Ein Beispiel dafür ist das Mainz-Kostheimer Werk der Essity GmbH. Der Hygienepapierhersteller hat seine Produktion vor Ort innerhalb kürzester Zeit auf Wasserstoffbasis umgestellt und spart nun 37.000 Tonnen CO₂ im Jahr.
Wachsende Bürokratie, lange Planungsverfahren oder fehlende Digitalisierung bremsen die deutsche Wirtschaft jeden Tag aufs Neue. Die DIHK benennt in einer neuen Social-Media-Kampagne die aktuellen Probleme – und zeigt Lösungsvorschläge auf. Die Motive werden über LinkedIn und Instagram ausgespielt und teils auch als Postkarte gedruckt. Sie beruhen auf dem Grundsatzbeschluss "#GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!", in dem die IHK-Organisation bei ihrer Vollversammlung Ende 2023 zehn konkrete Forderungen für eine neue Wirtschafts- und Standortpolitik formuliert hatte. Zu den Themen, die in der Kampagne aufgegriffen werden, zählen beispielsweise das schleppende Tempo bei Infrastrukturvorhaben, die ausufernde Bürokratie, die schlechte Planbarkeit von (Energie-)Kosten oder auch die Hürden bei der Zuwanderung internationaler Fachkräfte.
Die mehr als 3 Millionen Betriebe in Deutschland treiben Innovation und Fortschritt. Oft aber wird unternehmerisches Engagement durch komplexe Regeln, sich widersprechende Vorschriften und Detailsteuerung ausgebremst. Dabei möchte und kann die Wirtschaft Probleme oft selbst lösen – und geht beim Klimaschutz auch ohne politische Vorgaben bereits heute eigenverantwortlich erfolgreiche Wege. Ein wichtiges Zeichen: Gerade angesichts multipler Krisen muss die Politik mehr auf das Engagement und die Kreativität im Land setzen.
Ein Beispiel dafür ist das Mainz-Kostheimer Werk der Essity GmbH. Der Hygienepapierhersteller hat seine Produktion vor Ort innerhalb kürzester Zeit auf Wasserstoffbasis umgestellt und spart nun 37.000 Tonnen CO₂ im Jahr.
In einem Grundsatzbeschluss mit der Überschrift "#GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!" hat die IHK-Organisation bei ihrer Vollversammlung am 16. November 2023 die Problemlage beschrieben und zehn Punkte formuliert, die eine Zeitenwende der deutschen Wirtschafts- und Standortpolitik einläuten sollen.
Hier der Resolutionstext im Wortlaut:
Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in eine Schieflage. Einige Branchen haben sogar mit krisenhaften Entwicklungen zu kämpfen. Dabei werden strukturelle Herausforderungen aktuell durch schlechte konjunkturelle Vorgaben verstärkt. Der Standort Deutschland verliert an Attraktivität. Ausbleibende Investitionen und negative Konjunkturerwartungen unterstreichen dies.
Nur mit einem kräftigen Aufbruchssignal kann die Politik bei den Unternehmen wieder Vertrauen zurückgewinnen, das sie in den vergangenen Jahren verloren hat: Zu viele Ankündigungen, zu wenige gute Taten. Entgegen den Entlastungsversprechen sieht sich die Wirtschaft mit mehr Berichtspflichten und Vorgaben konfrontiert. Und weitere Belastungen sind noch auf der Agenda.
Der Frust, immer öfter auch die Verzweiflung, bei vielen Betrieben wachsen – und die Verlagerung von industrieller Produktion ins Ausland nimmt zu. Zudem bringen eine unsichere Energieversorgung, hohe Energie- und Rohstoffkosten sowie tiefgreifende Veränderungen durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und durch die demografische Entwicklung ohnehin große unternehmerische Herausforderungen mit sich. Aktuell erhöhen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik und seine Folgen die Verunsicherung. Das aber verstärkt den Druck in Richtung Reformen.
Die Unternehmen werden in der Breite nur dann wieder mehr Vertrauen in die Politik gewinnen, wenn positive Veränderungen in ihrer Praxis ankommen – schnell und konkret. Dabei geht es zunächst um mehr Vertrauen in die Eigeninitiative. Vor allem sollten sich die politisch Handelnden von der Vorstellung befreien, alles bis ins Kleinste regeln zu wollen. Die Königsdisziplin guter Politik sind einfache, nachvollziehbare Regeln mit guter Wirkung in der Praxis – vor allem in der betrieblichen Realität. Mit Detailsteuerung und sich widersprechenden Vorschriften überfordert der Staat nicht nur die Wirtschaft. Er überfordert nicht zuletzt sich selbst. Es werden Regeln, Pflichten, Vorgaben geschaffen, die am Ende ja auch kontrolliert werden müssen. Und es werden in der Sache Versprechungen gemacht, die in der Praxis oft nicht zu halten sind. Nicht mehr komplizierte Regeln, sondern mehr gute, wachstumsorientierte Politik wünschen sich die Betriebe!
