass die Gastronomie-Branche vom neuen Verfahren zahlreich Gebrauch machen wird und damit viele Fachkräfte gewinnt. Das Feststellungsverfahren ist ein weiterer sinnvoller Baustein für Ausbildung und Qualifizierung in Deutschland. Davon profitieren jene Menschen, die bereits seit Jahren für uns hervorragende Arbeit leisten und deren Kenntnisse nun endlich anerkannt werden können. Aus diesen Gründen habe ich bereits das Projekt 'ValiKom Transfer' als Prüfer sowie als Unternehmer unterstützt."
Erprobtes und bewährtes Verfahren
In diesem Projekt hatte das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Verfahren vor der Verabschiedung des neuen Gesetzes getestet. Auch die IHK Rhein-Neckar war als Pilotkammer an "ValiKom Transfer" beteiligt und führte rund 200 Validierungsverfahren durch. "In 180 Fällen wurde eine Gleichwertigkeit festgestellt. Sowohl die Antragsteller als auch deren Arbeitgeber haben davon profitiert", berichtet Harald Töltl, Geschäftsführer "Berufsausbildung" der IHK. Jetzt werde daran gearbeitet, die neuen gesetzlichen Möglichkeiten den Unternehmen bekannt zu machen.