Politik soll Leitplanken und Spielräume definieren, sie soll gute Rahmenbedingungen setzen. Und dann sollte sie das Vertrauen haben, dass die Unternehmen diesen Rahmen ausfüllen. Ein solches Zeichen der Anerkennung wäre wichtig. Gerade angesichts der multiplen Krisen muss die Politik mehr auf das Engagement und die Kreativität im Land setzen – und diese auch ermöglichen. Die Botschaft der Politik muss sein: Wir brauchen euch, wir wollen euch machen lassen, wir setzen auf eure Eigenverantwortung – in den Unternehmen, in der Gesellschaft. Dann können wir Deutschland wirtschaftlich erfolgreich in die Zukunft führen. Dann kann gegenseitiges Vertrauen wieder entstehen. Dann können wir #GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt.
Wenn sich jeder auf seine Kernaufgaben konzentriert und die Stärken des anderen schätzt, dann kann ein Projekt erfolgreich sein – das gilt im Unternehmen, das gilt aber auch für unser Land insgesamt. Wir wollen uns als Wirtschaft einbringen in das Lösen von Problemen. Dazu muss Politik aber auch frühzeitig diese Perspektive der betrieblichen Praxis im Dialog berücksichtigen. Wir brauchen für ein erfolgreiches Deutschland ein neues Wir-Gefühl, geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Wertschätzung und Dialog.
So schwierig die aktuelle Lage auch ist, sie bietet ein Momentum, jetzt die Zeitenwende in der Wirtschafts- und Standortpolitik einzuläuten. Wir brauchen mutige Weichstellungen jenseits von Populismus und Kleinmut. Weichenstellungen, die kurzfristig Entlastungen ermöglichen, die in der Praxis direkt ankommen und langfristige Maßnahmen, die den Standort Deutschland attraktiver gestalten.
Mit den folgenden zehn Punkten zeigt die DIHK auf, wo wir ansetzen müssen – in Gesamtverantwortung für unser Land, das vor allem von Engagement, Verantwortung und Weltoffenheit unserer Gesellschaft lebt:
Schier endlose Planungs- und Genehmigungsverfahren bremsen die schnelle Transformation der Industrie ebenso aus wie den flächendeckenden Breitbandausbau, eine attraktive Stadtentwicklung oder eine nachhaltige Verkehrswende. Dringend erforderlich ist ein umfassender Befreiungsschlag von unnötiger Bürokratie.
Um die Energiepreiskrise mittel- bis langfristig lösen zu können, muss das Angebot an – vor allem erneuerbarer – Energie deutlich ausgebaut werden. Die DIHK schlägt unter anderem eine StromPartnerschaft vor und fordert mehr Energieoptionen am Standort Deutschland – auch jenseits von Wind und Sonne.
Erleichterungen der Fachkräfteeinwanderung sind angesichts der zunehmenden Personalknappheit enorm wichtig. Entsprechende Regelungen müssen jedoch in der Praxis handhabbar sein, Verwaltungsprozesse deutlich schneller werden. Ein Teil der Lösung ist die verstärkte Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen Staat und Wirtschaft.
Um die Innovationskraft der Unternehmen im erforderlichen Maß zu stärken, bedarf es einer echten Unternehmensteuerreform. Zu den Ansatzpunkten zählen unter anderem die Gewerbesteuer, die investitionsfeindliche Besteuerung von Kosten, der "Mittelstandsbauch" im Einkommensteuertarif oder der Solidaritätszuschlag.
Die duale Ausbildung muss die gesellschaftliche Anerkennung erhalten, die sie verdient. Das erfordert eine verpflichtende und ausgewogene Berufsorientierung als schulische Kernaufgabe ebenso wie gute Berufsschulen. Gemeinsam sollten sich Politik und Wirtschaft dafür einsetzen, möglichst viele Potenziale für Ausbildung zu nutzen.
Forschung und Innovation in Deutschland werden durch komplizierte und bürokratische Regeln unnötig ausgebremst – das verhindert viele Transformationsvorhaben. Die Unternehmen brauchen einfachere Verfahren, technologieoffene Förderprogramme, mehr Digitalisierung – und auch einen guten Rechtsrahmen für künstliche Intelligenz.
Zunehmender Protektionismus, gestiegene geopolitische Risiken und eine nachlassende Wettbewerbsfähigkeit erfordern eine kluge EU-Handelspolitik und eine ambitionierte EU-Wettbewerbsagenda. Auch mit Blick auf die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft sind internationale Kooperationen unerlässlich – mit einem Klimaclub und praxisnahen Regeln.
Zirkuläres Wirtschaften und ressourcenschonende Technologien werden in der Transformation immer wichtiger. Um Rohstoffabhängigkeiten zu verringern, gilt es unter anderem, eigene Lager stärker zu erschließen. Die Chancen, die das Recycling hierzulande bietet, sollten nicht durch Normen etwa zu Produkteigenschaften und Recyclingfähigkeit geschmälert werden.
Weil die wirtschaftsrelevanten Gesetze mittlerweile maßgeblich in Brüssel entstehen, muss sich die Bunderegierung auf EU-Ebene für wirtschaftlich vernünftige Regeln und Bürokratieabbau einsetzen. Gleichzeitig ist sie verantwortlich für eine schlanke und praxisorientierte Implementierung der EU-Regulierungen in Deutschland.
Die erheblichen Infrastrukturdefizite in Deutschland belasten den betrieblichen Alltag massiv. Es bedarf der Sanierung ebenso wie des Ausbaus etwa bei der Lade- oder der Wasserstoffinfrastruktur, bei Straße, Schiene oder Wasserwegen, aber auch bei Glasfaser- und Mobilfunknetzen.
GemeinsamBesseresSchaffen – jetzt!